USA senden ausrangierte F-16 zum Ausschlachten an Ukraine-Front
Gebrauchte Rümpfe und frische Teile: Donald Trump zeigt sich großzügig, um die F-16-Flotte der Ukraine funktionsfähig zu halten. Was dringend nötig ist.
Washington D.C. – „Der Westen kämpft um die Aufrechterhaltung der ukrainischen F-16-Flotte“, schreibt Harrison Kass. Wie verschiedene Medien neben The National Interest aufgrund einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters berichten, fleddern die USA gerade einen Flugzeugfriedhof auf dem Luftwaffenstützpunkt Davis-Monthan in Arizona. Gegen Wladimir Putins Invasionsarmee benötigt die Ukraine offenbar jetzt Ersatzteile, um ihre Flotte von F-16-Maschinen in der Luft zu halten. Die fehlenden neuen Teil hätten schon zu Abnutzungserscheinungen an den bisher gelieferten einsatzfähigen Maschinen geführt – zusammen mit den zugesagten Maschinen wird die ukrainische F-16-Flotte auf 80 Kampfjets anwachsen.
Wie das Magazin The War Zone (TWZ) berichtet, habe ein Sprecher der US-Luftwaffe bestätigt, die USA hätten „die Versorgung der von Europa gespendeten F-16-Kampfflugzeuge mit der Ukraine unterstützt, indem sie der Ukraine ausgediente und völlig funktionsunfähige F-16-Kampfflugzeuge als Ersatzteillieferanten zur Verfügung gestellt“ habe. Die Maschinen seien bereits ausgemustert und nicht flugfähig. Triebwerke, Radar, Seitenleitwerk, Bugspitze und Tragflächen seien längst demontiert, und sie würden sich zu nichts anderem eignen als zum Ausschlachten.
Ukraine-Krieg: Neues US-Hilfspaket 310 Millionen schwer und beinhaltet Trainings- und Wartungsausrüstung
Die USA hatten sich bereits unter ihrem vorherigen demokratischen Präsidenten Joe Biden verpflichtet, die Ukraine auch bei der Wartung der aus Europa gespendeten Maschinen zu unterstützen, wie Ende vergangenen Jahres das Magazin Defense Post berichtet hatte: Das Paket umfasste Wartungsdienste, Schulungen und Ersatzteile im Wert von schätzungsweise 266,4 Millionen US-Dollar. Wie das Magazin Bulgarian Military meldet, hatte auch Nato-Partner Belgien Anfang April angekündigt, vier weitere F-16 in die Ukraine zu senden – zwei davon explizit als Ersatzteil-Träger. Laut dem Magazin seien die Maschinen zum Ausschlachten aber noch flugfähig. Laut TWZ hat auch Norwegen zehn Maschinen als Ersatzteillager zugesagt.
„Der geplante Verkauf steht im Einklang mit den Zielen der US-Außenpolitik und der nationalen Sicherheit, indem er die Fähigkeiten eines wichtigen Partners stärkt, der zur politischen Stabilität und zum wirtschaftlichen Fortschritt in Europa beiträgt.“
Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, sei das aktuelle Paket aber 310 Millionen Dollar schwer und beinhaltet ebenfalls Trainings- und Wartungsausrüstung für F-16-Flugzeuge sowie zugehöriger Ausrüstung – Reuters spricht von einer gerade erteilten Genehmigung durch das US-Außenministerium, insofern liegt nahe, dass die aktuell verladenen Rümpfe aus einer früheren Bestellung stammten und die US-Regierung nachlegen werde.
Auch der inzwischen geschlossene Rohstoff-Deal zwischen den USA und der Ukraine deutet darauf hin, weil US-Präsident Trump an den Deal die Neuauflage der Waffenlieferungen geknüpft hatte. Wie das Portal United24 berichtet, umfasse das neue Paket Flugzeugmodifikationen sowie -aufrüstungen, die Ausbildung von Piloten und Wartungspersonal, Ersatzteile und Verbrauchsmaterialien sowie Bodenausrüstung. Die Ukraine scheint frei zu sein in der Wahl der Anbieter. Die USA wollen offenbar auch vertrauliche sowie nicht vertrauliche Software, technische Publikationen und Dokumentationen, technische und logistische Unterstützung sowie zusätzliche Programmmanagementleistungen bereitstellen sowie im Anschluss warten, schreibt Unitedt24-Autor Iwan Chomenko.
Luxusgut Kampfjet: Sicherstellung der Einsatzfähigkeit einer F-16 könnte bis zu fünf Millionen verschlingen
Die Sicherstellung der Einsatzfähigkeit einer F-16 könnte bis zu fünf Millionen Euro verschlingen. Pro Maschine. Pro Jahr. Damit rechnen John Hoehn und William Courtney vom kalifornischen Thinktank RAND – Kosten für Raketen- und Bewaffnung exklusive. Mit der Frage der Mach- und Finanzierbarkeit hatte sich auch der Wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses im März 2023 beschäftigt – als das Für und Wider der Lieferung von F-16 an die Ukraine weltweit diskutiert wurde.
Überlegt worden war auch die Alternative einer Vertragslösung für die Reparatur, wie das mit den Panzern in Litauen schon praktiziert wird. Die Analysten hatten sich dann doch für die Ausbildung eigener ukrainischer Techniker entschieden, um der Ukraine mehr Autonomie zu verschaffen: Allerdings warnten sie davor, dass die Ausbildung bestimmt Monate dauern würde, wenn nicht sogar Jahre – je nach gewünschtem Ausbildungsgrad.
Schließlich seien die ukrainischen Mechaniker die Wartungs-Standards der Sowjet-Maschinen gewohnt und deren technische Komponenten. Dazu addiere sich die Wartungsintensität: Jede einzelne Flugstunde würde 16 Wartungsstunden nach sich ziehen. Abgesehen von den Aufwendungen der Logistik. Jede F-16 benötige etwa zehn Personen, um das Flugzeug zu bedienen, einschließlich der beiden Piloten, sagte General Arnoud Stallmann laut dem britischen Guardian.
Sendung für Selenskyj: In Schrumpffolie eingeschweißte F-16-Rümpfe
Die Versorgung der Ukraine mit F-16-Altmetall war erstmals durch Fotos auf der Social Media-Plattform X bekannt geworden. Die Aufnahmen zeigen in Schrumpffolie eingeschweißte F-16-Rümpfe, die am Tucson International Airport in Arizona in einen An-124-Transporter mit ukrainischen Hoheitszeichen verladen worden waren. Die TWZ-Autoren Thomas Newdick und Howard Altman berichten, dass laut öffentlich einsehbaren Flugdaten die Maschine aus Arizona schließlich auf dem Flughafen Rzeszów-Jasionka im Südosten Polens gelandet sei. Genau wie mit Kampfpanzern westlicher Herkunft gilt also auch für die Kampfjets, dass sie zur Wartung in Polen an die Box rollen.
Laut TWZ bestünde allerdings auch die Möglichkeit, dass der Nato-Partner Polen die Rümpfe für die eigene Nutzung erhalte – „möglicherweise für Ersatzteile oder Bodenausbildung“, wie Newdick und Altman schreiben. Polen nutzt neuere Modelle als die, die in die Ukraine gegangen sind, insofern könne Polen kaum von den schlichten Rümpfen profitieren, so TWZ.
F-16 polarisiert: „Leicht zu warten und schnell wendefähig. Er ist kein Glamour-Jet; er kann einfach alles gut“
Seit Beginn der Diskussion steht die F-16 in der Kritik wegen ihrer Wartungsintensität – die Maschine polarisiert. „Die Wartung war sehr einfach. Die meisten Komponenten ließen sich leicht ausbauen und ersetzen. Es hat großen Spaß gemacht, daran zu arbeiten“, sagt allerdings Derek Palos. Der ehemalige Crew Chief der US-Airforce erweckte gegenüber dem Luftfahrtmagazin Hush-Kit den Eindruck, die F-16 sei rundum eine gelungene Konstruktion mit ihren individuellen Vor- und Nachteilen im Vergleich mit anderen Kampfjets: „Luft-Luft? Kein Problem. Luft-Boden? Kein Problem. Luftnahunterstützung? Kein Problem. Er ist leicht zu warten und schnell wendefähig. Er ist kein Glamour-Jet; er kann einfach alles gut“, wie er sagt.
Deshalb scheinen die USA sowie die übrigen Nato-Partner noch nachlegen zu wollen. Das jedenfalls ergibt sich aus jüngsten Aussagen vor dem Streitkräfteausschuss des Repräsentantenhauses beispielsweise von Chris Cavoli: „Über 98 Prozent der Kampffahrzeuge, die die USA der Ukraine kürzlich zugesagt haben, sind bereits vor Ort. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das benötigte Material geliefert haben und die Versorgung der Ukraine mit Waffen und Munition sicherstellen werden.“, sagte der Kommandierende General der US-Armee in Europa.
USA jetzt generös: Geplanter Verkauf im Einklang mit Zielen der US-Außenpolitik und nationaler Sicherheit
Dass die Ersatzteilversorgung prekär sei oder zu werden drohe, war offenbar von Anfang an in die Überlegungen vor allem der USA eingepreist, wie Colin Kahl bereits am Anfang des zweiten Kriegsjahres verkündet hatte: „Wir betrachten die F-16 derzeit nicht als oberste Priorität“, sagte Kahl am 28. Februar 2023 vor dem Streitkräfteausschuss des Repräsentantenhauses. Luftabwehr, Artillerie und Präzisionsfeuer auf lange Distanz sowie gepanzerte Fahrzeuge und Panzer seien derzeit wichtiger“, zitierte das Magazin Air & Spaceforces den ehemaligen Staatssekretär für Verteidigungspolitik.
Die Bereitstellung neuer F-16-Flugzeuge hätte Kahl zufolge drei bis sechs Jahre gedauert und die Ukraine bis zu elf Milliarden Dollar gekostet, so Air & Spaceforces. Deswegen hatte wohl die Entscheidung nahe gelegen, dass ältere, gebrauchte F-16 für nur zwei Milliarden Dollar beschafft und innerhalb von 18 bis 24 Monaten hätten einsatzbereit gemacht werden können, so das Magazin. Auch damals war schon angedacht worden, den Flugzeugfriedhof in Arizona nach Schätzen umzugraben. Wie lange es jedoch dauern würde, diese Maschinen zu irgendetwas Nutzbringendem zu verwenden, war damals jedenfalls gänzlich unbekannt, da sich die Maschinen in jeweils unterschiedlichen Zuständen befunden hatten und teilweise auch schon gefleddert waren.
Angesichts des offensiv zur Schau gestellten Ärgers und der Beschimpfungen von Donald Trump gegenüber dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj klingt befremdlich, was Defense Security Cooperation Agency (DSCA) zum jüngsten Ersatzteile-Deal publiziert, wie United24 zitiert: „Der geplante Verkauf steht im Einklang mit den Zielen der US-Außenpolitik und der nationalen Sicherheit, indem er die Fähigkeiten eines wichtigen Partners stärkt, der zur politischen Stabilität und zum wirtschaftlichen Fortschritt in Europa beiträgt.“