Wohnungsnot und immer mehr Fälle: Druck auf Flüchtlingshilfe Dorfen wächst

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Engagieren sich für Integration (v. l.): Josef Kronseder, Franz Leutner, Gerhard Häußler und Inge Asendorf von der Flüchtlingshilfe Dorfen. © Michaele Heske

Auch in Dorfen sind die Flüchtlingshelfer an der Belastungsgrenze, vielen geht die Luft aus. Doch kleine Erfolge geben immer noch Motivation für die große Aufgabe.

Dorfen – Die Regierung von Oberbayern bringt nach wie vor alle zwei bis vier Wochen 50 Geflüchtete nach Erding. Landrat Martin Bayerstorfer sieht „keine Signale der Entspannung“ – das erklärte der CSU-Politiker bei einer Pressekonferenz zum Jahreswechsel. Die Zahl der Geflüchteten im Landkreis steigt auf weit über 2000, davon leben 345 in Dorfen.

Auch in Dorfen seien die Helfer an der Belastungsgrenze, vielen gehe die Luft aus, sagt Franz Leutner. Statt aufsuchender Unterstützung in den Unterkünften vor Ort könne die Flüchtlingshilfe nur zu den Öffnungszeiten im Büro Am Kugelfang tätig sein. Hier arbeitet ein Team von zehn Leuten, ehrenamtlich und unermüdlich.

Anträge werden ausgefüllt, beispielsweise fürs Jobcenter – von Kindergartenzuschüssen bis zu Rentengeschichten klären die Flüchtlingshelfer auf, suchen Rechtsanwälte und führen Familien zusammen. „Das ganze Spektrum.“ Eine Herausforderung, weiß Leutner: „Jeder Fall ist anders.“

Seit 2017 ist Leutner im Vorstand der Flüchtlingshilfe Dorfen. „Ich werde 73 Jahre alt, da merke ich schon, dass ich nicht mehr so viel Power und Energie habe.“ Schwierig sei es aber, sich zurückzuziehen. „Da hängen Schicksale dran – man weiß, man könnte helfen und tut es nicht. Das geht einfach nicht.“

Die Stärke bei der Flüchtlingshilfe in Dorfen ist mit 153 Mitgliedern gleich geblieben. Viele Helfer betreuen allerdings die geflüchteten Familien von Anfang an. „Das ist eine Lebensaufgabe“, weiß Leutner. Die Zahl der Flüchtlinge hingegen steige kontinuierlich, seine Angst: Neuankömmlinge könnten auf der Strecke bleiben.

Es fehlt vor allem an Unterkünften für die Migranten. „Unsere Arbeit hängt mit vielen Enttäuschungen zusammen – auf dem Immobilienmarkt finden wir keine Wohnungen.“ Umso wichtiger sei es, im Alltag die Erfolge der ehrenamtlichen Arbeit nicht aus dem Blick zu verlieren, sagt Leutner: Asylsuchende, die sich bestens in Dorfen eingelebt haben, davon gebe es schließlich einige. Das motiviere alle Helfer, weiterzumachen – trotz allem.

Da ist zum Beispiel der angehende Arzt Rezan Ismael, der kurz vor Weihnachten in der Heimatzeitung die Geschichte seiner Flucht erzählt hat. Daraufhin hat sich ein Vermieter aus Dorfen gemeldet, schon im Februar kann der Syrer einziehen.

Oder die Familie Ghafouri aus Afghanistan, um die sich Flüchtlingshelferin Trude Frigeri seit Oktober 2015 kümmert. Die Flucht über das Mittelmeer im Schlauchboot war traumatisch, fast wären sie ertrunken. Dabei habe die damals schwangere Soraya Ghafouri ihr Kind verloren, erzählt sie. Danach kam der jahrelange Ritt durch die deutsche Bürokratie.

„Ich habe immer wieder versucht, die Hürden niedriger zu setzen“, erzählt Frigeri. „Diese Familie ist angekommen.“ Der Vater habe eine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker gemacht, die Mutter arbeitet im Marienstift und die Kinder haben allesamt gute Noten, die älteste Tochter gehe sogar aufs Gymnasium in Dorfen. „Ich bin da eigentlich die Oma.“

Mehr Kriege und der Klimawandel: „Man wird den Flüchtlingsstrom nicht aufhalten können“, meint Leutner. „Da kann man die Mauern noch so hoch ziehen.“ In der Gesellschaft sei die Stimmung umgeschlagen, bedauert er. „Die Politik müsste andere Zeichen setzen, die wieder in Richtung Empathie und Solidarität gehen.“

„Wir brauchen dringend neue Leute“, wirbt Leutner. „Da entstehen Freundschaften, enge Bindungen – und man tut was für den sozialen Frieden, wenn man sich für die Integration der Asylsuchenden engagiert.“

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