Treffen von Partei-Spitze - Doch noch der Putsch? Dieser SPD-Zirkel berät über das Schicksal von Scholz
Wer wird Kanzlerkandidat der SPD? Bereits heute Abend kommt ein enger Kreis der Parteiführung zusammen, um eine richtungsweisende Entscheidung zu treffen:
An den Gesprächen nehmen Medienberichten zufolge die wichtigsten Köpfe der SPD teil: die beiden Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil, Generalsekretär Matthias Miersch sowie die fünf stellvertretenden Parteivorsitzenden: Klara Geywitz, Hubertus Heil, Achim Post, Serpil Midyatli und Anke Rehlinger. Diese Gruppe soll darüber beraten, ob Scholz erneut als Kanzlerkandidat antritt oder ob ein Wechsel an der Spitze notwendig ist. Klar ist: Die beiden möglichen Kandidaten sind wohl nicht in der Runde dabei.
Auf Nachfrage von t-online bestreitet die SPD zwar, dass es ein Treffen der Partei-Spitze zur K-Frage geben soll. "Die Meldung ist falsch. Es gibt keine Sitzung, sondern eine regelmäßige Telefonkonferenz mit den stellvertretenden Parteivorsitzenden", so ein Sprecher. Es gehe um die "Organisation des vorgezogenen Wahlkampfs in Bezug auf Daten und Fristen". Doch natürlich findet das Treffen vor der Hintergrund der alles entscheidenden Frage statt: Wer führt die Partei in die nächste Bundestagswahl im Februar? Zur Debatte stehen der amtierende Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius.
Doch wer sind die Mitglieder dieses Zirkels und wie stehen sie öffentlich bislang zu Scholz und Pistorius?
Saskia Esken
Seit 2019 Bundesvorsitzende der SPD, gilt Esken als Vertreterin des linken Flügels der Partei. Esken hat Scholz bisher immer loyal unterstützt. Noch am Montagmorgen nannte sie ihn im „ARD-Morgenmagazin“ den richtigen Kandidaten: „Er ist unser Kanzler und unser Kanzlerkandidat“, bekräftigte sie. Auch die übrigen Mitglieder der Parteispitze stünden hinter Scholz: „Wir gehen gemeinsam in diesen Wahlkampf, das ist beschlossene Sache für uns“, so Esken.
Lars Klingbeil
Klingbeil ist seit 2021 an der Seite von Esken Parteivorsitzender der SPD. Er gehört zum sogenannten Seeheimer Kreis, dem konservativen Flügel der Partei. Als Hannoveraner kommt er wie Pistorius aus Niedersachsen. Trotzdem gilt er als enger Vertrauter von Scholz und bekannte noch am Sonntagabend bei „Miosga“ eindeutig: „Wir wollen mit Olaf Scholz in diesen Wahlkampf gehen. Da gibt es eine Klarheit, da gibt es auch kein Wackeln.“
Matthias Miersch
Seit 2015 ist Miersch Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundesfraktion und seit diesem Oktober neuer Generalsekretär der Partei. Auch er trägt Scholz bisher mit. Der Kanzler habe drei Jahre lang bewiesen, das Land auch in einer schwierigen Situation führen zu können, so Miersch am Sonntag zum „Deutschlandfunk“.
Anke Rehlinger
Rehlinger ist seit 2022 Ministerpräsidentin im Saarland und seit 1. November ebenfalls amtierende Präsidentin des Bundesrates. Für sie ist Scholz der „natürliche und richtige Kanzlerkandidat“. Das sagte sie am Sonntag im Gespräch mit dem „Stern“. Eine erneute Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz sei „eine große Chance“, so Rehlinger.
Hubertus Heil
Der stellvertretende Parteivorsitzende der SPD ist seit 2018 Bundesarbeitsminister. Heil gründete bereits 1999 das „Netzwerk Berlin“. Die Gruppierung sieht sich selbst als „progressiv“ und wird den „Reformern“ in der SPD zugerechnet. Heil bekundete Scholz ebenfalls öffentlich seine Unterstützung: „Er hat die Erfahrung und auch die Kompetenz, die dieses Land braucht“, so Heil im „ARD-Interview der Woche“ über den Kanzler. „Deshalb bin ich im Team Scholz."
Klara Geywitz
Die Diplom-Politologin war bereits Vize-Chefin und Generalsekretärin der Brandenburger SPD, bevor sie vor sechs Jahren zusammen mit Olaf Scholz erfolglos um den Parteivorsitz kandidierte. Scholz und Geywitz, die beide in Potsdam wohnen, sollen sich laut Medienberichten auch privat gut kennen. Sie ist zudem Bauministerin im Scholz-Kabinett.
Geywitz stellt sich klar hinter ihn: „Er wird unser Kanzlerkandidat sein. Es gibt keinen relevanten SPD-Politiker, der in der letzten Zeit eine andere Diskussion geführt hat“, erklärte Geywitz letzte Woche im Fernsehsender „phoenix“.
Serpil Midyatli
Die stellvertretende Parteivorsitzende Serpil Midyatli hat sich kurz vor dem Treffen für Scholz ausgesprochen. "Die SPD und Olaf Scholz sind bereit und treten an, um die Wahl zu gewinnen", sagte Midyatli den "Kieler Nachrichten".
Ihre Zugehörigkeit zum linken Flügel der SPD ließ zuvor schon vermuten, dass sie eher Scholz unterstützt. Pistorius hatte mit Begriffen wie „kriegstüchtig“ beim linken Lager der Partei für Irritationen gesorgt.
Achim Post
Besonders interessant wird es, wie Vize Achim Post agieren wird. Der SPD-Politiker und Vorsitzende der mächtigen NRW-Landespartei hat bisher keine klare Position erkennen lassen. Seine Kollegin Sarah Philipp, ebenfalls Vorsitzende in NRW, hält laut „Bild“-Informationen beide Kandidaten für qualifiziert. Die Führung der Landesgruppe, die die Bundestagsabgeordneten aus NRW repräsentiert, sorgte bereits gestern mit einer starken, aber nicht vollständigen Unterstützung für Pistorius und dem Hinweis auf „viel Zuspruch“ für den Minister für Aufsehen in der Partei.