„Das ist eine echte Invasion“: Plage macht sich in Italien breit – Einheimische immer verzweifelter

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Plage in Italien: Landwirte schlagen wegen des Heiligen Ibis Alarm. Die invasiven Vögel schaden der Ernte, behaupten einige (Montage). © Screenshot Facebook/ Carlo Nardi/imago

Nach der Biberratte haben Landwirte in Italien ein neues Problem. Das milde Klima lockt Vögel an. Sie lassen sich auf den Feldern nieder.

München – Von den Ägyptern wurde er als Inkarnation des Gottes Thot verehrt: der Heilige Ibis. Die Vogelart mit ihrem krummen schwarzen Schnabel und weißen Flügeln ist eigentlich in Afrika zu Hause. Die Tiere fühlen sich zunehmend in Europa – insbesondere im Urlaubsland Italien – wohl. Seit einiger Zeit werden die Felder von den Ibissen angegriffen, wettern Landwirte. Zehntausende sollen vor allem in der fruchtbaren Po-Ebene ihr Unwesen treiben, berichten italienische Medien.

Italien-Bauern toben wegen neuer Plage: „Es ist eine Schande, denn mit ihrem Schnabel fressen sie alles“

„Das ist eine echte Invasion“, empört sich Vanni Stoppato laut dem Corriere del Veneto. „Die kommen aus Nordafrika, weil das Klima durch die globale Erwärmung bei uns so mild ist.“ Seit 70 Jahren ist Stoppato Landwirt in der Region Verona. Ihm reicht es offenbar gewaltig. Die Nutrias (Biberratten) hätten schon einen unglaublichen Schaden angerichtet und könnten jetzt getötet werden. Nun kämen diese zwischen drei und vier Kilogramm schweren Vögel dazu. Und die seien für Umweltschützer unantastbar.

„Es ist eine Schande, denn mit ihrem Schnabel fressen sie alles – Würmer, Frösche Eidechsen, Hasenbabys, Enten- und Fasaneneier und Krabben“, zählt der Landwirt bei gironaleadige.it auf. Sie verändern so die gesamte Umwelt, „die zur Wüste wird“, sagt der Vorsitzende des italienischen Bauernverbands. „Und wir können sie nicht erschießen.“ Anders als die Nutrias, die ursprünglich aus Amerika stammen und als Pelztiere importiert wurden.

Bauern mit Waffenschein sollen Plage-Problem in die Hand nehmen dürfen

Allerdings dürfen nur Jäger, keine Bauern Nutrias töten, bemängelt Stoppato. Seiner Ansicht nach eine wirkungslose Maßnahme. Es gäbe keinen Plan, wann und wo die Nutrias gejagt werden. Zudem seien die Jäger Freiwillige. Laut dem Corriere del Veneto wurden für die Bekämpfung der Nutrias 1,5 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre bereitgestellt.

Der Chef des Bauernverbands fordert demnach Landwirten mit einem regulären Waffenschein das Jagen auf Nutrias und Ibisse ohne Vorschriften zu erlauben. „In zwei bis drei Monaten hätten wir das Problem gelöst.“

Heiliger Ibis, Pharaonenibis, Pharaonen-Ibis (Threskiornis aethiopicus), im Gleitflug, Seitenansicht, Italien, Toskana
Heiliger Ibis (Threskiornis aethiopicus): Auf den Feldern rund um Verona (Italien) tauchen die Vögel auf. Bauern wollen die Tiere erschießen (Symbolfoto). © D. Occhiato/imago

Heiliger Ibis: Vogelart in Italien sorgt für Wirbel in den sozialen Netzwerken

In den sozialen Netzwerken sind Fotos von den Heiligen Ibissen auf den Feldern zu finden. „Sie sind unter uns! Heiliger Ibis“, schreibt Carlo N. in einem Post auf Facebook. Auf verschiedenen Fotos ist zu sehen, wie die dutzende Ibisse auf einem Feld stehen. In den Kommentaren berichten andere Nutzer von Sichtungen in verschiedenen Regionen: „Man kann sie überall in Vallesina sehen. Sehr schön, vor allem, wenn sie fliegen.“ Auch in der Nähe von Fossatone (Bologna) haben sich mindestens 50 Vögel niedergelassen.

Heiliger Ibis in Italien nicht eingewandert

„Sie sind nicht aus Ägypten ausgewandert, aber aus Frankreich“, schreibt ein anderer in den Kommentaren. Die Ibisse seien dort in den 70er Jahren in Parks und Zoos beliebt gewesen, also absichtlich eingeführt und aus der Gefangenschaft entkommen. In den 90ern seien die Vögel in Norditalien angekommen. Da Ibisse hier kaum Fressfeinde hätten, könnten sich die Vögel gut verbreiten.

Ibisse bevorzugen Feuchtwiesen und die Meeresküste

Brutnachweise im Freiland sind seit den 70er Jahren bekannt und nehmen zu, heißt es auf neobiota-austria.at, des österreichischen Umweltbundesamts. Weibchen legen zwei bis vier Eier pro Jahr. Der Ibis bevorzugt Feuchtwiesen und die Meeresküste. Unter dem Stichpunkt Gefährdung der Biodiversität heißt es: „Insbesondere an Küstenstandorten ist die Art problematisch, wo der Heilige Ibis die Eier und Nestlinge gefährdeter Küstenvogelarten frisst. Konkurrenz um Nistplätze ist nachgewiesen.“

Ibisse stehen auf der EU-Liste invasiver Tier- und Pflanzenarten, teilt auch die NABU mit. Allein in Deutschland seien 168 Tier- und Pflanzenarten bekannt, die nachweislich negative Auswirkungen haben oder haben können. Der Threskiornis aethiopicus – Heiliger Ibis – wurde 2016 aufgenommen und kommt unbeständig vor.

In der Toskana quält eine Mückenplage einen Ort. Für ein anderes großes Problem – die gefräßige Blaukrabbe – an Italiens Adria-Küste sucht das Land nach einer kulinarischen Lösung.(ml)

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