Erdogans Gegner Imamoglu in Haft: Türkische Lira bricht massiv ein

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Kurz vor seiner Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten nimmt die Polizei Ekrem Imamoglu fest – ein politisches Erdbeben, das auch die Finanzmärkte in der Türkei erschüttert.

Istanbul – Der Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu gilt als Hoffnungsträger der türkischen Opposition. Die Polizei nahm bei einer Großrazzia am frühen Mittwochmorgen (19. März) Imamoglu sowie etwa hundert weitere Personen aus seinem Umfeld fest. Nichts mag die Börse weniger als Unsicherheit, entsprechend stark reagierten die Märkte auf das politische Beben: Die türkische Währung sowie der Leitindex der Istanbuler Aktienbörse brachen ein. Investoren warfen reihenweise türkische Anlagen aus ihren Depots.

Festnahme von Imamoglu löst Chaos aus: Türkische Börse und Lira mit dramatischem Einbruch

Die Festnahme des Erdogan-Rivalen Imamoglu erfolgte nur wenige Tage bevor ihn die türkische Oppositionspartei CHP zum Präsidentschaftskandidaten ernennen wollte. Der Schritt sei „ein schwerer Rückschlag für die Demokratie in dem Land am Bosporus“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Sebastian Fischer, am Mittwoch (19. März) in Berlin. Für die Bundesregierung sei „die Achtung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien Grundbedingung für eine funktionierende Demokratie“.

Die Direktorin von Human Rights Watch Türkei, Emma Sinclair-Webb sprach gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters von einem „eklatanten Missbrauch des Justizsystems.“ Die türkische Aktienbörse sowie die Währung gingen auf Talfahrt: Der Leitzins Borsa Istanbul 100 brach am Mittwoch um fast sieben Prozent ein. Daraufhin wurde der Handel an der Börse Istanbul zeitweise ausgesetzt. 10-jährige türkische Staatsanleihen stürzten ab, die Renditen stiegen auf 29,94 Prozent, wie Bloomberg berichtete.

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Archivbild, 2018). ©  IMAGO / Christian Thiel

Es kam zur größten Abwertung der türkischen Währung seit drei Jahren: Ein US-Dollar kostete zeitweise 40 Lira. „Türkische Vermögenswerte stehen unter starkem Verkaufsdruck“, sagte Piotr Matys, Währungsanalyst bei In Touch Capital Markets der Tagesschau. Die Talfahrt der türkischen Börsen werde voraussichtlich noch einige Tage anhalten, analysierte Serhat Baskurt, Manager beim Vermögensverwalter ALB Yatirim im Gespräch mit Reuters.

Festnahme von Imamoglu: Wird die Türkei zum autoritären Staat nach Vorbild Putins?

Die Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister Istanbuls lauten auf Korruption sowie Unterstützung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Schon in der Vergangenheit wurde gegen den Politiker ermittelt. Im Jahr 2022 hatte ein türkisches Gericht ein Politikverbot gegen Imamoglu ausgesprochen und eine zweijährige Haftstrafe wegen Beleidigung der Wahlkommission verhängt. Weitere Prozesse gegen ihn laufen. Die Universität Istanbul hatte außerdem am Dienstag entschieden, ihm seinen Universitätsabschluss abzuerkennen – eine Voraussetzung für die Kandidatur zum Präsidentenamt.

Beobachter halten die Vorwürfe gegen Imamoglu für absurd. „Der türkische Präsident eifert Putin nach und versucht, mit dessen Taktiken an der Macht zu bleiben“, kommentierte der türkische Exiljournalist Can Dündar gegenüber der dpa. CHP, die Partei des Istanbuler Bürgermeisters, rief zu landesweiten Protesten auf. In Istanbul verhängte das Gouverneursamt allerdings ein mehrtägiges Demonstrationsverbot. Erdogans Gegenkandidat bei der vergangenen Präsidentschaftswahl, Kemal Kılıçdaroğlu, sprach Imamoglu seine Solidarität aus. „Dieser Eingriff gegen den nationalen Willen, das Recht und die Demokratie ist inakzeptabel“, schrieb der Politiker auf der Plattform X.

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Ekrem Imamoglu, der Bürgermeister Istanbuls, wurde am Mittwoch (19. März 2025) festgenommen (Archivbild). ©  IMAGO / Depo Photos

Erdogan war in der Vergangenheit nicht davor zurückgeschreckt, Regierungskritiker sowie Oppositionelle ins Gefängnis zu bringen und die Türkei zu einem Präsidialsystem umzubauen, das ihm selbst mehr Macht verschaffte. Die nächsten Präsidentschaftswahlen in der Türkei finden im Jahr 2028 statt. Erdogan kann eigentlich nicht nochmal antreten – es sei denn, er ändert die Verfassung. „Der Wille des Volkes wird gebrochen“, schrieb Imamoglu am Mittwoch kurz vor seiner Verhaftung auf X. Eine Anspielung auf Erdogans Slogan, der seinen politischen Kurs als „den Willen der Nation“ bezeichnet.

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