Rückkehr nach Russland? Ausländische Firmen schauen sich um – und müssen Konkurrenz beachten

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Tausende Unternehmen haben Russland wegen des Ukraine-Kriegs verlassen. Nun arbeiten einige von ihnen offenbar an einer Rückkehr – unter erschwerten Bedingungen.

Moskau – Nordkorea scheint der Grund zu sein, warum Südkorea besonders intensiv auf die Entwicklung im Ukraine-Krieg schaut. So finden immer wieder Einschätzungen von Seouls Militär zur Rolle des nördlichen Nachbarn den Weg an die Öffentlichkeit. Zu Art und Umfang der Unterstützung, die Pjöngjangs Machthaber Kim Jong-un Russlands Präsident Wladimir Putin bei seiner Invasion gewährt, aber auch zu den Verlusten.

Auch die Firmen aus Südkorea scheinen den Fortgang im Kriegsgebiet immer intensiver zu verfolgen. Und zu hoffen, dass die Bemühungen von US-Präsident Donald Trump um einen Frieden schnell Früchte tragen. Erste Konzerne bereiten offenbar schon Schritte vor, um die Produktion in Russland wieder anlaufen zu lassen.

Westliche Firmen vor Russland-Rückkehr? „Eine Reihe von Vorstandschefs sind hingereist“

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) erwähnt das Unternehmen LG aus der Elektronik-Branche, das zumindest testweise seine Maschinen in einer Moskauer Fabrik wieder anlaufen lassen habe. Ein Konzern-Sprecher habe russischen Medien dazu gesagt, da es Anzeichen auf ein mögliches Kriegsende gebe, soll nach mehrjährigem Stillstand Rost vorgebeugt werden.

Wladimir Putin steht an einem Auto und greift nach dem Türgriff
Werden bald wieder deutlich mehr Autos in seinem Land produziert? Russlands Präsident Wladimir Putin kann auf die Rückkehr ausländischer Unternehmen hoffen. © IMAGO / SNA

Der südkoreanische Autobauer Hyundai bereitet sich augenscheinlich ebenfalls darauf vor, das Geschäft in Russland wieder aufzunehmen. Tochterfirmen suchen über den größten russischen Online-Personalbeschaffer HeadHunter Logistiker oder IT-Spezialisten. Medien in Seoul sehen dies als Zeichen einer geplanten Wiederaufnahme der Tätigkeit vor Ort.

Die Unternehmen aus Fernost sind aber offenbar alles andere als eine Ausnahme. Die dpa zitiert einen Kenner der deutschen Wirtschaft, der verrät: „In den letzten Wochen sind eine Reihe von Vorstandschefs nach Russland gereist.“ Noch äußere sich kaum jemand aus Wirtschaftskreisen offiziell, weil das Thema wegen der noch immer geltenden Sanktionen heikel sei.

Russland und westliche Unternehmen: Viele Großkonzerne sind noch skeptisch

Das unabhängige russische Portal The Bell berichtete bereits Anfang März, es habe bei mehr als 60 der nach dem Umsatz größten ausländischen Unternehmen, die Russland den Rücken gekehrt haben, bezüglich einer möglichen Rückkehr nachgehakt. Lediglich 16 hätten geantwortet und keine der Reaktionen sei positiv gewesen. Ein Nein kam demnach unter anderem von Nissan aus Japan, Nokian Tyres aus Finnland, Henkel oder Ikeas niederländischer Konzernmutter Ingka.

Russland spekuliere jedoch aufgrund der sich entspannenden Beziehungen zu Washington mit dem Comeback von US-Unternehmen. Öffentlich gibt sich Moskau zwar noch zurückhaltend, das Wirtschaftsentwicklungsministerium scheine aber schon an den Bedingungen für die Rückkehrer zu arbeiten.

Dabei seien durchaus „patriotische Regeln“ entstanden: So müssten zurückkehrende Automobilhersteller in Russland mit lokalen Partnern zusammenarbeiten, hätten keinen Anspruch auf Subventionen und seien zu einem vollständigen Technologietransfer verpflichtet.

Südkoreanische Waren für Russland? Die Konzerne LG (l.) und Hyundai arbeiten offenbar an ihrem Comeback im Reich von Wladimir Putin. © IMAGO / NurPhoto, IMAGO / aal.photo

Russland bereit für Rückkehr von Unternehmen: Noch mangelt es an konkreten Anfragen

Kirill Dimitrijew, Leiter des Russischen Fonds für Direktinvestitionen, sagte laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass im TV-Sender Channel One: „Wir sehen eine große Anzahl von Anfragen amerikanischer Unternehmen, auch an uns, im Energiesektor und anderen Bereichen. Aber sie können nur dorthin kommen, wo Russland sie willkommen heißt.“ Zuvor hatte der 49-Jährige die USA besucht, er will den Fokus auf „gemeinsame Partnerschaften“ legen.

Im Finanzsektor scheinen die Firmen zurückhaltender zu sein. Elvira Nabiullina, Leiterin der Zentralbank Russlands, erklärte laut der Tass bei einem Treffen mit der Fraktion der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation: „Was Unternehmen betrifft, die zurückkehren möchten, haben wir aus dem Finanzsektor noch keine Anfragen erhalten.“ Wichtig sei ohnehin, die nationalen Interessen zu berücksichtigen.

Auch der stellvertretende Finanzminister Iwan Tschebeskow musste im Rahmen eines Finanzmarktforums nach Angaben des russischen Mediums RBK zugeben, dass es „noch keine konkreten Anfragen“ ausländischer Unternehmen bezüglich einer Rückkehr gebe. Dagegen würden noch immer Anträge von Konzernen nachkommen, die Russland verlassen wollen. Die Zahlen seien jedoch zurückgegangen, zuletzt seien es vier in einer Woche gewesen.

Iwan Tschebeskow sitzt und blättert in Unterlagen
Es fehlt noch an konkreten Anfragen: Russlands stellvertretender Finanzminister Iwan Tschebeskow kann noch keine Entspannung hinsichtlich zurückkehrender Unternehmen verkünden. © IMAGO / ZUMA Press Wire

Samsung zurück nach Russland? Südkoreaner sollen Marketingsaktivitäten verstärken

Manche Unternehmen könnten sich aber auch regelrecht zurückgetrieben fühlen. Um gegenüber der Konkurrenz nicht entscheidend ins Hintertreffen zu geraten. Wie das anfangs erwähnte LG. So berichtet The Korea Economic Daily, dessen Erzrivale Samsung verstärke seine Marketingaktivitäten in Russland und bereite sich darauf vor, das dortige Werk wieder voll in Betrieb zu nehmen.

Der Elektronik-Konzern habe jedoch betont, es sei noch keine Entscheidung darüber gefallen, ob das Geschäft wieder aufgenommen werde oder nicht. Derweil habe ein LG-Sprecher erklärt: „Wir produzieren eine begrenzte Menge an Waschmaschinen und Kühlschränken aus Lagerbeständen und Materialien unserer russischen Tochtergesellschaft.“

Hyundai offenbar vor Russland-Rückkehr: „Kann Markt nicht so leicht aufgeben“

Hinsichtlich Hyundai erwähnt Korea JoongAng Daily, die Rückkaufoption für das Werk in Russland laufe im Dezember aus. Die Marke Hyundai sei bei Rospatent, Russlands Föderalem Dienst für geistiges Eigentum, neu registriert worden. Offenbar um zu verhindern, dass sie nach drei Jahren ohne Nutzung annulliert wird. Auch der Autohersteller will eine Rückkehr jedoch nicht bestätigen, sondern betont, es sei noch nichts entschieden.

„Russland ist ein Markt, den Hyundai nicht so leicht aufgeben kann“, sagt Jeong Min-hyeon, leitender Forscher des Russlands-Teams am Korea Institute for International Economic Policy: „Auch Russland wird Hyundais Rückkehr begrüßen, da es hochwertige Investitionen in die Fertigung anziehen und die Zusammenarbeit mit östlichen statt mit westlichen Ländern ausbauen muss.“ Der Russland-Experte schätzt, dass die Verhandlungen bald beginnen werden.

Der Artikel erwähnt jedoch auch, dass Renault ebenso über eine Russland-Rückkehr nachdenkt wie Toyota. Die Japaner sollen sich sogar schon mit ehemaligen russischen Händlern in Dubai getroffen haben. Im Vergleich zu anderen Autobauern wie General Motors sei Hyundai aber in der Pole Position – weil sich die Südkoreaner mit der Rückkaufoption des Werks ein Hintertürchen offen gelassen haben. Eine Entscheidung mit Weitblick, wie sich jetzt zeigt. (mg)

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