„Weniger Staat, mehr Marktwirtschaft“: AfD-Kandidat Otten zu den drängendsten Fragen vor der Wahl
Sechs Fragen, sechs Antworten: Die Kandidaten für die Bundestagswahl im Landkreis München beziehen zu den wichtigsten politischen Themen Stellung. Heute: Gerold Otten (AfD).
Am 23. Februar wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Der Wahlkampf um ein Mandat in Berlin läuft auf Hochtouren. Die Kandidaten im Landkreis München, die sich direkt oder über die Landesliste ihrer Partei bewerben, stellt der Münchner Merkur in den kommenden Tagen vor. Jeder Kandidat beantwortet die sechs drängendsten Fragen, die sich derzeit stellen. Heute: Gerold Otten (69), Kandidat der AfD.
Wie können die deutsche Wirtschaft und der Arbeitsmarkt wieder gestärkt werden, ist dafür ein Aussetzen der Schuldenbremse nötig?
Ein Aussetzen der Schuldenbremse ist nicht nötig. Ich bin der Überzeugung, dass die nötigen Investitionen innerhalb des existierenden Steueraufkommens (942 Milliarden Euro erwartet in 2024) finanziert werden können. Es ist besser, Unternehmen und Bürger steuerlich zu entlasten, statt Steuereinnahmen staatlich gelenkt umzuverteilen. Eine Nachfragebelebung durch staatliche Investitionen und Subventionen, die auf Schulden basiert, ist nie nachhaltig. Eine nachhaltige Belebung der deutschen Wirtschaft kann nur aus ihr selbst heraus erfolgen, wenn die Politik ihr Raum zur Entfaltung gibt und sie richtige Rahmenbedingungen setzt. Daher weniger Staatsintervention und mehr (soziale) Marktwirtschaft.
Vor knapp drei Jahren hat Russland die Ukraine überfallen. Wie kann Deutschland effektiver unterstützen – soll es das überhaupt? Wie stellen Sie sich einen Weg zum Frieden vor?
Deutschland könnte effektiv bei der Anbahnung von Waffenstillstandsverhandlungen helfen, indem es die von US-Präsident Trump in Aussicht gestellte Initiative begleitend unterstützt. Das heißt, einen Interessenausgleich zwischen den Kriegsparteien anzustreben, auch unter Anwendung von diplomatischem Druck auf Moskau und Kiew, der auf Basis einer Analyse des Konflikts die Interessen aller Akteure in den Blick nimmt. Denn die Vorstellung, die Ukraine könne Russland militärisch besiegen, ist ebenso absurd wie die Hoffnung auf die strategische Wirkung von Taurus als vermeintlichen „Gamechanger“. Für diese Illusionen eine Eskalation des Krieges in Kauf zu nehmen, wäre eine fatale Fehlkalkulation.
Wie kann Deutschland mehr in seine Sicherheit, in die Bundeswehr investieren, ohne den Sozialetat zu kürzen? Woher sollen die Milliarden kommen?
Im Grundgesetz heißt es, der Staat stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Diesem Gebot kommen alle Bundesregierungen seit mehr als zwei Dekaden nicht mehr nach, auch weil der Wehretat zugunsten des Sozial㈠etats und der „Klimarettung“ ausgeschlachtet wurde. Es ist daher fadenscheinig nun zu fordern, der Wehretat dürfe nicht auf Kosten des Sozialetats vergrößert werden. Das ist auch nicht der Ansatz der AfD. Wir beabsichtigen, in beiden Etats nötige Veränderungen durchzuführen, die den jeweiligen Notwendigkeiten entsprechen. Denn ganz abgesehen von der materiellen Vollausstattung, übrigens eine Kernforderung der AfD, bedarf es auch einer Wiederherstellung der personellen und ideellen Einsatzbereitschaft. Daher fordern wir auch die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. Die Bereitschaft zur Verteidigung seiner Nation muss wieder zu einer bürgerlichen Selbstverständlichkeit werden.
Wie würden Sie versuchen, Migration zu steuern, im Spannungsfeld zwischen dem Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften, humanitären Verpflichtungen und illegaler Zuwanderung?
Die AfD wird der Vermischung von Asyl und Migration sowie der Falschauslegung der Genfer Flüchtlingskonvention im Asylgesetz (Recht auf Asyl statt Recht im Asyl) ein Ende bereiten. Zugleich stehen wir uneingeschränkt zum Asylrecht für Verfolgte gemäß Artikel 16 a des Grundgesetzes. Abgelehnte Asylbewerber müssen aber umgehend das Land verlassen. Einwanderungswillige, welche die rechtlich vorgegebenen Möglichkeiten nutzen, um nach Deutschland zu kommen, sind willkommen. Die Anzahl derjenigen, die nach Deutschland einreisen dürfen, muss sich aber ausschließlich nach von Deutschland definierten Anforderungen richten, wie Qualifikation, Sprachkenntnisse oder Bedarf des Arbeitsmarktes. An erster Stelle steht aber die Hebung des einheimischen Arbeitskräftepotentials durch eine Reform der Bildungspolitik (Rückkehr zum Leistungsprinzip) und eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik.
Meine News
Mit welcher Politik wollen Sie mehr Klimaschutz erreichen?
Der Schutz der Schöpfung ist eine Verpflichtung von Staat, Wirtschaft und Individuum. Jeder dieser drei Sektoren kann dazu wirksame Schritte gehen. Das Klima verändert sich auf natürliche Weise seit ewigen Zeiten. Der Begriff „Klimaschutz“ ist allerdings irreführend, denn das „Klima“ selbst kann nicht „geschützt“ werden. Eine zentralistische Umformung von Staaten und Gesellschaften mit der totalen Ausrichtung auf Klimaschutz ist eine Dystopie. Dagegen ist es aber nötig, moderne Gesellschaften an Herausforderungen anzupassen, die mit dem natürlichen Klimawandel und der resultierenden Erderwärmung einhergehen.
Boomer gegen
Generation Z – ein aufgebauschter Konflikt, oder muss sich die Politik mehr um Generationengerechtigkeit kümmern?
Generationengerechtigkeit ist ein linker Kampfbegriff, der Neid und Missgunst zwischen den Generationen säen will, um daraus politisches Kapital schlagen zu können. Dabei wird vom eigentlichen Problem abgelenkt: der Pflicht zur Wertschätzung und Dankbarkeit der jüngeren Generation gegenüber dem Lebenswerk der älteren Generationen. Es ist aber durchaus notwendig, die Folgen des demografischen Wandels der Gesellschaft auf die Generationen sozialverträglich umzulegen. Hier ist auch eine Reform des umlagefinanzierten Rentensystems unerlässlich, um die Lasten einer überalternden Gesellschaft nicht allein der arbeitstätigen Bevölkerung aufzubürden.
Zur Person
Privates: 69 Jahre alt, geboren in Lübberstedt (Niedersachsen), wohnhaft in Putzbrunn, verheiratet, ein Kind.
Beruf: 22 Jahre Berufsoffizier (Luftwaffe, BO41); über 2000 Flugstunden auf Kampfflugzeugen (Phantom/Tornado); Oberst d.R.; 20 Jahre Luft- und Raumfahrtindustrie (Airbus Defence & Space).
Politik: Mitglied des Bundestags seit Oktober 2017; Mitglied im Verteidigungsausschuss, stv. Mitglied im Auswärtigen Ausschuss; Sprecher und Obmann im Unterausschuss für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung; Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der NATO; Mitglied der Interparlamentarischen Konferenz für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP).
⇥(Quelle: eigene Angaben)