Geständnis in Memoiren: Schäuble packt über Kohls „Schwarze Kasse“ in Unionsfraktion aus

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Die Spendenaffäre der CDU brachte Wolfgang Schäuble um die Kanzlerschaft. In seinen Memoiren berichtet er über die „Schwarze Kasse“ von Kohl. Doch Fragen bleiben.

Berlin – Minister, Partei- und Fraktionschef und Strippenzieher: Kaum einer kannte den Politikbetrieb besser als Wolfgang Schäuble (CDU). Der Unionspolitiker saß 51 Jahre im Bundestag und hatte alle Ämter inne – zumindest fast. Wegen seiner Verstrickung in die CDU-Spendenaffäre blieb ihm der Kanzlerposten versperrt. Doch erst nach seinem Tod packt der frühere Bundestagspräsident jetzt in seinen posthum veröffentlichten Memoiren über einige neue Details in der Affäre rund um Altkanzler Helmut Kohl aus.

Memoiren veröffentlicht: Wolfgang Schäuble berichtet über Schwarze Kasse von Kohl

So hat es im Zusammenhang mit der 1999 aufgeflogenen CDU-Spendenaffäre um Helmut Kohl nach Darstellung des im Dezember gestorbenen CDU-Politikers Wolfgang Schäuble auch eine „Schwarze Kasse“ bei der Unionsfraktion gegeben. Ihm sei erst im Nachhinein klar geworden, „dass auch eine Fraktionskasse, die ich als Parlamentarischer Geschäftsführer mit zu verwalten hatte, Teil des umfassenden Systems schwarzer Kassen war“, schrieb der an Weihnachten gestorbene Schäuble in seinen Memoiren.

Bei der Spendenaffäre ging es um eine illegale Spendenpraxis der CDU in den 1980er und 1990er Jahren. Die Darstellungen Schäubles lassen sich kaum überprüfen – wichtige handelnde Akteure wie etwa Kohl leben ebenfalls nicht mehr. Schäuble war von 1981 bis 1984 Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Kohl war von Dezember 1976 bis Oktober 1982 Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion und von 1982 bis 1998 Bundeskanzler. 

Enthüllung im Buch zur CDU-Spendenaffäre: Laut Schäuble nutzte Kohl Lücke im System

„Kohl schien das Konto in seiner Zeit als Fraktionsvorsitzender angelegt zu haben, als Reserve außerhalb der Parteifinanzen im Adenauer-Haus, und wollte vermeiden, dass allzu viele Leute von dessen Existenz erfuhren“, schrieb Schäuble in seinem Buch und fügte hinzu: „Die Attraktivität dieser Geldaufbewahrung ergab sich aus dem einfachen Umstand, dass der Bundesrechnungshof damals die Fraktionsfinanzierung noch nicht überprüfte.“ Diese Lücke habe Kohl genutzt und halb scherzhaft von seiner „Kriegskasse“ gesprochen.

Hat seine Memoiren posthum veröffentlichen lassen: CDU-Politiker Wolfgang Schäuble. © Sebastian Gollnow/Michael Kappeler/dpa/Montage

Kohl soll das Geld genutzt haben, um die Partei auf Linie zu halten. Doch wo genau das Geld für die „Kriegskasse“ herkam – darüber kann oder will Schäuble allenfalls spekulieren. Konkrete Namen über mutmaßliche Geldgeber nennt er nicht. Er habe damals zu wenig nachgefragt und sei sicherlich „nicht stolz“ auf seine damalige Rolle, gesteht Schäuble.

Kohl hatte zugegeben, in den 1990er Jahren etwa zwei Millionen D-Mark für die Partei entgegengenommen zu haben, ohne diese als Spende auszuweisen. Die Namen der Geldgeber hatte er nie preisgegeben. Kohl hatte sein Schweigen damit begründet, den Spendern sein Ehrenwort gegeben zu haben. Woher das Geld stammte, ist bis heute ungeklärt. Die Spendenaffäre stürzte die Partei in die schwerste Krise ihrer Geschichte. 

„Merkel war Glücksfall“: Schäuble weigerte sich bei Kanzlersturz mitzumachen

Auch Schäuble geriet in die Turbulenzen der CDU-Spendenaffäre. Nachdem er von dem abgewählten Kohl den Parteivorsitz übernommen hatte, tauchten auch Fragen zu einer 100.000-Mark-Barspende auf, die Schäuble nicht richtig deklariert hatte. Im Februar 2000 trat er als CDU-Chef und Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zurück und machte Angela Merkel Platz, die als neue Parteichefin schließlich 2005 das Kanzleramt für 16 Jahre eroberte und Schäuble zum Innen- und Finanzminister machte. Später wurde noch Bundestagspräsident.

„Merkel war ein Glücksfall“, schrieb Schäuble nun in seinem neuen, aber letzten Buch, das am Montag (8. April) im Klett-Verlag unter dem Titel „Erinnerungen. Mein Leben in der Politik“ veröffentlicht wird. Zwar spart er auch in Bezug auf die Regierungschefin nicht mit Kritik und spricht ihr in den vergangenen Jahren eine gewisse Führungsstärke ab. Dennoch weigerte er sich, bei einem Putsch gegen sie mitzumachen. 2016 soll Bayerns früherer Ministerpräsident Edmund Stoiber aus Verärgerung über die Flüchtlingspolitik versucht haben, Truppen für einen Kanzlerinnensturz zusammenzutrommeln. Doch Schäuble wollte nicht mitmachen, ebenso wie bereits 1989 als Generalsekretär Helmut Kohl als Kanzler stürzen wollte. In beiden Fällen blieb Schäuble loyal. (jkf/mit dpa)

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