Seine Superkraft sind Hunde: „Gassi Guy“ Oliver Kantschuster bietet ungewöhnliche Dienstleistung an

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Geretsried-Wolfratshausen
  4. Geretsried

Kommentare

In sein Herz geschlossen hat Oliver Kantschuster den Border-Collie-Rüden Koda. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Oliver Kantschuster, ein 40-jähriger Geretsrieder, ist als „Gassi Guy“ bekannt. Er geht mit Hunden spazieren, deren Besitzer keine Zeit haben oder gesundheitlich nicht dazu in der Lage sind.

Geretsried – Koda saust in einem großen Bogen über die Wiese, dreht um und rennt zurück auf Oliver Kantschuster zu. Der erwartet den Border Collie schon mit einem Leckerli in der Hand. „Du bist ein ganz Toller“, lobt er den Rüden, bevor die beiden weitergehen.

Wer Koda und Kantschuster zusammen sieht, bemerkt sofort die enge Bindung zwischen dem 40-Jährigen und dem Vierbeiner. Koda hört auf das, was Kantschuster sagt. Und dabei ist Koda gar nicht Kantschusters Hund. Koda gehört eigentlich einer Familie aus Geretsried. Der 40-Jährige geht nur mit ihm spazieren – so wie aktuell noch mit neun anderen Hunden. Als „Gassi Guy“ führt der Geretsrieder Hunde aus, weil ihre Besitzer nicht so viel Zeit haben oder aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage dazu sind.

Weg vom Schreibtisch, raus in die Natur

Hunde sind aus dem Leben des 40-Jährigen nicht wegzudenken. „Die längste Zeit, die ich ohne Hund war, war vielleicht ein halbes Jahr“, sagt Kantschuster, der selbst eine Hündin aus dem Tierheim hat, und streichelt liebevoll über Kodas schwarz-weißen Kopf. Dennoch, mit den Vierbeinern zu arbeiten, kam ihm erstmal nicht in den Sinn. Ein Schicksalsschlag in seinem näheren Umfeld und das Zutun seiner Partnerin brachten ihn dann aber zum Umdenken. „Ich habe mich gefragt, was mir wirklich wichtig ist“, erzählt er. Dabei hatte Kantschuster auch immer die Natur im Kopf. Der entscheidende Impuls kam von seiner Partnerin, als sie ihm sagte: „Deine Superkraft sind Hunde!“

Aktuelle Nachrichten aus Geretsried lesen Sie hier.

Sofort setzte sich Kantschuster an den PC, erstellte eine Homepage und Flyer – und hatte kurz darauf um den Jahreswechsel schon seine ersten Kunden. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich gleich so durchstarte“, sagt er und lacht. Seinen „richtigen“ Job bei einer Versicherung kündigte er aber nicht, stattdessen konnte er auf Teilzeit reduzieren. „Ich habe schnell gemerkt, dass ich mit Vollzeitjob und Gassigehen an meine Grenzen stoße“, erzählt er.

Auch zum Tierarzt bringt er die Vierbeiner

Inzwischen führt Kantschuster regelmäßig zehn Hunde spazieren. Dabei verfüttert er etwa ein Kilo Leckerlis in der Woche. Außer Koda, der immer mal wieder stehen bleibt und links und rechts am Wegesrand schnüffelt, gehören beispielsweise ein Neufundländer, ein Cockerspaniel und ein Labrador zu seiner festen Besetzung auf den Gassi-Runden. Der Geretsrieder geht mit ihnen spazieren, etwa, weil ihre Besitzer nach Corona nicht mehr so viel im Homeoffice arbeiten können und wieder ins Büro mussten. Andere schaffen es einfach gesundheitlich nicht mehr. Zum Tierarzt bringt der 40-Jährige die Haustiere ebenfalls, sollte jemand nicht mehr mobil sein. Und er kümmert sich um Hunde, Katzen oder andere Kleintiere, wenn die Besitzer mal nicht da sind, füllt Futter auf und schmust mit den Tieren.

Bevor der Geretsrieder einen Hund zum Gassigehen übernimmt, steht immer ein erstes Kennenlernen an. „Ich schaue, wie sich der Hund verhält, ob es Besonderheiten gibt, beobachte, wie gut er hört und ob er an der Leine geht. Wenn ich ein gutes Gefühl habe, sage ich zu. Ich habe schließlich auch Verantwortung für das Tier.“ Seine Erfahrungen mit seinen eigenen Hunden helfen ihm viel, aber er hat auch einige Bücher gelesen „und man muss das Eigenleben der verschiedenen Rassen kennen.“

Zu Kantschusters Service gehört ein Hol- und Bringdienst

Zurzeit geht er viermal am Tag für je eineinhalb Stunden Gassi. „Es ist schwer, gemeinsame Uhrzeiten zu finden“, erklärt der 40-Jährige und reicht Koda noch ein Leckerli. Das will er aber in Zukunft mehr und mehr unter einen Hut bringen. 39,90 Euro kostet ein einmaliges „Gassi-Abenteuer“, wie es Kantschuster auf seiner Internetseite nennt. Für wiederkehrende Spaziergänge werden 34,90 Euro fällig. Kantschuster holt die Hunde ab und bringt sie danach auch wieder zu seinen Besitzern. Dafür hat er sich extra einen größeren Wagen gekauft.

(Unser Wolfratshausen-Geretsried-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)

Manche Vierbeiner erkennen ihn schon am Auto

Koda zum Beispiel erkennt sein Auto schon, wenn der 40-Jährige vorfährt. „Er steht dann schwanzwedelnd da und ist ganz aufgeregt, wenn es an der Tür klingelt“, erzählt Kantschuster, der den schwarz-weißen Rüden gleich ins Herz geschlossen hat. „Man baut schon eine sehr innige Beziehung zu den Tieren auf“, sagt der Geretsrieder.

Irgendwann will er den Gassi-Service in Vollzeit anbieten und davon leben können. Seine größte Bestätigung? Der Fall einer Familie aus Gelting. Sie wollte schon lange einen Hund, aus beruflichen Gründen ging es aber nie. Als sie von Kantschusters Gassi-Dienst hörte, hat sie endlich einen Hund aus dem Tierheim bei sich aufgenommen. Der 40-Jährige übernimmt die Spaziergänge, wenn die Familie es einmal nicht schafft. „Dass durch mich ein Hund aus dem Tierheim ein neues Leben bei einer Familie anfangen darf, freut mich sehr.“

Infos im Internet: www.dergassiguy.de

Auch interessant

Kommentare