Kleine Psychotricks bei Alaska-Offensive von Merz: So wird Trump unter Druck gesetzt

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Vor dem Putin-Trump-Gipfel am Freitag lud Merz zu Ukraine-Beratungen nach Berlin. Dort verfolgten vor allem der Kanzler und Nato-Chef Rutte einen Plan.

Berlin – Vor dem brisanten Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Wladimir Putin in Alaska versucht Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) dem US-Präsidenten nochmal zu verdeutlichen: Für ein Ende des Ukraine-Kriegs darf die Ukraine nicht geopfert werden. Dafür setzen die Europäer auch auf kleine Psychotricks.

Dabei spielte Nato-Generalsekretär Mark Rutte eine entscheidende Rolle. Der Plan: Bei der streng durchgetakteten Videokonferenz, die am Mittwoch (13. August) stattfand, sollte Rutte die Botschaften an Trump so verpacken, dass er diese auch versteht. Schlicht und gern auch ein bisschen schmeichelhaft, fasst der Spiegel zusammen. Schließlich ist Rutte den Umgang mit Trump gewohnt. Die Kernaussage diesmal: Trump darf Putin beim Treffen in Alaska nicht unterschätzen. Außerdem soll er sich nicht darauf einlassen, Russland ukrainisches Gebiet zu überlassen.

Rutte versucht Trump vor Alaska-Offensive zu beeinflussen: Beispiel der „Autobahn nach Kiew“ funktioniert

Dafür nutzte Rutte am Mittwoch, während des von Kanzler Merz eingefädelten Telefonats zwischen Trump, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und anderen europäischen Spitzenpolitikern, ein Beispiel: Wenn die größeren Städte im Donbass an Russland gingen, würde sich Putin eine „Autobahn nach Kiew“ eröffnen und ihn würde nichts mehr davon abhalten, die ukrainische Hauptstadt einzunehmen.

Dieses Bild schien Trump einzuleuchten – er gab zu verstehen, dass er nicht über Gebietsabtretungen verhandeln wolle, berichten laut Spiegel Teilnehmer der Konferenz. In Gebietsfragen sei die Ukraine zu Verhandlungen bereit, sagte Kanzler Merz. Dafür müsse aber die aktuelle Frontlinie der Ausgangspunkt sein – „und eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen steht nicht zur Debatte“.

Rutte hatte dazu am Montag (11. August) eine „faktische“ Anerkennung der zum Teil von Russland besetzten ukrainischen Gebiete im Rahmen eines Friedensabkommens für möglich erklärt. Zuvor hatte Trump einen „Gebietstausch“ ins Spiel gebracht, woraufhin Kiew eine Abtretung von eigenem Territorium zurückwies. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte nach der Videokonferenz, solche Gebietsfragen „werden ausschließlich vom ukrainischen Präsidenten ausgehandelt“ – nicht von Trump und Putin unter sich. „Gegenwärtig liegen keine ernsthaften Pläne für einen Gebietsaustausch auf dem Tisch“, sagte Macron.

Countdown für Putin-Trump-Gipfel läuft: Zukunft der Ukraine steht in Alaska auf dem Spiel

Zur Einordnung: Trump und Putin wollen sich am Freitag (15. August) im US-Bundesstaat Alaska treffen. Aus der Sorge heraus, die beiden Präsidenten könnten über die Köpfe der Ukraine und ihrer westlichen Verbündeten hinweg Entscheidungen treffen und die Ukraine zu Zugeständnissen zwingen, hatte Merz am Mittwoch zu einer Reihe von Videokonferenzen eingeladen.

Vor Putin-Trump-Gipfel: Merz nennt fünf klare Forderungen für Ukraine-Verhandlungen

  1. Die Ukraine muss bei Folgetreffen mit am Verhandlungstisch sitzen
  2. Ein Waffenstillstand muss am Anfang stehen
  3. Keine rechtliche Anerkennung russisch besetzter Gebiete
  4. Robuste Sicherheitsgarantien für die Ukraine
  5. Weitere Sanktionen gegen Moskau, falls Putin

Aus der Videokonferenz gingen alle Parteien mit einem guten Gefühl. Das Problem: Bis zum Treffen zwischen Trump und Putin vergehen noch einige Stunden, in denen Trump seine Strategie ändern kann. Denn es heißt oft, dass Trump den Rat jener befolgt, mit denen er zuletzt gesprochen hat. Und auch wenn Merz mit dem Timing des Gipfels – schließlich sind keine weiteren Treffen von Trump und Dritten vor dem Putin-Trump-Gipfel geplant – ein gutes Händchen bewiesen hat, bleiben Zweifel.

Wie der Spiegel berichtet, soll Merz nach dem Gipfel in einer SMS an CDU und CSU, geschrieben haben, dass der US-Präsident nun die Positionen der EU für einen Friedensprozess kenne. Aber Trump habe in der Schalte auch signalisiert, so Merz, „dass er vieles teilt, dass er sich aber Spielräume erhalten will“.

Trump macht vor Alaska-Treffen klar: USA lassen sich „Spielräume“ bei Verhandlungen mit Putin

Das Wort „Spielräume“ zeigt auf, dass Trump offenbar nicht bereit ist, sich Punkt für Punkt an den Fahrplan der Europäer zu halten. Klar ist, aber auch Trump steht vor einer großen Herausforderung. Denn Merz hat auch klargemacht, dass Europa den Druck weiter erhöhen werde, falls Trump in Alaska nachgibt. Die Botschaft ist eindeutig: Trump kann nicht über die Köpfe der Europäer hinweg entscheiden – sie sind Partner, keine Bittsteller.

Kanzler Merz (l.) und Wolodymyr Selenskyj haben klare Vorstellungen vom bevorstehenden Gipfel zwischen Putin und Trump.
Kanzler Merz (links) und Wolodymyr Selenskyj haben klare Vorstellungen vom bevorstehenden Gipfel zwischen Putin und Trump. © IMAGO/UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS OFF/IMAGO

Mit welchen Mitteln dagegen Trump Druck auf Putin machen will, dazu hält sich der US-Präsident bedeckt. Von schärferen Sanktionen gegen Russland sprach der Präsident vor dem Gipfel nicht. Zwar drohte er Putin mit „sehr schwerwiegenden Konsequenzen“, sollten die russischen Angriffe auf die Ukraine nicht enden. Bislang kann sich der Kremlchef aber entspannt zurücklehnen. Am Freitag war ein Ultimatum Trumps an Putin folgenlos ausgelaufen.

Russland dagegen will in Alaska am Freitag nach Angaben des Außenministeriums in Moskau weiter auf eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen hinarbeiten. Es gehe um alle Fragen, die sich angestaut hätten – angefangen beim Ukraine-Konflikt bis hin zu den Hindernissen für einen normal funktionierenden Dialog zwischen den beiden Ländern, sagte der stellvertretende Ministeriumssprecher Alexej Fadejew in Moskau. Der Gipfel habe höchste Bedeutung für den internationalen Frieden und die Stabilität in der Welt. (bg/dpa)

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