„Katastrophe“: Malerischer Alpen-Ort leidet unter Touristenmassen – manchmal wird es „richtig gefährlich“

  1. Startseite
  2. Welt

Kommentare

In die Alpen zieht es viele Touristen, doch einige Dörfer leiden unter den Massen an Urlaubern. Sogar eine Statistik zeigt das Ausmaß.

Lauterbrunnen – Nicht nur der Strand ist für viele Urlauber der Wunschort zum Abschalten, auch die Berge ziehen die Touristen immer wieder an. Die Alpen mitten in Europa bieten etlichen Möglichkeiten. Vom Skifahren bis zum Bergsteigen, vom Wellness bis zum Radfahren sind die Möglichkeiten unendlich. Oder doch bald endlich? Zumindest ein kleines Dorf in der Schweiz ächzt unter den Massen an Touristen, die jährlich kommen, jetzt bestätigt sogar eine Statistik, warum der Andrang enorm ist.

Malerisches Lauterbrunnen von Touristenmassen überfüllt – Airbnb-Anteil so hoch wie nirgends sonst

Südöstlich von Bern, noch südlich vom Thunersee, am Jungfraujoch, liegt der kleine Ort Lautenbrunnen, der eine Statistik anführt, auf die viele Einheimische wütend sind. Direkt in der Nähe liegt auch Wengen, das als Station des Ski-Alpin-Weltcups bekannt ist. Der Schweizer Tages-Anzeiger hat nun eine Auswertung abgedruckt, wie die Wohnungsnot im Land aussieht. „Mitschuldig für die Krise gelten Online-Plattformen wie Airbnb“, schreibt die Zeitung. Und da kommt Lauterbrunnen wieder ins Spiel.

Eine Statistik zeigt, wie groß der Anteil solcher Unterkünfte im Verhältnis zum Gesamtwohnungsbestand ist. Auf Platz eins rangiert Lauterbrunnen mit 23,3 Prozent durchschnittlichem Airbnb-Anteil im Jahr 2024. Wie der Tages-Anzeiger schreibt, ist „jede vierte Wohnung 2024 in Lauterbrunnen auf Airbnb zu finden.“ Und das Portal zitiert sogar den Gemeindepräsidenten Karl Näpflin, der meint, dass durch Booking oder E-Domizil die Ziffer noch höher sei. Über 2300 Menschen leben in dem kleinen Ort.

„Katastrophe“, „Ausverkauf des Tals“: Einheimische schimpfen über Touristen-Auflauf in Alpen-Dorf

Das Schweizer Portal 20min.ch hat sich mit den Einheimischen unterhalten, die unter den Touristenmassen leiden, obwohl sie davon teils auch leben. Ein selbstständiger Bauunternehmer meinte zu 20min.ch, dass es „eine Katastrophe“ ist. Das Dorf hat sich gewandelt, früher waren längere Aufenthalte normal und die Touristen interessierten sich wohl mehr für den Ort. „Auf Kosten der Leute, die hier wohnen und in Ruhe leben wollen“, wütet der Bauunternehmer über die kurzen und schnelllebigere Station Lauterbrunnen. Ein ähnliches Phänomen gibt es auch in Südbayern zu beobachten.

Lauterbrunnen Touristen Urlauber Schwiez Alpen Dorf Massen
Lauterbrunnen in der Schweiz ist eines der beliebten Touristenziele des Landes, auch wegen der hohen Airbnb-Quote. © IMAGO/Zoonar.com/Insung Choi

Es fallen auch Sätze wie „Ausverkauf des Tals“ und „totaler Stopp“ der Wohnungsvermietung, damit dort arbeitende Menschen wieder die Chance auf eine Wohnung haben. Touristenmassen „belagern“ das Dorf. Seine Erzählungen erinnern an Lungern, ein anderes Dorf in der Schweiz, das im Jahr 2024 klagte, denn auch dort hätten Touristen sogar Kinder fotografiert, die im Schwimmbad geplanscht haben. In Lauterbrunnen sollen die Touristen ihren Müll hinterlassen, teils auf Privatparkplätzen stehen und in Vorgärten Picknicks machen.

„Im Sommer ist das Dorf völlig überfüllt“: Einheimische nutzen selbst Airbnb, sind aber verzweifelt

Eine weitere Statistik zeigt auch, dass Airbnb-Unterkünfte zunehmen, während Hotelzimmer – zwar nicht signifikant – aber immerhin messbar abnehmen, was Lauterbrunnen angeht. Laut einer Expertin, die der Tages-Anzeiger zititert, ist der Wettbewerb zwischen den Anbietern „intensiv“. Dass die Mietpreise wegen Airbnb steigen, dagegen wehrt sich das Unternehmen. Es gibt „keinen signifikanten Einfluss auf die Verfügbarkeit erschwinglicher Wohnungen in den meisten Städten. Die Ursachen für Wohnraumknappheit sind komplex und größtenteils bedingt durch jahrzehntelangen Mangel an neu gebauten Wohnungen und durch von Hotels getriebenen Massentourismus.“ Immer wieder wird in den Alpen-Regionen gegen Massentourismus protestiert, wie in Italien.

Was macht Lauterbrunnen für Touristen so attraktiv?

Durch die Sozialen Medien gehen immer wieder kurze Clips, die Naturwunder zeigen. Im Fall von Lauterbrunnen handelt es sich dabei um Ausschnitte auf TikTok, und zwar von den Staubbachfällen, die hinter dem Ort von den Felsen prasseln und im Panorama ein fast unvergleichliches Bild darstellen. Urlauber aus der ganzen Welt wollen dieses Schauspiel mit eigenen Augen sehen und ein Bild knipsen. Natürlich eignet sich der Ort auch für Bergsteiger im Sommer oder Skifahrer im Winter.

Ein Paar, welches selbst die Hälfte des Jahres ihr Haus bei Airbnb zur Verfügung stellt, damit sie „ihren Lebensstil finanzieren können“, sagen 20min.ch, dass sie sich „selbst mehr Ruhe sehnen. Wir leben selbst vom Tourismus, doch was in den letzten 20 Jahren aus Lauterbrunnen geworden ist, gefällt uns nicht. Mit dem Auto durchzukommen, das ist manchmal richtig gefährlich“, so das Paar über die Massen auf den Hauptstraßen. Ein anderer Einwohner meint: „Im Sommer ist das Dorf völlig überfüllt“.

Staubbachfall Lauterbrunnen Alpen Touristen Schweiz Urlauber
Der Staubbachfall fasziniert viele Social-Media-User, denn Videos und Fotos vom Naturschauspiel locken Touristen nach Lauterbrunnen. © IMAGO / Zoonar

„Trauriges Dorfbild“, wenn Wohnungen leer bleiben – Maßnahmen in Alpen-Dorf wurden getroffen

Ein weiteres Problem, was damit einhergeht, sind die Wohnungen für Angestellte, wie die eines Altersheims, die somit woanders unterkommen müssen oder einfach Glück haben. Karl Näpflin fügt an: „Viele Einheimische vermieten an Touristen, doch der Grossteil der über Online-Plattformen angebotenen Unterkünfte sind genau diese Zweitwohnungen. Grundsätzlich begrüssen wir es, wenn Ferienhausbesitzer ihre Wohnungen vermieten, während sie nicht hier sind.“ Wenn diese Wohnungen aber leerstehen, dann ergibt das ein „trauriges Dorfbild.“ Jüngst gab es auch einen Aufschrei im norditalienischen Cortina d‘Ampezzo, dass die Olympische Spielen 2026 veranstaltet, weil die dort die Mietforderungen auf Plattform ins Sechsstellige schnellten.

Für reiche Zweitwohnungswohnbesitzer ist das kein Problem, denn sie überbieten einfach Einhemimische mit „unverschämt hohen Kaufangboten“, wie Näpflin meint. Darunter leiden nicht nur Einheimische, sondern auch Saisonarbeiter. Es sollen nur noch Erstwohnungen gebaut werden. Seit 2012 gilt diese Maßnahme. „Die Situation wird sich in den nächsten Jahren entspannen“, heißt es bei 20min.ch. Genauere Auswertungen gibt es laut Tages-Anzeiger über Airbnb nicht, denn das Portal stellt keine Daten zur Verfügung. Ein Hotelverband fordert die Freigabe von Daten. Dass es ausgewogener in Lauterbrunnen weitergeht, wünschen sich wohl so einige. (ank)

Auch interessant

Kommentare