„Boomer Soli“: Wie viel Rentner dabei wirklich zahlen müssten

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Ein Vorschlag zur Rentenreform polarisiert: Der „Boomer-Soli“ könnte Einkommen ab 1.000 Euro belasten, aber auch Altersarmut gezielt bekämpfen.

München – Die Diskussion um den „Boomer-Soli“ gewinnt zunehmend an Schärfe. Befürworter sehen in der Abgabe von zehn Prozent auf Alterseinkünfte einen wichtigen Schritt zur Stabilisierung des Rentensystems und zur Bekämpfung von Altersarmut. Gegner hingegen kritisieren den Vorschlag als unfair und warnen vor Fehlanreizen für die Altersvorsorge. Doch was bedeutet der „Boomer-Soli“ konkret für Rentner, und worin liegen die Chancen und Risiken dieses Modells?

Die Einführung eines „Boomer-Soli“ ist aktuell viel diskutiert – doch wen würde die Abgabe treffen? © Wolfilser/IMAGO

Der Begriff „Boomer-Soli“ wurde vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geprägt und beschreibt eine Sonderabgabe von zehn Prozent auf Alterseinkünfte. Betroffen wären Renten, Betriebsrenten, Pensionen, private Rentenversicherungen und sogar Dividenden – allerdings erst ab einem Freibetrag von 1.000 bis 1.048 Euro monatlich, um in erster Linie einkommensstärkere Rentnerhaushalte heranzuziehen.

„Boomer-Soli“ für Rentner: Zielgerichtete Umverteilung oder zusätzliche Belastung?

Laut dem DIW sollen die Einnahmen zweckgebunden sein und ausschließlich zur Unterstützung einkommensschwacher Rentner verwendet werden. „Die Rentenpunkte in der gesetzlichen Rente sind kein guter Indikator für ein hohes oder niedriges Haushaltseinkommen – von daher wäre es wenig zielgenau, nur innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung umzuverteilen“, erklärt DIW-Rentenexperte Maximilian Blesch.

Hinter dem „Boomer-Soli“ steht der demografische Wandel, der das Rentensystem unter Druck setzt. Wenn die geburtenstarke Generation der Babyboomer vollständig in Rente geht, verschärft sich die Lage weiter. Immer weniger Beitragszahler müssen für immer mehr Rentner aufkommen. Mit dem „Boomer-Soli“ könnten alle Generationen einen Beitrag zur Lösung leisten, ohne dass allein die junge Generation durch steigende Beiträge belastet wird.

Ein zentraler Aspekt des „Boomer-Soli“ ist die Höhe der Belastung für Rentner. Laut DIW wären nur Alterseinkünfte oberhalb von 1.000 bis 1.048 Euro betroffen. Für Verbraucher bedeutet das, dass die meisten Durchschnittsrentner von der Abgabe verschont blieben. Doch wer über dem Freibetrag liegt, müsste zehn Prozent seiner Einkünfte als Sonderabgabe zahlen. Ein Beispiel: Bei einer monatlichen Betriebsrente von 1.500 Euro wären etwa 50 Euro fällig.

„Boomer-Soli“: Generationengerechtigkeit oder riskanter Fehlanreiz?

Befürworter sehen den „Boomer-Soli“ als Chance für mehr Generationengerechtigkeit. Laut der Stuttgarter Zeitung erklärt Monika Schnitzer, die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, provokativ: „Die Babyboomer haben nicht genügend Kinder bekommen“. Dadurch hätten sie einen Teil des Generationenvertrags nicht eingehalten und sollten nun stärker zur Lösung der Rentenprobleme beitragen. Laut DIW würde die Abgabe die Armutsrisikoquote im Alter von über 18 auf unter 14 Prozent senken.

Doch der Vorschlag sorgt auch für scharfe Kritik. Der Bund der Steuerzahler warnt, dass bereits Rentner mit durchschnittlichem Einkommen betroffen wären, die keineswegs als wohlhabend gelten. Auch in den Augen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) birgt der Vorschlag Ungereimtheiten und könnte Fehlanreize schaffen.

Was könnte der „Boomer-Soli“ für Verbraucher bedeuten?

Für Verbraucher, insbesondere Rentner, stellt sich die Frage: Lohnt sich private Altersvorsorge noch? Der „Boomer-Soli“ könnte dazu führen, dass monatliche Betriebsrenten oder private Renten weniger attraktiv werden, wenn sie höher besteuert werden als Kapitalauszahlungen. Einkommensstarke Rentner wären besonders betroffen – etwa Beamte mit hohen Pensionen oder Senioren mit privaten Renteneinkünften. Verbraucherverbände fordern deshalb mehr Transparenz und eine Diskussion über Alternativen, wie eine höhere Besteuerung großer Vermögen oder Spitzenverdienste.

Nicht alle Experten sind überzeugt, dass der „Boomer-Soli“ die beste Lösung ist. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) argumentiert, dass eine Umverteilung nur innerhalb der Rentnergeneration zu kurz greife. Stattdessen fordert der DGB eine gerechtere Besteuerung von hohen Einkommen und Vermögen. Auch die Linke plädiert für eine Vermögenssteuer, um die Sozialkassen zu entlasten.

Der „Boomer-Soli“ bleibt ein kontroverser Vorschlag, der viele offene Fragen aufwirft. Für Verbraucher, insbesondere Rentner, ist entscheidend, wie die Details ausgestaltet werden – etwa der genaue Freibetrag und die Bemessungsgrundlage. Klar ist, dass das Rentensystem umfassend reformiert werden muss, um den Herausforderungen des demografischen Wandels gerecht zu werden. Ob der „Boomer-Soli“ Teil der Lösung sein kann, wird von der politischen Debatte abhängen.

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