Eklat-Diplomatie nach Trump-Art: Merz erwartet schwieriger Spagat im Oval Office

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Trump konfrontiert Ramaphosa mit schweren Vorwürfen. Doch der bleibt ruhig und sachlich. Kann Bundeskanzler Merz von dieser Strategie lernen?

Washington, DC – Donald Trump war in Fahrt. Eins ums andere Mal nahm er seinen Gast in die Mangel und sprach von einem vermeintlichen „Völkermord“ an Weißen. Etwa 30 Jahre nach dem Ende der Apartheid forderte Trump vom südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa Erklärungen zum Schicksal der weißen Farmer in Südafrika. Der US-Präsident behauptete, die Menschen würden in ihrer Heimat „hingerichtet“ und ihr Land werde beschlagnahmt.

Trump ließ das Licht dimmen und präsentierte einen Film, der unter anderem weiße Kreuze zeigte, die laut Trump die Gräber von weißen Südafrikanern markierten. Er legte Ramaphosa auch Zeitungsartikel vor, die nach seinen Worten von „Tod, Tod, Tod“ handelten. „Menschen fliehen aus Südafrika um ihrer eigenen Sicherheit willen“, erklärte Trump. „Deren Land wird beschlagnahmt, und in vielen Fällen werden sie getötet.“

Trump provoziert Eklat im Weißen Haus – doch Ramaphosa vermeidet Selenskyj-Falle

Der Vorfall erinnerte an den Empfang von Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus Ende Februar. Damals eskalierte das Treffen, als Trump und sein Vizepräsident JD Vance dem ukrainischen Präsidenten mangelnden Respekt und fehlende Dankbarkeit vorwarfen, was schließlich zum Rauswurf Selenskyjs führte.

Ramaphosa jedoch vermied die Fehler Selenskyjs. „Lassen Sie mich das richtig stellen“, unterbrach er Trump immer wieder ruhig und sachlich. Er bewahrte seine Fassung und schlug vor, „in aller Ruhe darüber zu reden“. Südafrika habe von Nelson Mandela gelernt, „dass sich Menschen immer dann, wenn es Probleme gibt, an einen Tisch setzen und darüber sprechen müssen“, betonte er.

Vorwurf des Genozids an Weißen in Südafrika

Donald Trumps Anschuldigungen stützen sich auf einen Verschwörungsmythos, der in rechtsextremen Kreisen der USA weit verbreitet ist: den sogenannten „weiße Genozid“. In Südafrika herrscht tatsächlich eine erschreckend hohe Gewaltkriminalität. Eine Datenerhebung aus dem Jahr 2023 zeigt, dass die Mordrate bei 45 pro 100.000 Einwohner liegt. Hinweise darauf, dass diese Morde rassistisch motiviert sind, fehlen jedoch. Ramaphosa gestand während seines Treffens mit Trump die hohe Kriminalitätsrate ein, betonte jedoch, dass die Mehrheit der Opfer Schwarze seien.

Trump will Ramaphosa im Weißen Haus in die Enge treiben – südafrikanischer Präsident reagiert gelassen

Ramaphosa war gut vorbereitet. Er bedankte sich bei Trump für die Lieferung von Beatmungsgeräten während der Corona-Pandemie, überreichte ihm ein schweres Buch mit Bildern südafrikanischer Golfplätze und brachte die Golfprofis Ernie Els und Retief Goosen mit ins Weiße Haus. Auch der Milliardär Johann Rupert, ebenfalls ein Weißer, war dabei. Ramaphosa argumentierte, dass, wenn es einen Völkermord gäbe, „wären diese drei Herren sicher nicht hier“.

Ernie Els unterstützte Ramaphosa entscheidend. Als der Golfprofi sprach, entspannte sich Trumps Miene. Els freute sich über das Treffen mit Trump und baute Ramaphosa eine Brücke. Südafrika benötige die Unterstützung der US-Politik, um die Wirtschaft zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen und die Kriminalität zu bekämpfen, die sowohl Weiße als auch noch mehr Schwarze das Leben koste. Trump, der selbst viel Zeit auf Golfplätzen verbringt, war beeindruckt: „Nun, das haben Sie wirklich gut gemacht.“

Die südafrikanische Delegation hatte sich offensichtlich gründlich auf das Treffen vorbereitet. Es ist möglich, dass Ramaphosa und seine Begleiter das Szenario im Vorfeld geprobt hatten. Nach dem Eklat beim Selenskyj-Besuch war den Gästen des Weißen Hauses klar, was sie im Oval Office erwarten könnte.

Diplomatie nach Trump-Art: Merz erwartet Spagat im Oval Office

Für Ramaphosa und seine Delegation funktionierte die Strategie. Ob dies auch den zukünftigen Gästen Trumps gelingen wird, bleibt abzuwarten. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wird bald zu einem Antrittsbesuch in die USA reisen. Bisher gab es nur telefonischen Kontakt zwischen Merz und Trump.

Merz glaubt, den ersten Trump-Test bestanden zu haben. Nach seinem ersten Telefonat mit Trump am 8. Mai erklärte er, es bestehe Einigkeit, „die Handelsstreitigkeiten rasch beilegen zu wollen“ und einen dauerhaften Frieden in der Ukraine anzustreben. Ob Trump diese Einschätzung teilt, ist unklar, da das Weiße Haus sich nicht dazu äußerte.

Friedrich Merz
Friedrich Merz will beim noch nicht terminierten Besuch im Weißen Haus selbstbewusst auftreten. © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Merz besteht wohl seinen ersten Trump-Test: Kanzler sieht Weg mit US-Präsident geebnet

Jackson Janes vom German Marshall Fund zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP optimistisch, dass Merz die Möglichkeit habe, „das wichtige Verhältnis neu auszuformen und zu definieren“. Der Kanzler habe „eine ganze Menge Business-Erfahrung“, unter anderem durch seine frühere Tätigkeit bei der US-Investmentgesellschaft Blackrock. Zudem könne er auf gemeinsame politische Ziele mit Trump verweisen, etwa bei der Grenzkontrolle und der Einwanderung.

In Deutschland wird Merz oft mangelnde Regierungserfahrung vorgeworfen. Janes sieht darin jedoch einen Vorteil, da Merz „unbelastet durch eine politische Vergangenheit“ sei. Dies könnte Trump gefallen, der sich selbst als nicht Teil des politischen „Sumpfes in Washington“ betrachtet.

Wird Friedrich Merz seinen ersten Besuch bei Donald Trump vorher proben?

Wie Merz sei Trump „kein großer Fan von Angela Merkel“, so Janes weiter. Daher sei es glaubwürdig, wenn Merz sage, er komme „mit einem neuen Besen“, um die transatlantischen Beziehungen zu verbessern – soweit dies in einer deutschen Koalitionsregierung möglich sei.

Rachel Tausendfreund von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sieht jedoch Unsicherheiten bei Merz: „Ich bin nicht so sicher, ob Merz willens ist, Trump zu schmeicheln und seine Spielchen zu spielen“, sagte sie der AFP.

Letztlich wird erst das erste Treffen im Weißen Haus zeigen, wie Trump mit Merz umgehen wird. Der Auftritt der südafrikanischen Delegation um Cyril Ramaphosa könnte als Beispiel dienen, damit Merz im Oval Office nicht in die Selenskyj-Falle tappt (cs mit Agenturen)

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