Zu gefährlich: EU-Arzneimittelbehörde lehnt neues Alzheimer-Medikament ab

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Die EU-Kommission hat das letzte Wort, aber die Meinung der EMA ist entscheidend: Ein neues Alzheimer-Medikament wird es wohl nicht in die EU schaffen.

Amsterdam – In anderen Ländern bereits zugelassen, hat sich die EU-Arzneimittelbehörde EMA nun dagegen entschieden: Das neue Alzheimer-Medikament mit dem Wirkstoff Donanemab sollte laut Einschätzung der Behörde in der EU nicht zugelassen werden. Nach Ansicht der Experten der EMA sind die Risiken von möglichen tödlichen Schäden höher zu bewerten als die potenziellen Vorzüge, teilte die Behörde mit Sitz in Amsterdam mit. Der neue Wirkstoff soll eigentlich im Frühstadium einer Alzheimer-Erkrankung verabreicht werden, um den Verlauf zu verlangsamen.

Der Antikörper-Wirkstoff Donanemab, bekannt unter dem Produktnamen Kisunla, ist bereits in mehreren Ländern wie den USA, Japan, China und Großbritannien genehmigt worden. Das Medikament kann Alzheimer nicht heilen oder stoppen, sondern lediglich den Krankheitsverlauf im frühen Stadium verlangsamen. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen Schwellungen im Gehirn und Blutungen.

Leiterin der Alzheimer Forschung Initiative über Donanemab: „Entscheidung kommt für uns überraschend“

In der EU gibt es bislang kein zugelassenes Medikament, das den Verlauf der Alzheimer-Krankheit direkt beeinflusst. Die EMA hatte kürzlich zwar die Zulassung für den Wirkstoff Lecanemab befürwortet, der als erster seiner Art in Europa gilt. Die endgültige Entscheidung darüber liegt jedoch bei der EU-Kommission, die bisher noch keine Entscheidung getroffen hat.

Tabletten und ein Glas Wasser stehen auf einem Tisch, im Hintergrund sitzt eine ältere Frau in einem Rollstuhl.
Es gibt derzeit keine Medikamente, die eine Alzheimer-Erkrankung aktiv bekämpfen können. (Symbolfoto) © NomadSoul/IMAGO/Panthermedia

„Die Entscheidung [der EMA] kommt für uns überraschend“, sagte Dr. Anne Pfitzer-Bilsing, Leiterin Wissenschaft der gemeinnützigen Alzheimer Forschung Initiative, in einer Pressemitteilung. Denn das noch vor vier Wochen zugelassene Medikament Leqembi (Lecanemab) habe laut der Leiterin ein ähnliches Wirkung-Nebenwirkung-Verhältnis wie Kisunla (Donanemab). „Bei Kisunla ist das Risiko für Nebenwirkungen zwar höher als bei Leqembi. Allerdings hat Kisunla auch eine etwas bessere Wirkung gezeigt.“

Fast zwei Millionen Menschen leiden in Deutschland unter einer Demenzerkrankung

Zum Ende des Jahres 2023 lebten in Deutschland schätzungsweise 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Die häufigste Demenzursache ist die Alzheimererkrankung. Sie ist eine hirnorganische Erkrankung, die zu einem Abbau von Nervenzellen im Gehirn führt. Je fortgeschrittener das Stadium, desto stärker leiden Betroffene unter Gedächtnis- und Orientierungsstörung, haben Probleme mit der Sprache oder beim Denken.

Quelle: Deutsche Alzheimer Gesellschaft

Neuer Alzheimer-Wirkstoff soll abgelehnt werden - doch Initiative sieht mehrere Vorteile in dem Medikament

Ein Vorteil des nun abgewiesenen Kisunla sei laut Pfitzer-Bilsing, dass „es voraussichtlich nur über einen begrenzten Zeitraum verabreicht werden muss.“ Eine Behandlung mit Leqembi sei hingegen auf Dauer angelegt, zumindest laut den aktuellen wissenschaftlichen Daten. Auch „was den therapeutischen Aufwand angeht, schneidet Kisunla etwas besser ab“, fuhr die Leiterin der Alzheimer Initiative fort. So werde Kisunla nur einmal im Monat als Infusion verabreicht, während Leqembi alle zwei Wochen gegeben werde.

Auch die Einschätzung über den Wirkstoff Lecanemab fiel der EMA nicht leicht: Im ersten Anlauf im vergangenen Jahr hatte die Behörde noch entschieden, dass das Risiko schwerer Nebenwirkungen höher zu bewerten sei als die erwartete positive Wirkung. Erst nach einer Änderung des Zulassungsantrags und einer erneuten Prüfung entschieden die Experten anders: Sie kamen im November zu dem Schluss, dass in der begrenzten Population, die bei der erneuten Prüfung untersucht wurde, der Nutzen von Lecanemab größer ist als die Risiken. Bei der ersten Prüfung waren noch keine Untergruppenanalysen berücksichtigt worden, sondern alle Patienten. (nz/dpa)

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