Nach Skandal um gedeckten Kindesmissbrauch - Orbán droht schwere Krise

Die Regierung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán steht laut der Nachrichtenagentur „Associated Press“ vor einer seltenen politischen Krise. Grund hierfür ist der Rücktritt von Präsidentin Katalin Novák, einer Parteikollegin Orbáns, die nach großem öffentlichen Aufschrei wegen der Begnadigung eines als Mittäter in einem Kindesmissbrauchsfall Verurteilten ihr Amt niederlegt.

Nováks Pardon war im Jahr 2023 einem Mann gewährt worden, der sexuellen Kindesmissbrauch in einem staatlich geführten Kinderheim verborgen hatte. Neben Novák gab auch die ehemalige Justizministerin Judit Varga ihre Position im Parlament auf, da sie die Entscheidung befürwortet hatte.

Opposition fordert weitere Konsequenzen

Wie „AP“ berichtet, glauben einige Gegner Orbáns, dass diese Abgänge in den Reihen seiner nationalistischen Fidesz-Partei nicht ausreichend seien und er selbst politischen Konsequenzen zu tragen habe. „Viktor Orbán hat sich nicht gescheut, sich hinter den Röcken von zwei Frauen zu verstecken, anstatt die Verantwortung zu übernehmen“, erklärt beispielsweise Anna Donáth, Abgeordnete im Europäischen Parlament für die ungarische Oppositionspartei Momentum.
„Deshalb darf diese Angelegenheit nicht auf diese Weise abgeschlossen werden.“

Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei regierten Ungarn seit 2010 mit einer nahezu ununterbrochenen verfassungsmäßigen Mehrheit. „AP“ berichtet, dass Orbán im Laufe seiner Regierungszeit Vertraute an der Spitze von Regierungs- und Justizinstitutionen installiert und die Kontrolle über große Teile der ungarischen Medien übernommen habe. Damit sei es es für seine Fidesz-Partei oft leicht gewesen, sich gegen politische Gegner durchzusetzen.

Skandal spaltet Orbán-Lager

Die Rücktritte von Novák und Varga haben jedoch Orbáns Unterstützer gespalten und einige glauben, sie seien geopfert worden, um den Premierminister vor den politischen Folgen des Skandals zu schützen. Novák hatte sich für den Schutz von Kindern und traditionelle Familien stark gemacht hat - Dinge, die die Fidesz-Partei als Hüterin christlich-konservativer Werte hochhält.

Die von ihr als Präsidentin verantwortete Begnadigung aber hat das Ansehen der Partei schwer getroffen und droht, Teile ihrer konservativen Wählerschaft zu verprellen.

Kontroverse um Präsidentennachfolge und weiteren Umgang

Die größte Oppositionspartei, die Demokratische Koalition, fordert direkte Präsidentschaftswahlen anstelle der Ernennung von Nováks Nachfolger durch die Fidesz-Mehrheit im Parlament.
Máté Kocsis, Führer der Fidesz-Parlamentsfraktion, lehnt diese Vorstellung jedoch ab.

In einem Facebook-Post betonte Ferenc Gyurcsány, der Anführer der Demokratischen Koalition und Premierminister von 2004 bis 2009, außerdem, dass der Rücktritt von zwei von Orbáns engsten Verbündeten nicht ausreichend sei, um die Kontroverse zu beenden. „Der Rücktritt von Novák und Varga hat den Fall nicht abgeschlossen, sondern ihn erst richtig ins Rollen gebracht“, schrieb er.