„Absurd“ und „zu kurz gedacht“: BMW-Chef geht mit Verbrenner-Aus und Politik hart ins Gericht

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BMW-Chef Oliver Zipse kritisiert die EU bezüglich Verbrennermotoren und China. Sollte am Kurs festgehalten werden, drohen der heimischen Wirtschaft schwerwiegende Folgen.

München – Das geplante Verbrenner-Aus auf EU-Ebene ab 2035 setzt der heimischen Industrie zu. Besonders am deutschen Standort sorgt der Wandel in Sachen Antriebstechnologie für Turbulenzen.

Obwohl BMW im Vergleich zu Volkswagen und Mercedes-Benz im Hinblick auf Elektroautos wirtschaftlich die wohl wenigsten Probleme hat, übt der Vorstandsvorsitzende nun Kritik an der Strategie der Europäischen Union. Es geht um zwei wichtige Themen, die wegweisend für die Zukunft sind und in einem direkten Zusammenhang stehen: das Ende von Verbrennermotoren und die Handelsbeziehungen zwischen Europa und China.

BMW-Chef kritisiert EU-Kommission und sieht „eklatante Folgen“

Oliver Zipse warnt die EU-Kommission davor, das Verkaufsende für Autos mit Benzin- oder Dieselmotor zu besiegeln und gleichzeitig Strafzölle auf chinesische Modelle zu erheben. „In einer solchen Dimension Märkte regulieren zu wollen, macht am Ende alles schlechter: die Wettbewerbsposition, die ökologische Wirkung und die Arbeitsplatzsicherheit“, erläutert der 60-Jährige in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).

Er bezeichnet die aktuellen Entwicklungen lediglich als „Vorspiel. Wenn das Regelwerk so bliebe, würde das eklatante Folgen für die industrielle Basis in Europa haben“, ist sich der BMW-Manager sicher und sieht schwere Folgen auf die hiesige Autoindustrie zukommen. Die Wertschöpfung würde halbiert werden, „mit entsprechenden Auswirkungen auf die Beschäftigung.“

BMW-Chef Oliver Zipse bei einem Werkstermin im Dezember. Der CEO übt Kritik an Ursula von der Leyen und Co.
BMW-Chef Oliver Zipse bei einem Werkstermin im Dezember. Der CEO übt Kritik an Ursula von der Leyen und Co. © Panama Pictures/Imago

Verbrenner-Aus macht Wirtschaft und Industrie erpressbar – „Anpassung unumgänglich“

Zudem mache das geplante Aus für Verbrenner die hiesige Industrie erpressbar, glaubt Zipse und bezieht sich auf die Rohstoffe für Elektro- und Batterietechnologie: „Jeder internationale Wettbewerber, jeder Lieferant weiß: Die sind abhängig von einer einzigen Technologie. Damit hebeln Sie Marktmechanismen aus und machen zum Beispiel die dafür benötigten Rohstoffe deutlich teurer.“

Im Hinblick auf die Tatsache, dass traditionelle Antriebe auf anderen Kontinenten Stand jetzt weitaus länger verkauft werden, hält der BMW-CEO eine Änderung der EU-Strategie nach der Europawahl 2024 für wahrscheinlich: „Wer sich die Fakten anschaut, der sieht, dass eine Anpassung unumgänglich ist.“ Der Konzern habe die Maßnahme von Anfang an kritisch gesehen und „dafür viel öffentliche Kritik einstecken müssen“ (zum Beispiel von Polestar, d. Red.).

ADAC sieht Vorteile synthetischer Kraftstoffe in Auto-Industrie

Was den klimaschädlichen Schadstoff-Ausstoß von Fahrzeugen betrifft, so hat zum Beispiel der ADAC ein Auge auf künstliches Benzin geworfen. Synthetische Kraftstoffe wie E-Fuels könnten eine Lösung des Problems sein. Dabei handelt es sich um künstlich „designete“ Kraftstoffe, die nicht aus der Rohölförderung stammen. Entscheidend für die Klimabilanz ist der Schadstoff-Ausstoß dieser Treibstoffe. Viele E-Fuels setzen auf Wasserstoff als Grundprodukt.

Ein Elektro-BMW wird geladen: Der Münchner Autobauer erreicht beim E-Auto-Verkauf eine prestigeträchtige Marke.
Elektro-BMW beim Strom tanken: E-Mobilität in Deutschland ist 2024 ins Stocken geraten. © Hendrik Schmidt / dpa

Laut dem ADAC hat das den entscheidenden Vorteil, dass er in der Natur „nahezu unendlich“ vorhanden zu sein. Außerdem ist die Herstellung klimaneutral. Wissenschaftler reden hier von „strombasierten“ Kraftstoffen, weil der Wasserstoff per Elektrolyse von Wasser freigesetzt werden muss.

China-Politik der USA versetzt Brüssel in „Sorge“

Allerdings herrscht in Europa vor allem ein Problem der fehlenden Wertschöpfungskette. Besonders gefährlich ist das, weil China lange freie Hand hatte, um sich stark am Markt zu positionieren. Konzerne wie BMW, die in China einen Großteil ihres Geschäfts machen, sind abhängig und verletzlich angesichts massiver chinesischer Subventionen, die die heimischen Autohersteller rundheraus bevorzugen. Kein Wunder, dass ein angespanntes Wirtschaftsverhältnis zu China besteht.

Erst am Dienstag (14. Mai) hatten die USA China mit umfangreichen Erhöhungen ihrer Strafzölle auf chinesische Produkte, darunter Elektroautos, unter Druck gesetzt. Teils handelte es sich um eine glatte Vervierfachung bereits bestehender Strafzölle. Wie China und Europa reagieren werden, ist noch unklar. Fest steht lediglich, dass Brüssel die angekündigten US-Zollerhöhungen „mit Sorge“ registriert hatte. Bernd Lange (SOD), Vorsitzender des Handelsausschusses im Europaparlament, warnte am Dienstag vor „Kollateralschäden, insbesondere für Europa“. Durch die Strafzölle würden mehr E-Autos aus China in die EU kommen.

Den USA warf er „Protektionismus“ vor. Europas Lieferketten seien stärker mit China verflochten als die in Amerika, dementsprechend müsse Europa eigenständig handeln und sich „nicht vor fremde Karren spannen lassen“.

Technologie-Offenheit: Für BMW sind nicht nur E-Autos wichtig

Für BMW steht dagegen fest, dass europäische Zölle nicht die richtige Lösung seien. Auch am Rande der Veröffentlichung der Quartalszahlen warnte der BMW-Vorstandsvorsitzende vor der Einführung von EU-Strafzöllen auf chinesische E-Autos. Er sei für „freien Handel“, sagte Zipse laut Agence France-Press (AFP). Die Anti-Subventionsuntersuchung der EU seien „genau das Gegenteil“ und Strafzölle würden auch europäischen Herstellern schaden.

Laut dem CEO zeige ein näherer Blick auf die Importe aus China, „wie schnell man sich da ins Knie schießen kann“. Weit mehr als die Hälfte aller aus China eingeschifften E-Fahrzeuge 2023 würden von westlichen Herstellern wie Tesla, Dacia und BMW stammen.

Der Verantwortliche von BMW untermauert in der FAZ die Konzernstrategie der Technologie-Offenheit: „Wir glauben fest an die Zukunft der E-Mobilität. Aber eben nicht ausschließlich.“ Immer wieder haben Manager des Herstellers zuletzt die Bedeutung hervorgehoben, auch in der Zukunft auf Antriebsvarianten abseits der E-Mobilität zu setzen. So sprach der Bereichsleiter Nachhaltigkeit und Mobilität gegenüber Auto Motor und Sport davon, „auf Marktentwicklungen flexibel reagieren“. (PF, Material von AFP)

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