Details zu Russlands Friedensangebot enthüllt: Putin plante mit Ukraine als „kastrierten Staat“
Neue Details um das Friedensangebot zwischen Russland und der Ukraine sind veröffentlicht worden. Kiew hat das Angebot ausgeschlagen – aus gutem Grund?
Moskau – Seit Beginn des Ukraine-Kriegs kursiert das Gerücht, die Ukraine sei auch wegen des Drucks westlicher Staaten nicht auf ein Friedensangebot Russlands eingegangen. Parteien wie die AfD oder das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bauen auf dieser Annahme fast ihre gesamte Argumentation gegen die Unterstützung auf. Doch wie wasserdicht ist der Vorwurf gegen die Ukraine und „den Westen“? Nicht sehr, wie sich nach der Veröffentlichung von Details des Friedensangebots von 2022 durch das Wall Street Journal herausstellt.
Etwa sechs Wochen nach Kriegsbeginn habe Russlands Machthaber Wladimir Putin einen Entwurf für ein Friedensangebot an die Ukraine übermittelt, berichtete das US-Magazin. Inhaltlich gehe es vor allem um die Beschneidung des ukrainischen Militärs zugunsten Russlands. Damit habe Putin geplant, die Ukraine dauerhaft anfällig für militärische Aggressionen Russlands zu machen.
Putin wollte die Ukraine in einen „kastrierten Staat“ verwandeln
Im Grunde hätten russische und ukrainische Unterhändler in dem Entwurf verhandelt, dass die Ukraine zu einem „kastrierten Staat“ degradiert werden solle, so das Wall Street Journal. Zentral gehe es um die Abrüstung des ukrainischen Militärs. Die Regierung in Kiew hätte alle vom Westen erhaltenen Waffen zurückgeben müssen und lediglich 85.000 Soldaten, 342 sowjetische Panzer und 519 sowjetische Artilleriegeschütze behalten dürfen. Laut Bild habe die ukrainische Armee vor dem Angriff Russlands über 250.000 Soldaten verfügt, was die weitreichenden Forderungen Russlands verdeutlicht.
Zudem habe das Angebot vorgesehen, dass die Ukraine hätte versichern müssen, nicht der Nato beizutreten. Eine Bewerbung auf EU-Mitgliedschaft sei aber kein Problem gewesen. Ohne eine funktionale Armee und mangels Unterstützung des Staatenbundes wäre die Ukraine einem russischen Angriff schutzlos ausgeliefert gewesen.
Russland wollte durch Friedensabkommen die annektierte Krim-Halbinsel der Ukraine weiter verwalten
Russlands Einfluss in der Ukraine wäre auch mit dem Friedensabkommen nicht gebrochen worden. In dem Entwurf sei festgelegt worden, dass die 2014 von Russland annektierte Krim-Halbinsel in der Ostukraine weiter unter russischer Verwaltung bleiben solle. Das Gebiet habe demnach nicht als neutral gelten sollen. Die russische Sprache sollte laut Wall Street Journal in der Regierung und vor Gericht als gleichberechtigt zur ukrainischen Sprache gelten. Die Unterdrückung der ukrainischen Sprache spielt auch aktuell eine große Rolle im Krieg. Laut der Süddeutschen Zeitung dient dies dazu, die ukrainische Kultur zu zerstören.
Was zukünftig mit der Krim geschehen sollte, sei in dem Vertrag nicht näher dargestellt. Damit sei es Putin und Wolodymyr Selenskyj, dem Präsidenten der Ukraine, überlassen gewesen, wie mit der Halbinsel weiter verfahren werden solle. Damit wäre „das Schicksal des Donbas und andere territoriale Angelegenheiten der persönlichen Vereinbarung der beiden Präsidenten zu überlassen“, teilte einer der Wall-Street-Journal-Autoren der Bild mit.
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Mehrere Länder hätten die Verantwortung übernommen, die Neutralität der Ukraine und den ausgehandelten Waffenstillstand zu wahren. Im Friedensabkommen sei von den USA, Großbritannien, Frankreich, China und Russland die Reden gewesen. Damit hätte sich Russland selbst die Verantwortung überschrieben, die Vertragserfüllung seitens der Ukraine zu überwachen.
Wagenknecht, AfD und Co nutzten Friedensabkommen für ihre Russland-Politik
Gegner der Hilfen für die Ukraine und der Sanktionspolitik gegen Russland fordern regelmäßig die Aufnahme von Friedensgesprächen zwischen Putin und Selenskyj. Das BSW um die Ex-Linke Sahra Wagenknecht hatte sogar in einem ersten Grundsatzprogramm die Forderung nach diplomatischen Lösungen im Ukraine-Krieg festgehalten. In Talkshows hatte Wagenknecht mehrmals die Verhandlungen zwischen dem Kreml und der Ukraine um den Friedensvertrag als Argument für die Friedensbereitschaft Putins angeführt, berichtete die Tagesschau. – ohne über den Inhalt des Entwurfs Bescheid zu wissen.
Dass der nun bekannt gewordene Friedensvertrag keine Grundlage für einen nachhaltigen Frieden mit Russland darstellt, sollte spätestens nach den Veröffentlichungen durch das Wall Street Journal klar sein. Das Abkommen wurde zu einer Zeit ausgearbeitet, als die Ukraine im Konflikt mit Russland mit dem Rücken zur Wand stand. Nachdem unter anderem Deutschland der Ukraine seine Unterstützung zugesichert habe, hätte das Land keinen Grund mehr gehabt, solche umfassenden Zugeständnisse an Russland zu machen. (nhi)