Alleinerziehende (24) muss Malereibetrieb verlassen: Sie findet keinen Hortplatz für Sohn (7)
Es ist eine „absurde Situation“. Eine versierte Facharbeiterin, wie Chef Ivo Fuhrmann sagt, muss seinen Malereibetrieb verlassen, weil sie keinen Betreuungsplatz für ihr Kind findet.
Hohenbrunn - Die Zeit ist knapp für Anna Matejka, genau gesagt, bleiben ihr nur noch ein paar Tage. Denn zum 1. Oktober wird die junge Frau wohl die Firma Sartori & Fuhrmann GmbH, ein Malereibetrieb in Hohenbrunn, mit insgesamt 40 Angestellten, verlassen müssen. Der Grund: Die 24-jährige alleinerziehende Mutter aus Giesing findet für ihren Sohn Liam (7) derzeit in München keine Nachmittagsbetreuung. Sie sucht bereits seit einem Jahr.
Matejka führt eine ganze Liste mit Anfragen und Stellen, die sie kontaktiert hat – insgesamt 14 Institutionen stehen drauf. Vom Jugendamt („Keine Rückmeldung“) über Anfragen bei Ganztagsschulen („Kein Platz“) bis hin zu Elternberatung und Arbeitsagentur. Letztere empfahl ihr, doch Bürgergeld zu beantragen, sagt Matejka. Sogar einen Brief an den Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) habe die 24-Jährige geschrieben. „Da gab es nicht mal irgendeine Rückmeldung.“ Unterstützung durch Freunde und Familie? Fehlanzeige. „Die arbeiten ja alle in Vollzeit.“ Und eine Tagesmutter sei entweder zu teuer oder ausgebucht. Bis Ende September passt noch ein Freund auf Liam auf, „der hat sich extra Urlaub genommen. Und meine Mutter kann nur an einem Tag in der Woche einspringen“, sagt Matejka. Sie wohnt in der sächsischen Kleinstadt Glashütte, also knapp 500 Kilometer entfernt.
Ausbildung mit Bravour abgeschlossen – doch nun die Kündigung
Das Dilemma: „Ich arbeite sehr gerne als Malerin und Lackiererin“, sagt Anna Matejka. Ihre Ausbildung hat sie mit Bravour abgeschlossen, betont Firmenchef Ivo Fuhrmann (49). Für ihn ist das alles eine absurde Situation: „Einerseits haben wir enormen Fachkräftemangel, aber ich muss demnächst eine versierte Facharbeiterin entlassen, die vor allem gerne und sehr gut arbeitet“, schimpft Fuhrmann. Denn für sein Unternehmen brauche er Matejka ganztags, also mindestens bis 17 Uhr. Hinzu kommt: „Wir haben in unserer Branche Nachwuchsprobleme, unsere Arbeit will ja keiner mehr machen. Viele wollen einfach lieber chillen.“
Einerseits haben wir enormen Fachkräftemangel, aber ich muss demnächst eine versierte Facharbeiterin entlassen, die vor allem gerne und sehr gut arbeitet.
So wie Ivo Fuhrmanns Betrieb geht es vielen Unternehmen. Laut einer Erhebung der Industrie- und Handelskammer (IHK) fehlen in Oberbayern derzeit etwa 36 000 Arbeitskräfte, quer durch alle Branchen. Fuhrmann ist schon deshalb daran gelegen, jemanden wie Anna Matejka zu halten. Er will sich mit der Situation nicht abfinden und wurde deshalb selbst aktiv. So hat er sich unter anderem über die Internetplattform LinkedIn auch an Florian Kraus, Stadtschulrat und Leiter des Referats für Bildung und Sport in München, gewandt. Kraus empfahl ihm, sich an die „Elternberatungsstelle des Geschäftsbereichs KITA“ zu wenden. „Dort wird Ihre Mitarbeiterin die notwendige Unterstützung erhalten.“ Außer die Weitergabe von ein paar Telefonnummern kam jedoch nichts dabei heraus. Kraus: „Mehr Möglichkeiten habe ich in der Referatsleitung leider auch nicht.“ Immerhin, am 1. Oktober hat Anna Matejka noch einen telefonischen Beratungstermin. Aber dann ist sie ihren Arbeitsplatz schon los. Ivo Fuhrmann sagt: „Ich würde sie jederzeit wieder einstellen.“