Zu ihrem 100. Geburtstag blickt die Füssenerin Elisabeth Pötzsch zurück − 95 Jahre hat sie im „Nigglhaus“ gelebt
Elisabeth Pötzsch, geborene Oellinger, feiert am 10. Dezember ihren runden Geburtstag, zu dem die ganze Verwandtschaft anreist. Im „Nigglhaus“, in der heutigen Von-Freyberg-Straße 10, wurde sie im Jahre 1924 geboren und verbrachte dort 95 Jahre ihres Lebens. Anlässlich ihres runden Geburtstags erzählt sie aus ihrem Leben.
Füssen – Zu ihrem 100. Geburtstag blickt die Füssenerin Elisabeth Pötzsch auf erfüllte Jahre zurück. Mit sechs Jahren wurde Elisabeth eingeschult und besuchte die ersten vier Jahre die Mädchenschule, die im heutigen Gebäude der Sparkasse war. „Die Lehrerinnen waren Nonnen und meine Klasse war ziemlich groß – mit etwa 50 Schülerinnen“, erinnert sich Elisabeth.
Die Füssenerin Elisabeth Pötzsch erzählt von ihrem Leben vor und während des Krieges
Sie war erst zehn, als sie und ihre drei Geschwister Abschied nehmen mussten von ihrem Vater. Ihre Mutter Sophie Oellinger wurde mit 29 Jahren, Mutter von vier Kindern, plötzlich Witwe. Während der Kriegsjahre fuhr Frau Oellinger mit dem Fahrrad in die umliegenden Dörfer, um Brot, Butter und Eier zu tauschen für die hungrigen Kinder zu Hause.
Trotz des wenigen Geldes ermöglichte Frau Oellinger ihrer Tochter „Liesl“, auf die Oberschule, die Realschule in Füssen, zu gehen. „Abi hätte man in Kempten machen müssen“, fügt sie hinzu. Auf der Realschule lernte sie Französisch und Englisch, und da es daheim einen Flügel gab, lernte sie zusammen mit ihrem Bruder das Klavierspielen.
Schlittschuhlaufen und Baden am Obersee
Ihre Sommerferien verbrachte Elisabeth mit ihren Freundinnen am Obersee in Faulenbach und im Winter fuhr man dort noch Schlittschuh. Trotz aller Entbehrungen während der Kriegszeit und den Jahren danach spricht Elisabeth von einer glücklichen Kindheit im Nigglhaus mit Geschwistern, Mutter, Oma und Uroma.
Die „Niggl’s Küche“ war in ganz Füssen bekannt und beliebt, erzählt sie. Es sei immer viel los gewesen und man habe viel zusammen gelacht.

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Nach der Mittleren Reife bekam sie im April 1940 ihre erste Anstellung im Landratsamt, als Sekretärin von Dr. Gutbrod. Als Dr. Gutbrod zum Militär eingezogen wurde, ging sie ins Ernährungsamt, das auch dem Landratsamt untergestellt war. Als Schreibkraft beim Landratsamt schrieb sie in Stenographie immer fleißig mit und schickte Briefe unter anderem an den Bürgermeister.
1952 heiratete sie Wolfgang Pötzsch. Es kamen zwei Mädchen zur Welt. Mit ihnen war sie oft beim Baden oder Skifahren im Winter, erzählt Elisabeth.
Bahnhofskiosk in Pfronten gepachtet
Von 1965 bis 1970 pachtete das Ehepaar den Bahnhofskiosk in Pfronten-Ried. Auch dort habe sie eine schöne Zeit gehabt und viele nette Menschen kennengelernt. Nach dem Tod ihrer Mutter, Sophie Oellinger, gab das Ehepaar den Kiosk auf und sie widmete sich nur ihren Kindern.
Eine von Elisabeths Vorlieben war das Reisen. „Es waren immer sehr interessante und lustige Reisen“, schwelgt sie in Erinnerungen. So kam sie einmal mit einem Füssener Busunternehmen nach Rom und machte mit dem Bauerntheater aus Füssen für eine Woche eine Busreise nach Paris.
Im Alter von 52 Jahren fing Elisabeth noch mal an zu arbeiten – in einem Andenkenkiosk am Schloss Neuschwanstein. Auch hier spricht sie von einer schönen, bewegten Zeit mit vielen interessanten Besuchern aus aller Welt.
Besuche in den USA
Als sie mit 65 Jahren in Rente ging, verbrachte sie oft die Wintermonate bei ihrer Tochter Gerda in den USA. Sie sah viel von der West- und Ostküste der USA und besuchte dabei auch die Kirche „St.Mary of the Assumption” (Mariä Himmelfahrt) in New Orleans, in welcher Franz Xaver Seelos aus Füssen im Jahr 2000 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen wurde.
Ihre schönste Zeit, wie sie heute sagt, waren jedoch die jährlichen Besuche in Hawaii, wo sie den Winter bei ihrer Tochter, dem Schwiegersohn und ihren drei Enkelkindern verbrachte. Zu ihren letzten Jahren in Füssen sagt sie, sie sei oft zum Feneberg zum Einkaufen gegangen. Dort habe man immer die gleichen Leute getroffen und sich gegrüßt. Und: „Füssen ist die schönste Stadt überhaupt“, freut sich die bald 100-Jährige.
Mittlerweile lebt Elisabeth in einem Seniorenheim in der Nähe ihrer Tochter Katharina im Raum München. „Die Augen sind nicht mehr gut, und das Gstell tut oft weh, aber der Kopf funktioniert noch ganz gut und den Humor habe ich zum Glück auch noch behalten.“
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