In Washington herrscht unter den Bundesangestellten Panik: Die USA drohen, ihre Schuldenobergrenze zu überschreiten. Politik-Experte Joachim Krause erklärt, warum der Streit um die Finanzierung des Staates die Zukunft von Donald Trump und der US-Wirtschaft gefährdet.
In der amerikanischen Hauptstadt Washington herrscht unter Angestellten des Bundes Panik. Es kann sein, dass in wenigen Tagen der Bund keine Gehälter mehr zahlen kann, weil es keinen vom Kongress verabschiedeten Haushalt gibt. In den USA gibt es eine Schuldenobergrenze, die anders als bei uns nicht im Grundgesetzt verankert ist, sondern vom Kongress in Abstimmung mit dem Präsidenten festlegt wird.
Im Juli 2023 wurden diese Obergrenzen zuletzt festgelegt, die Gültigkeit läuft Ende des Jahres aus. Es hatte in den vergangenen Tagen im Kongress unter Demokraten und Republikanern eine Einigung darüber gegeben, dass ein Zwischenhaushalt mit einer erhöhten Obergrenze verabschiedet wird, der bis Ende März 2025 gelten soll.
Über den Experten Joachim Krause
Prof. Dr. Joachim Krause ist Direktor Emeritus des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel und Chefredakteur von SIRIUS. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter und später als Privatdozent tätig. Neben seiner akademischen Laufbahn hat er an internationalen diplomatischen Missionen teilgenommen. Seine Forschungsarbeit ist in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen dokumentiert.
Trump und Musk mischen sich ein
Alles schien klar, bis erst Elon Musk und dann auch Donald Trump gegen diese Vereinbarung Sturm liefen. Das ging hin bis zu Drohungen an republikanische Abgeordnete und Senatoren, dass man dafür sorgen werde, dass diese bei der nächsten Vorwahl nicht mehr aufgestellt werden. US-Präsident Trump wollte, dass der Kongress für mindestens zwei Jahre auf die Schuldenobergrenze verzichte und ihm freie Hand lasse.
Nachdem der eingeschüchterte Sprecher des Repräsentantenhauses und Trump-Anhänger, Mike Johnson, eine Neuvorlage auflegte, die dem Wunsch Trumps entgegenkam und die Schuldenobergrenze bis 2027 suspendierte, scheiterte er auch an Abgeordneten seiner eigenen Partei. Alles hängt jetzt in der Luft.
Der Weg in die Krise
Dieses Schauspiel vermittelt einen Einblick in das, was nach dem Amtsantritt Donald Trumps im Januar 2025 blüht. Es droht das finanzielle Chaos. Trump will einerseits Steuersenkungen vornehmen und andererseits einen Milliardenschweren Zaun an der Grenze zu Mexiko bauen, Millionen von illegalen Einwanderern internieren und ausweisen und vieles andere mehr.
Dazu braucht es zusätzlicher Schuldenaufnahme. Die USA haben derzeit eine öffentliche Verschuldung in Höhe von 36 Billionen US Dollar, das sind etwa 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das ist eine Größenordnung, die als grenzwertig gilt.
Dank der Steuersenkungen in der ersten Trump-Ära hat der Bund in den USA Mindereinnahmen gehabt, die allein zwischen Juni 2023 und Dezember 2024 zu einer Zunahme der Verschuldung um mehr als 5 Billionen US-Dollar geführt haben.
Bislang galten die Demokraten als Verursacher von mehr und mehr Schulden, inzwischen hat sich die Republikanische Partei unter Trump zum hauptsächlichen Motor für Staatsverschuldung erwiesen. Trump will das Defizit auf zweierlei Art vermindern: durch die Erhebung von Zöllen auf Importe und durch den massiven Abbau der Bundesverwaltung.
Doch Zölle sind ein zwiespältiges Instrument: sie helfen im Augenblick, haben aber mittelfristig eher negative Auswirkungen und dienen nicht der dauerhaften Staatsfinanzierung. Sie spornen die Inflation an und schaden langfristig der US-Wirtschaft, weil andere Länder ebenfalls Zölle auf US-Produkte erheben werden.
Der Abbau der Bundesverwaltung soll 2 Billionen Dollar einsparen. Diese Rechnung kann nicht aufgehen, denn selbst, wenn alle Bundesangestellten entlassen werden, wären nicht einmal eine Billion Dollar Ersparnis zu verzeichnen.
"SIRIUS – Zeitschrift für Strategische Analysen" herausgegeben von Joachim Krause
Ein Milliardär unter Druck
Die Unternehmer Elon Musk und Vivek Ramaswamy machen derzeit Pläne, wie Trump die Bundesverwaltung verkleinern könnte. Bislang haben sie vorgeschlagen, dass alle Stellen der Bundesverwaltung im Bereich Gleichstellung, Diversität und Inklusion gestrichen werden sollen. Das ist möglich, bringt aber von der Größenordnung her nichts.
Tiefere Einschnitte können hingegen erhebliche Schäden anrichten – etwa in der Gesundheitsversorgung, dem Verkehrswesen und der inneren Sicherheit.
Was zudem auffällt ist die Rolle des Milliardärs Elon Musk, der sich anmaßt, direkt gewählte Abgeordnete des Repräsentantenhauses zu maßregeln und ihnen anzudrohen, dass er dafür sorgen werde, dass sie nicht wieder aufgestellt werden.
Bei einer zweijährigen Amtsperiode im Repräsentantenhaus ist das eine verdammt wirksame Drohung, nicht zuletzt, weil er das Ohr des künftigen Präsidenten hat, sondern auch, weil er die Plattform X für seine Botschaften nutzt, auf der er mehr als 200 Millionen follower hat. Was das mit der amerikanischen Demokratie macht, kann man sich lebhaft ausmalen.
Dieser Content stammt vom FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Bereich. Sie sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.
