Achtung Grenzkontrolle! Warum Tirol keinen Cannabis-Tourismus will
Die Kontrollen zwischen Mittenwald und Scharnitz werden in den kommenden Wochen und Monaten deutlich schärfer. Jenseits der Porta Claudia möchten die Tiroler Drogen-Tourismus unterbinden, seit das Kiffen in Deutschland legal ist. Was Grenzgänger dabei wissen sollten.
Mittenwald – Die Frage kennt wohl jeder Autofahrer. „Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte. Haben Sie kürzlich Alkohol getrunken?“ Doch die aktuellen Kontrollen an der Grenze Mittenwald-Scharnitz gestalten sich seit dem 1. April 2024 etwas anders. Jenem Tag, an dem Deutschland den historischen Beschluss umsetzte, Cannabis teilweise zu legalisieren. „Haben Sie kürzlich rauschgiftähnliche Substanzen konsumiert?“, lautet jetzt die Frage. Dann leuchten die Beamten mit einer Taschenlampe in die Augen des Fahrers. „Schauen Sie nach rechts, nach links. Bitte die Augen kreisen lassen.“ Nach wenigen Minuten ist die Kontrolle vorbei, der Autofahrer darf passieren – es sei denn, es wird festgestellt, dass er tatsächlich einen Joint vor der Tour geraucht hat.
Österreich reagierte sofort auf Cannabis-Gesetz – und verschärfte Kontrollen
Österreich hat auf das neue Cannabis-Gesetz umgehend reagiert und die Grenzkontrollen bei Scharnitz deutlich verschärft. Polizei und Politiker bei den österreichischen Nachbarn sind besorgt und fürchten einen Anstieg an Drogenlenkern. Es gilt zudem, grenzüberschreitenden Suchtmittelhandel zu bekämpfen. An der Grenze sollen deshalb ausgebildete Spezialisten zum Einsatz kommen, die Symptome von Suchtmittelbeeinträchtigungen rasch erkennen können, teilt das Land Tirol mit.
Das aktuelle Gesetz ist kein Freibrief.
In Deutschland ist das neue Cannabis-Gesetz in manchen Punkten recht schwammig. Bisher gibt es nämlich bei Konsum am Steuer noch immer keinen gesetzlichen Grenzwert wie die 0,5-Promille-Marke bei Alkohol. „Etabliert hat sich in der Rechtsprechung aber ein Wert von 1,0 Nanogramm THC im Blutserum, ab dann drohen bisher Sanktionen“, teilt Katja Fastrich vom ADAC mit. Deshalb gilt in Deutschland nach wie vor das alte Gesetz: Unabhängig davon, ob jemand beeinträchtigt ist oder nicht, gilt er oder sie als Drogenlenker oder -lenkerin, wenn THC im Körper vorhanden ist – und wird entsprechend bestraft.
Cannabis und Autofahren – Rechtslage ändert sich bei Grenzübertritt
„Das aktuelle Gesetz ist kein Freibrief“, erklärt Polizeihauptkommissar Hubert Hohenleitner von der PI Garmisch-Partenkirchen. Bedeutet: Noch immer greift bei Cannabis am Steuer der Paragraf 24a im Straßenverkehrsgesetz. Dieser besagt: Wer „unter Wirkung“ eines berauschenden Mittels wie Cannabis ein Kraftfahrzeug führt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Das trifft ein, sobald im Blut Spuren von Gras nachgewiesen werden können. Vor Gericht gab es in der Vergangenheit Sanktionen ab einem Wert von einen Nanogramm THC je Milliliter Blut. Experten weisen darauf hin, dass dieser Wert bereits bei einmaligem Ziehen und über Stunden, wenn nicht sogar Tage noch im Blut nachgewiesen werden kann.
Die Strafen für das berauschte Lenken eines Autos gehören zu den schärfsten, die das österreichische Verkehrsrecht kennt.
Grenzgänger müssen in besonderem Maße nun aufpassen, denn „die Rechtslage ändert sich mit dem Übertritt auf österreichisches Staatsgebiet drastisch“, sagt Pressesprecher Paul Eidenberger vom Bundesministerium des Innern in Wien dem Tagblatt. In Österreich ist ausnahmslos jede positive Feststellung des Drogenkonsums beim Lenken eines Fahrzeugs strafbar. „Es gibt hier also keine Grenzwerte analog dem Alkohol.“
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„Klinische Untersuchung im Verdachtsfall“ – Cannabis-Lage in Österreich scharf beurteilt
Bedeutet: Wer in Mittenwald kifft und selbst nach Stunden ins Auto steigt, um nach Scharnitz zu fahren, bekommt Probleme: „Es gibt eine klinische Untersuchung im Verdachtsfall“, erklärt Eidenberger. Dann erfolgt eine medizinische Einschätzung der Berauschung durch einen Arzt im öffentlichen Dienst. Ob der dann in der Inspektion in Seefeld sitzt oder gar in Innsbruck, würde spontan entschieden. Wer erwischt wird, begeht keinesfalls ein Kavaliersdelikt, betont Eidenberger: „Die Strafen für das berauschte Lenken eines Autos gehören zu den schärfsten, die das österreichische Verkehrsrecht kennt.“
Zudem ist weiterhin jeder Besitz verbotener Rauschmittel in Österreich verboten. „Es gibt hier auch keine Grenzmengen für den Eigenbedarf oder ähnliches.“ Also wer beispielsweise am Riedboden spaziert mit Marihuana in der Tasche, macht sich spätestens ab der Isarbrücke in Richtung Scharnitz – österreichisches Gebiet – strafbar.
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