Heinrich Beerenwinkel, Vorstandsvorsitzender der VR Bank Kempten-Oberallgäu, tritt nach 42 Jahren Banklaufbahn und vier erfolgreichen Fusionen in den Ruhestand. Unserer Zeitung verriet Beerenwinkel seine Pläne für den Ruhestand und gab Tipps für Anleger in turbulenten Zeiten.
Oberallgäu – Große Langeweile sieht der zum Monatsende in die Position eines „Ruheständlers“ wechselnde Vorstandsvorsitzende der VR Bank Kempten-Oberallgäu nicht auf sich zukommen. Heinrich Beerenwinkel hat in seiner 42-jährigen Laufbahn mit der Genossenschaftsbank turbulente Jahre erlebt, jetzt stehen andere Schwerpunkte im Terminkalender des 63-Jährigen.
Vorstandsvorsitzender der VR Bank Kempten-Oberallgäu verabschiedet sich nach 42 Jahren in den Ruhestand
An „turbulente Jahre“ erinnert sich Vorstandsvorsitzender Beerenwinkel, an Hochund Niedrigzinsphasen, die Zeit der Corona-Pandemie, aber auch die zunehmende Bürokratisierung und Regulierungen in der Finanzwelt. In der Tat sei er froh, sich nicht weiter mit solchen Themenfeldern befassen zu müssen. Früher, so erinnert er sich, habe bei einer üblichen Gebührenanpassung ein einfaches Schreiben an die Kunden ausgereicht, heute müsse das Unternehmen eine fast 70-seitige Broschüre versenden, um allen formalen Ansprüchen und Pflichten zu genügen. Kosten: mehr als 10.000 Euro. „Das wurmt mich.“ So etwas werde ihm nicht fehlen in seiner nächsten Phase. Die Bank an sich aber wohl schon ein wenig.
Auch wenn sich der Ruhestand wohl erst einmal wie Urlaub anfühlen werde, sei nun die Familie am Zug. Beerenwinkel denkt an einige Fernreisen mit seiner Frau, was früher aus zeitlichen Gründen kaum möglich war. Das Allgäu biete vieles, was man unternehmen könnte, oft direkt vor der Haustüre, etwa Skifahren „wenn es nicht so zugeht am Lift“, oder Radtouren in der Region. Auch der knapp zweijährige Enkel wisse ihn zu beschäftigen. „Ich glaube nicht, dass ich ohne den Beruf in eine Depression fallen werde“, ist sich Beerenwinkel sicher. Zudem habe er noch einige Ehrenämter inne, etwa bei der Kirchenstiftung Mariä Heimsuchung und der neuen Seelsorgeeinheit Sonthofen, oder beim Lions Club.
Vorstandsvorsitzender Heinrich Beerenwinkel beendet 42-jährige Laufbahn bei der VR Bank Kempten-Oberallgäu und zieht Bilanz
Gut überstanden habe er mit dem Vorstandsteam und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern insgesamt vier Fusionen, die zwischen 2000 und 2024 über die Bühne gingen. Die zuletzt durch die Fusion mit der Allgäuer Volksbank geschaffene VR Bank Kempten-Oberallgäu habe eine Größe, die optimistisch in die Zukunft blicken lasse und agieren könne. Zudem sei ein kompaktes Geschäftsgebiet entstanden. Weitere „strategische Überlegungen“ zur Expansion gebe es derzeit nicht, so Beerenwinkel. „Regionalbanken haben eine gute Zukunftsperspektive, auch wenn es da und dort noch Verschiebungen geben wird.“
Die VR Bank werde regional breit aufgestellt bleiben. „Eine gute Beratung vor Ort ist ein Qualitätsmerkmal“, meint Beerenwinkel. Im 08/15-Fall möge eine Online-Bank oder deren Beratung ausreichen, aber sobald es um komplexere Finanzstrukturen gehe, sei eine persönliche Beratung des Kunden wertvoll. „Da geht es oft um Lebensentscheidungen.“ Und ein direkter Kontakt sei in solchen Dingen auf jeden Fall ein Vorteil. Ein wenig „am Ball“ bleiben werde er zunächst über einige Mandate, die er im Bereich der Genossenschaftsbanken und deren Verbund weiterhin innehat.
Weiterhin viele Ämter für den scheidenden Chef der VR Bank Kempten-Oberallgäu
Auch im Aufsichtsrat der Nebelhornbahn AG bleibe er noch eine Zeitlang, während er beim Sozialwirtschaftswerk SWW Oberallgäu ausgeschieden sei. 42 Berufsjahre. Und alles fing (fast) mit einem Zufall an: Die damalige Raiffeisenbank Oberstdorf-Sonthofen stellte den jungen Mann ein als Auszubildenden. Drei Jahre später wurde Beerenwinkel nach sehr gutem Abschluss der Ausbildung als neuer Angestellter in der Geschäftsstelle Oberstdorf übernommen. Nach dem Wechsel in die Kreditabteilung in Sonthofen, wo er als Firmenkundenberater tätig war, folgte Mitte der 1990er Jahre der erfolgreiche Abschluss des Genossenschaftlichen Bankführungsseminar, und schon im Oktober 1996 die Bestellung zum Prokuristen mit der Führungsverantwortung für Organisation, Kreditbereich und Personal.
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Ab Oktober 1999 war Bärenwinkel Vorstandsmitglied und begleitete hier die Fusionen mit der Raiba Hindelang (2000), sowie mit der Raiba Immenstadt-Waltenhofen zur neuen Raiffeisenbank Oberallgäu-Süd. Zwei weitere Fusionen erlebte der rührigen Banker, inzwischen seit 2012 Vorstandsvorsitzender, dann 2014 mit der Verschmelzung mit der Raiba Kempten, und schließlich im vergangenen Jahr die jüngste Fusion mit der Allgäuer Volksbank zur VR Bank Kempten-Oberallgäu. Im Rückblick sieht er eine Gemeinschaftsleistung: „Wir – nicht allein die Vorstandsebene, sondern ebenso unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – haben alles erreicht, was wir uns vorgenommen haben; wir sind nirgends gescheitert.“ Zeit für den Ruhestand? Rententechnisch stimme für ihn alles; geringe Abschläge wegen des frühzeitigen Renteneintritts nehme er in Kauf, so Heinrich Beerenwinkel. „Eine Reihe von Dingen steht an, die sich früher mit den Abläufen in der Bank meist nicht problemlos verbinden ließen.“ Und manchmal sei einfach der Bankberuf mit seinen anstehenden Aufgaben vorgegangen, räumt Beerenwinkel ein und ergänzt zufrieden: „Es macht bis heute Spaß.“
Tipps für Anleger vom bisherigen Chef und bald Ruheständler der VR Bank Kempten-Oberallgäu
Tipps des Insiders angesichts kriselnder Finanzmärkte und torkelnder Börsenkurse? „Jetzt Ruhe bewahren“, meint Beerenwinkel. Gerade Aktienmärkte verlangten Geduld und Ausdauer. Es gibt immer Schwankungen; nach jedem Rückgang wende sich das Blatt. Generell sollte jeder Anleger nicht nur auf eine Anlageform setzen, sondern auf eine solide Streuung seines Kapitals. Ratsam sei es vor diesem Hintergrund rechtzeitig an die Rente zu denken, zwei oder drei Monatsgehälter als verfügbare Reserve einzuplanen – und die Nerven zu behalten.
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