Maul- und Klauenseuche: Behörde und Bauernverband raten zu Besonnenheit
Vor wenigen Tagen, am 10. Januar, trat die Maul- und Klauenseuche wieder in Deutschland auf. 37 Jahre nach den letzten Fällen ist eine Wasserbüffelherde in Brandenburg betroffen. Viele Landwirte können sich noch gut an die Situation von damals erinnern und wollen ihre Tiere vor dem Virus schützen. Beim Landratsamt Weilheim-Schongau gehen zahlreiche Anfragen ein. Das Veterinäramt bittet um Besonnenheit.
Landkreis - Die Afrikanische Schweinepest steht an der Grenze zu Bayern, dafür seien schon Zäune angeschafft und Kontakt mit den Kommunen aufgenommen worden, berichtet Landrätin Andrea Jochner-Weiß bei der Jahrespressekonferenz im Landratsamt. Das Blauzungenvirus „rast durch unseren Landkreis“, stellt sie zudem fest, mit schweren Krankheitsverläufen bis hin zum Tod bei kleineren Tieren wie Schafen und mit einem Abfall der Milchleistung bei Kühen. Und auch die Geflügelpest sei schon im Nachbarlandkreis Landsberg angekommen. Doch am meisten Sorgen macht der Landrätin die Maul- und Klauenseuche, die vor wenigen Tagen in Brandenburg aufgetreten ist: „Es wäre eine Katastrophe, wenn die Seuche zu uns käme“, sagt sie. Noch sei die Krankheit zwar nicht im Landkreis aufgetreten, doch es gebe bereits viele Anrufe beim Veterinäramt. Denn: „Die Seuche hat auch immense Folgen für uns!“.
Am 10. Januar seien im Landkreis noch eilig Tiertransporte nach Italien abgefertigt worden, aus Sorge, dass wegen des Falls im Landkreis Märkisch Oderland die Exporte aus Deutschland gestoppt werden. Die Landwirte fragten sich, was aus den Milchexporten werde und aus dem Kälbermarkt in Weilheim, bei dem regelmäßig rund 500 Kälber versteigert werden und großteils ins Ausland gehen. In manchen Ländern müsse nachgewiesen werden, dass Deutschland frei von Maul- und Klauenseuche ist. Welche Folgen die Seuche für die heimische Landwirtschaft habe, sei noch nicht greifbar. Sicher sei jedoch, dass die Krankheit leicht übertragen werde. 1988 sei die Seuche letztmals im Landkreis aufgetreten.
Auch Thomas Müller, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands Weilheim-Schongau, blickt besorgt auf die noch nicht einschätzbare Situation. „Die Maul- und Klauenseuche sind unser ,Worst Case Szenario‘, weil es auch zu Exportbeschränkungen führt.“ Er sei froh, dass die Seuche noch relativ weit weg sei, trotzdem stehe man erst am Anfang.
Das Veterinäramt Weilheim-Schongau bittet um Besonnenheit. Die stellvertretende Abteilungsleiterin Dr. Sabine Tralmer bestätigt, dass Bauern, Bürger, Tierärzte, Tiertransportunternehmer und alle, die etwas mit Tieren zu tun haben, Informationen suchen und brauchen, diese aber gerade nur bedingt zur Verfügung stehen. „Bei MKS handelt es sich um eine hochinfektiöse Erkrankung, die auch über die Luft übertragen wird“, weiß Tralmer. MKS sei im Gegensatz zu anderen Erkrankungen gefährlich für eine große Gruppe von Huftieren.
Stets auf Hygiene setzen
Im Rahmen von Seuchengeschehen seien Hygienemaßnahmen Standard, um eine Verbreitung zu vermeiden, erklärte der Experte des Bauernverbands. Gleichzeitig möchte Müller nicht, dass Bauern gleich in Panik verfallen. Jetzt sei es wichtig, genaue Informationen zur Lage zu bekommen. „Erst dann können wir entscheiden, welche sinnvollen Maßnahmen man daraus ableiten kann“.
Genauso sieht das auch Helmut Goßner, der Geschäftsführer der Weilheimer Zuchtverbände, da es aktuell nicht absehbar sei, welches Ausmaß der Ausbruch hätte. Vielleicht könnte er auch lokal getilgt werden, hofft Goßner. Die Frage sei auch, ob bereits weitere Betriebe betroffen sind.
„Problematisch wird es für tierische Produkte, insbesondere Milch- und Fleischprodukte, da diese aus ganz Deutschland nicht mehr außerhalb der EU verbracht werden können“, befürchtete Goßner. Im Vermarktungsbereich des Verbandes hänge es ganz vom weiteren Geschehen ab, ob Reglementierungen bei der Verbringung notwendig werden. Trotzdem ermahnte Goßner die Bauern: „Aktuell ist allen Betrieben zu raten, auf erhöhte Biosicherheit zu achten“.
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Das rät auch das Veterinäramt. Man müsse erforschen, wo sich die Tiere mit MKS infizierten. „Es ist ganz wichtig, die Epidemiologie zu verfolgen, wo kommt es her und wo kann es hingegangen sein“, so Tralmer. „Wenn in den nächsten Wochen keine weiteren Meldungen kommen, können wir ein bisschen aufatmen.“ Doch bis dahin wäre es wichtig, ohne Panik auf Hygiene im Stall und auf dem Hof zu setzen. „Im Hinblick auf diese vielen Tierkrankheitserreger, mit denen wir es zu tun haben, ist Biosicherheit das A und O in den Betrieben.“
Landwirte sollten auf separate Gummistiefel und Kittel achten. Es würde sich auch lohnen, ein Auge auf Besucher zu haben. „Wer kommt auf den Hof? Das sind alle, vom Futtermittellieferanten und dem Transporteur über den Schulbus bis hin zum Lieferfahrer“, zählte Tralmer auf. „Bei so viel Verkehr am Hof mit offener Stalltüre, da muss ich aufpassen.“
Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist in Alarmbereitschaft. Bundesminister Cem Özdemir besprach sich diese Woche mit der Agrar- und Ernährungsbranche. „Unser gemeinsames Ziel muss es sein, das Virus schnell zurückzudrängen, um die Tiere zu schützen und Schäden für unsere Land- und Lebensmittelwirtschaft zu minimieren“, berichtete Özdemir in einer Stellungnahme.
Seuchenbedrohung akut
Höchste Priorität habe, schnell für Klarheit zu sorgen und zu recherchieren, wie verbreitet die hochinfektiöse Tierseuche ist. Özdemir begrüßte, dass Brandenburg den Transport der empfänglichen Tiere und von diesen stammende Produkte um weitere 48 Stunden stoppte. Er setze alles darauf, beim Handel mit Drittstaaten rasch wieder den Export in möglichst viele Märkte zu ermöglichen.
Fakt ist, dass MKS nur eine von mehreren Bedrohungen für Vieh und Wirtschaft darstellt. Im Landkreis wütet die Blauzungenkrankheit unter Schafen, so das Landratsamt, wobei es auch Fälle der Vogelgrippe im Kreis Landsberg gebe. „Was bei uns räumlich auch sehr nah liegt, ist die Afrikanische Schweinepest,“ so Müller vom Bayerischen Bauernverband. „Die letzten Jahre hatten wir das alle mehr auf dem Schirm, da es mittlerweile auch an die Grenzen Bayerns vorgedrungen ist und massive Auswirkungen auf das Marktgeschehen bemerkbar sind.“ Doch insgesamt sei die MKS noch beunruhigender, denn sie betreffe alle Klauentiere, sagt Müller. Überhaupt seien Bauern und Landwirte zurzeit sehr gebeutelt von Krankheiten und Infektionen, die ihre Tiere befallen.
Sämtliche Beteiligten müssten nun warten, was die weiteren Recherchen ergeben. „Wir warten jetzt alle auf die nächsten Tage,“ so Tralmer vom Veterinäramt. „Wenn das ein singuläres Geschehen ist, was dann wieder verschwindet, dann hat Deutschland kein Problem und dann können auch die anderen Länder dementsprechend reagieren.“ Sollte es sich aber als ein deutschlandweites und hochinfektiöses Problem herausstellen, dann könnte es laut Experten schwierig werden.
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