Kursk-Vorstoß der Ukraine: Putin verwirrt mit abstrusem Vergleich

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Bei seinem Besuch zum 20. Jahrestag des Terroranschlags in Beslan redete Putin mehr über Russlands Feinde als über die Opfer – und schlägt einen Bogen zu Kursk.

Moskau – Der russische Präsident Wladimir Putin hat anlässlich des 20. Jahrestags der blutigen Geiselnahme in einer Schule in Beslan in der Kaukasusregion Nordossetien einen wirren Vergleich gezogen: Er sieht Paraellen zwischen dem Anschlag von damals und dem gegenwärtigen Einsatz der ukrainischen Armee in der russischen Grenzregion Kursk. Putin sprach von Terrorismus.

So wie Moskau im Jahr 2004 in Beslan „Terroristen bekämpft“ habe, müsse es heute „diejenigen bekämpfen, die Verbrechen in der Region Kursk begehen“, sagte Putin am Dienstag (20. April) bei seinem Besuch in Beslan. Zum Hintergrund: Mit der vor rund zwei Wochen gestarteten Gegenoffensive in Kursk hat die von Russland angegriffene Ukraine den Krieg erstmals auf das Gebiet des Gegners verlagert.

Geiselnahme von Beslan: Tschetschenische Rebellen überfallen Schule

Nun nutzte Putin die Gedenkfeier des Anschlags in Beslan, um sich zu der Offensive Kiews zu äußern. Bei der Geiselnahme in Beslan hatten damals Tschetschenische Rebellen mehr als tausend Menschen in ihre Gewalt gebracht, unter ihnen hunderte Kinder. Bei der Erstürmung der Schule durch russische Sicherheitskräfte am 3. September 2004 wurden mehr als 330 Menschen getötet, unter ihnen 186 Kinder. Die Geiselnahme in der Kaukasusregion hatte sich inmitten eines Aufstands von islamistischen Tschetschenen ereignet, die für ein unabhängiges Tschetschenien kämpften und von Putin als „Terroristen“ eingestuft wurden.

Bei seinem Besuch legte Putin rote Rosen an Denkmälern für die Opfer und die bei ihrem Einsatz in der Schule getöteten Soldaten nieder, wie der Kreml mitteilte. Anschließend begab er sich zu dem Schulgebäude, das am 1. September 2004 überfallen worden war. Es war das erste Mal, dass Putin, der damals bereits Präsident war, den Ort der Geiselnahme besuchte.

Bei einem Treffen mit Müttern, die während der Belagerung ihre Kinder verloren hatten, sagte Putin mit Bezug auf die Ukraine, dass die Feinde Russlands erneut versuchten, das Land zu destabilisieren. „Aber genau, wie wir unsere Ziele im Kampf gegen den Terrorismus erreicht haben, werden wir diese Ziele auch im Kampf gegen Neonazis erreichen“, fügte Putin mit Blick auf die ukrainische Regierung vor drei Frauen hinzu, die der Vereinigung Mütter von Beslan angehören. „Und wir werden die Verbrecher zweifellos bestrafen, daran kann es keinen Zweifel geben.“

Kritik an Kreml: Hinterbliebenen fehlt eine objektive Untersuchung des Angriffs

Putin und seine Regierung waren damals für ihre Reaktion auf die Geiselnahme kritisiert worden. Bei dem Treffen am Dienstag (20. April) bemängelte die Organisation Mütter von Beslan, dass die Untersuchung zum genauen Ablauf der Geiselnahme nie abgeschlossen worden sei, wie ihre Co-Vorsitzende Aneta Gadijewa dem Nachrichtenportal Agenztwo sagte. Anders als Putins Äußerungen zur Ukraine wurde dieser Teil des Gesprächs nicht im russischen Fernsehen übertragen.

Gadijewa sagte, Putin habe den Müttern geantwortet, dass er nicht gewusst habe, dass die Untersuchung der Geiselnahme nicht abgeschlossen worden sei. Er kündigte demnach an, den Leiter des für die Aufklärung schwerer Straftaten zuständigen russischen Ermittlungskomitees zum Einschreiten aufzufordern.

Europäische Menschenrechtsgerichtshof bescheinigt russischen Behörden ernsthafte Versäumnisse

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hatte den russischen Behörden 2017 „ernsthafte Versäumnisse“ beim Umgang mit der Geiselnahme bescheinigt. Sie hätten nicht genug getan, um die Tat zu verhindern, und dann exzessiv Gewalt angewendet. In dem Urteil war Moskau aufgefordert worden, Maßnahmen zur Ergründung des tatsächlichen Tatablaufs zu ergreifen.

Terroranschlag in Moskau
Blick auf die bei einem Terroranschlag beschädigte Konzerthalle Crocus City Hall. © Bai Xueqi/XinHua/dpa

Im März 2024 wurde Russland von einer ähnlich schweren Gewalttat erschüttert. Bei einem Anschlag auf die Konzerthalle Crocus City Hill in einem Vorort von Moskau wurden 145 Menschen getötet. Zu der Tat bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat. (bg/dpa)

Auch interessant

Kommentare