„Sind am meisten darüber besorgt“ - Selbst Trump-Vertraute fürchten sich jetzt vor vier heiklen Personal-Entscheidungen
Seit seinem Wahlsieg am 5. November verkündet Donald Trump von seinem Wohnsitz in Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida aus fast täglich, wer ihm dabei helfen soll, das Land umzukrempeln. Die Liste der Personen, die Schlüsselpositionen in der neuen Regierung besetzen sollen, enthält so manche Überraschung.
Über allem steht die Frage, wie groß der Einfluss der radikalen MAGA-Bewegung (nach Trumps Wahlslogan „Make America Great Again“) sein wird.
Die Auswahl von Trumps Leuten legt zwei Trends offen
Zwei Trends scheinen sich abzuzeichnen. Trump will künftig vor allem auf Leute setzen, die loyal zu ihm waren oder sich zumindest frühzeitig auf seine Seite gestellt haben.
Und: Für außen- und sicherheitspolitische Positionen zieht Trump sogenannte Falken in Betracht, erfahrene Außenpolitiker, die einen harten Kurs gegen China, Iran und Nordkorea fahren wollen, aber Alliierte und Bündnisse schätzen.
Dahinter soll Experten zufolge federführend seine neue Stabschefin im Weißen Haus, Susie Wiles, stehen. Sie hat angekündigt, die „Clowns“ außen vorzulassen.
Die Falken
Marco Rubio, 53, bisher US-Senator für Florida, als nächster Außenminister, der republikanische Kongressabgeordnete Mike Waltz, 50, als Nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus, die New Yorker Abgeordnete Elise Stefanik, 40, als US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen: Sie alle sind Verfechter einer harten China-Politik und entschlossen, dem Iran in seine Grenzen aufzuzeigen und Israel mit allen Mitteln zu unterstützen.
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Für Amerikas Alliierte, vor allem die von Russland angegriffene Ukraine, sind das nicht automatisch schlechte Nachrichten. Vor allem Rubio gilt als Unterstützer der Nato.
Dass Pete Hegseth Verteidigungsminister werden soll, überrascht wiederum wohl die meisten Beobachter. Der Veteran moderiert auf dem rechten Fernsehsender Fox News eine beliebte Sendung, hat null politische Erfahrung und soll nun das mächtige Pentagon führen – mit einem Jahresbudget von mehr als 841 Milliarden Dollar und 3,4 Millionen zivilen und uniformierten Angestellten.
Gefallen hat Trump bei Hegseth offenbar seine Fernsehtauglichkeit. Und dass er insbesondere auf ein großes Thema setzt: die angeblich zunehmende „wokeness“ der Streitkräfte und die Feinde im Inneren des Landes. Trump sagte über ihn: „Mit Pete an der Spitze sind Amerikas Feinde in Alarmbereitschaft.“
Die Radikalen
Auch bei innenpolitischen Ministerien wird die Handschrift der MAGA-Radikalen der neuen amerikanischen Rechten deutlich. An vorderster Stelle steht hierfür Trumps designierter Vizepräsident J.D. Vance. Aber auch Trumps Familienmitglieder, vor allem sein Sohn Donald Trump Jr., wollen großen Einfluss nehmen.
Die meisten Spitzen-Jobs erfordern eine Bestätigung im US-Senat, wo die Republikaner nun zwar eine Mehrheit haben, aber dennoch nicht jeder einfach nur durchgewunken werden könnte. Darum werden einige umstrittene Personen wohl nicht direkt Teil der Regierung werden – was aber nicht heißt, dass sie weniger Einfluss erhalten.
Elon Musk, den mit seinen Tech-Unternehmen zum reichsten Mann der Welt wurde und als Eigentümer der Social-Media-Plattform x (dem früheren Twitter) in den vergangenen Monaten für Trump Wahlkampf machte und mehr als 120 Millionen Dollar spendete, soll tatsächlich mit einer eigenen Behörde belohnt werden.
Zusammen mit dem früheren republikanischen Präsidentschaftsbewerber Vivek Ramaswamy soll er die Führung eines Beratungsgremiums übernehmen, um Trump bei der von ihm angekündigten drastischen Kürzung der Regierungsausgaben zu helfen.
Dieses „Department of Government Efficiency“ soll zwar kein Teil der Regierung sein, aber mit dem Weißen Haus zusammenarbeiten, „um großangelegte Strukturreformen voranzutreiben“.
Damit soll der 53-jährige Musk offenbar der Auflage entgehen, vor einem Eintritt in die Regierung seine Anteile Unternehmen Tesla und SpaceX verkaufen zu müssen, da diese von Subventionen und Staatsaufträgen profitieren. Inwieweit er gegen Regulierungsvorgaben vorgehen wird, die auch seine Unternehmen betreffen, wird sich zeigen.
Deutlich wurde in den vergangenen Tagen bereits, dass Musk kein Regierungsamt braucht, um Einfluss auf Trump auszuüben. Seit dem Wahlsieg weicht er US-Medien zufolge nicht von dessen Seite, nimmt an Telefonaten mit ausländischen Staatschefs teil und auf Personalentscheidungen Einfluss.
Ähnlich umstritten könnte Robert F. Kennedys Rolle in Trumps zweiter Amtszeit werden. Der Impfgegner, der in der Pandemie Verschwörungstheorien verbreitete und eine Weile selbst für das Weiße Haus kandidierte, bevor er sich Trump anschloss, soll sich das amerikanische Gesundheitssystem vorknöpfen.
Der Neffe des legendären 35. US-Präsidenten hat angekündigt, Teile der amerikanischen Medikamenten- und Nahrungsmittelaufsicht abzuschaffen. Wie genau die Rolle des 70-Jährigen zugeschnitten sein wird, der besonders Donald Trump Jr. nahesteht, ist noch offen.
Trumps langjähriger ranghoher Berater Stephen Miller soll Stellvertreter von Stabschefin Susie Wiles werden. Miller wird damit weitreichende Kompetenzen bekommen, muss aber nicht vom Senat bestätigt werden.
Die Stellvertreter-Position verschleiert Experten zufolge den Einfluss, den der Hardliner in der künftigen Regierung spielen wird. Bei einer Trump-Rallye rief Miller mal: „Amerika ist für Amerikaner – und nur für Amerikaner.“ Und kündigte an, Trump werde kriminelle Migranten und Drogenkartelle aus dem Land vertreiben.
Bruder im Geiste wird ihm dabei Tom Homan sein. Der 62-jährige ehemalige Polizist soll die von Trump angekündigte Massenabschiebung von illegal eingewanderten Ausländern beaufsichtigen.
Der designierte Präsident will ihm nach eigenen Angaben die Rolle eines „Grenz-Zars“ übertragen. Homan hatte während Trumps erster Amtszeit zeitweise eine Einwanderungsbehörde geführt – und setze die Trennung von Kindern von ihren Eltern in der US-Grenze um.
Auch das Heimatschutzministerium, das unter anderem die Aufsicht über Einwanderungsbehörden und Grenzkontrollen hat, soll von einer eisernen Trump-Unterstützerin geführt werden. Kristi Noem, Gouverneurin des Bundesstaates South Dakota, unterstützt Trumps Pläne für eine Massenabschiebung von Migranten.
Nächster Chef der US-Umweltbehörde EPA soll ebenfalls ein langjähriger Unterstützer Trumps werden: der ehemalige Kongressabgeordnete Lee Zeldin. Dessen Aufgaben hat Trump ihm bereits öffentlich diktiert. Seine Regierung werde „schnelle und faire“ Entscheidungen zur Lockerung von Regulierungen treffen, sagte Trump.
Er will die heimische Förderung von Öl und Erdgas ankurbeln und dafür auch Umweltschutzauflagen lockern. Dass der Republikaner erneut den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen anstrebt, gilt als sicher.
Risiken für die Demokratie
Ins Visier will Trump besonders die Spionagedienste der USA nehmen, die er beschuldigt, seine erste Amtszeit und seine Wahlkämpfe untergraben zu haben. Bei der Frage, wer künftig die CIA leiten soll, zirkulierten zuletzt viele Namen. Trump hat sich für John Ratcliffe als Chef des Auslandsgeheimdienstes entschieden.
Ratcliffe, ein ehemaliger Kongressabgeordneter aus Texas, der vom Senat bestätigt werden müsste, gilt als Vertrauter des Ex-Präsidenten, der ihn nun als „Kämpfer für Wahrheit und Ehrlichkeit gegenüber der amerikanischen Öffentlichkeit“ lobte. Vor allem entschied sich Trump aber erneut für einen Loyalisten, der stets bereit war, ihn zu verteidigen. Ratcliffe gehörte zu Trumps Beraterteam während seines ersten Amtsenthebungsverfahrens.
Als Geheimdienstdirektor in den letzten Monaten von Trumps erster Amtszeit verärgerte Ratcliffe die Demokraten. So gab er russische Geheimdienstinformationen über den Wahlkampf der Demokraten 2016 frei, obwohl er zugab, dass diese möglicherweise nicht wahr waren.
Wen Trump diesmal zum Geheimdienstdirektor macht, ist seit Mittwochabend auch klar: Es wird die frühere Demokratin Tulsi Gabbard. Mehr als 20 Jahre war sie in der Partei von Kamala Harris und wurde 2012 das erste hinduistische Mitglied des US-Kongresses. 2020 bewarb sie sich gar um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten – blieb jedoch chancenlos. Vor zwei Jahren trat sie dann aus der Partei aus – die Demokraten seien zu „woken Ideologen“ und „elitären Kriegstreibern“ geworden, begründete sie ihren Austritt. Im Wahlkampf hatte sie anschließend Trump unterstützt und war auch mit ihm zusammen aufgetreten.
Bekannt ist seit Mittwochabend auch, wer das Justizministerium leiten soll: Matt Gaetz, ein republikanischer Kongressabgeordneter aus Florida. Er gilt als Hardliner und treuer Anhänger Trumps. Unmittelbar nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung wurden indes große Zweifel laut, dass der Senat Gaetz bestätigen wird.
Gaetz gehörte zu den Abgeordneten, die vor gut einem Jahr den damaligen republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, wegen eines Streits über den Haushalt aus dem Amt gejagt hatten. 2021 ermittelte das Justizministerium gegen ihn wegen des Vorwurfs, er habe Sex mit einer Minderjährigen gehabt. Das Verfahren wurde eingestellt.
Unklar ist noch, wer künftig an der Spitze des FBI stehen soll. Auch diese Personalie könnte noch für größere Unruhe sorgen.
„Die Menschen, die Trump nahestehen und mit denen ich spreche, sind am meisten darüber besorgt, was Trump in den internen Machtministerien, im Justizministerium, im FBI und in der Steuerbehörde IRS tun wird“, sagte Politikberater Ian Bremmer vor Bekanntwerden der Gaetz-Personalie. Hierbei gehe es um die Stellen, an denen der Republikaner die Ermittlungen gegen ihn ein für alle Mal beenden wolle.
Außerdem hat Trump angekündigt, sich an Personen zu rächen, die seiner Meinung nach unrechtmäßig gegen ihn vorgegangen sind. „Und so könnte es passieren, dass Trump Loyalisten ernennt, die die traditionellen Kontrollmechanismen und die Rechtsstaatlichkeit des politischen Systems der USA nicht grundsätzlich respektieren“, fürchtet Bremmer.
„Das werden wir genau beobachten müssen. Und wenn Trump diesen Weg einschlägt, dann wird er von den Demokraten in den Vereinigten Staaten als illegitim angesehen werden.“
Von Juliane Schäuble