Angst vor „russischer Spur“ – Sanktionen-Druck auf China wird Putin zum Verhängnis
China gilt als Unterstützer der russischen Kriegswirtschaft. Doch Sanktionen führen offenbar dazu, dass es zu Lähmungen in der logistischen Zusammenarbeit kommt.
Moskau/Peking – China befindet sich in einer Zwickmühle. Das hat mitunter Konsequenzen für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Sorge vor westlichen Sanktionen hat offenbar Einfluss auf für Russland relevante Geschäfte mit chinesischen Unternehmen. Einige Unternehmen hätten Angst vor Aufdeckung der „russischen Spur“, sagte Ekaterina Kizevich, CEO vom russischen Beratungsunternehmen Atvira, gegenüber der Zeitung Iswestija.
China wegen Sanktionen unter Druck: Probleme bei wichtigem Handel mit Russlands Wirtschaft
Seit Juli 2024 sei die logistische Zusammenarbeit mit China deutlich komplizierter geworden, teilte auch Alexey Poroshin, Generaldirektor der russischen Firma First Group JSC, Iswestija mit. Zurückzuführen sei dies unter anderem auf den erschwerten Zahlungsverkehr zwischen chinesischen und russischen Banken. Viele chinesische Banken haben Zahlungen aus Russland offenbar aus Sorge um westliche Sekundärsanktionen weiter eingeschränkt. Inzwischen dauere es bis zu sechs Monate, bis Zahlungen zwischen Russland und China bearbeitet würden, heißt es in russischen Medien. Direkte Zahlungen in Yuan würden zunehmend eingefroren oder verzögert.

Nach jüngsten Angaben der russischen Tageszeitung Kommersant werden inzwischen etwa 80 Prozent der Yuan-Zahlungen nach Russland zurückgeschickt. Direkte Überweisungen würden zudem immer schwieriger werden, sodass die Kunden auf Vermittler zurückgreifen müssen. Die Hürden bei den Geschäften im Finanzsektor verursachen auch bei der logistischen Zusammenarbeit ein großes Problem.
Chinesische Unternehmen müssen über Umwege an Russlands Wirtschaft liefern
Lieferanten, die keine Zahlungen russischer Unternehmen über chinesische Banken annehmen können, würden versuchen, ihre Waren über Drittländer nach Russland zu exportieren, erklärte Kizevich. Für solche Lieferanten sei dies der einzige Weg, an Geld zu kommen. Notwendig sei ein dokumentarischer Nachweis, dass die Waren tatsächlich dorthin versandt werden. Eine Lieferung durch Drittländer wie den Iran sei grundsätzlich möglich, betonte die Expertin.
Eine Reihe von chinesischen Lieferanten hätte nun tatsächlich mit genau diesem Manöver begonnen, stellten weitere Experten fest. Vor allem Waren wie elektronische Produkte, die von westlichen Sekundärsanktionen betroffen sein könnten, finden ihren Weg über den Iran nach Russland. Doch die Lieferungen auf Umwegen sind auch mit höheren Kosten verbunden, sagte der kaufmännischen Leiter des Unternehmens Impaya Rus, Alexey Razumovsky, zu Iswestija. Beispielsweise würden bei der Lieferung zusätzliche Provisionen hinzukommen, die wiederum den Endpreis der Ware erhöhen. Höhere Endpreise könnten die Menge der importierten Produkte drosseln.
Putin ist im Ukraine-Krieg auf Hilfe aus China angewiesen
Logistische Schwierigkeiten bei der Lieferung nach Russland wären vor allem für Putin problematisch. Der Kreml sei „weiterhin auf ausländische Komponenten angewiesen, die über ein kompliziertes Netz von Zwischenhändlern eingeführt werden. Dies hat sich als entscheidend für die Versorgung des russischen Militärs in der Ukraine erwiesen“, heißt es in einer im April veröffentlichten Studie des US-Thinktanks CSIS (Center for Strategic and International Studies).
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Laut der Studie ist China seit Frühjahr 2023 zu Russlands wichtigstem Lieferanten aufgestiegen. Chinas Export von Mikroelektronik nach Russland ist demnach im März 2023 sprunghaft nach oben geschnellt. „Die russischen Importe von CNC-Maschinen chinesischer Unternehmen – die zur Herstellung von Präzisionsteilen für verschiedene Waffensysteme von Munition bis hin zu Flugzeugen verwendet werden – haben in den Monaten nach dem Treffen zwischen Xi und Putin im März 2023 ebenfalls stark zugenommen“, so das CSIS.
EU geht mit Sanktionen gegen Länder vor, die Russlands Wirtschaft indirekt im Krieg helfen
Um gegen Länder vorzugehen, die sich an den russischen Kriegsanstrengungen beteiligen, hatte die EU im Februar 2024 ihr 13. Sanktionspaket verabschiedet. Es wurden weitere Unternehmen und Personen auf die Sanktionsliste der EU aufgenommen – darunter auch vier Unternehmen aus China, „die den militärisch-industriellen Komplex Russlands in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine indirekt unterstützen, indem sie mit elektronischen Bauteilen hierfür handeln“, heißt es in einer Mitteilung der EU. Ebenfalls jeweils ein Unternehmen aus Kasachstan, Indien, Serbien, Thailand, Sri Lanka und der Türkei kam auf die schwarze Liste. (bohy)