Ukraine nimmt Russlands Wirtschaft ins Visier – Doch USA bremsen Attacken mit weitreichenden Raketen aus
Russland führt seit dreieinhalb Jahren seinen Ukraine-Krieg. Doch immer wieder setzt Kiew empfindliche Nadelstiche. Die USA bremsen Raketenangriffe aus.
Moskau/Kiew – Mit dem Angriff auf eine Ölraffinerie zeigt Kiew erneut, wie sehr es die Energieinfrastruktur zur Schwachstelle Russlands macht – und stößt dabei zugleich an Grenzen, die Washington setzt. Im russischen Ostseehafen Ust-Luga ist nach Behördenangaben eine Ölraffinerie durch einen ukrainischen Drohnenangriff in Brand geraten. Wladimir Putins Verluste steigen. Und die ukrainischen Attacken gegen Energieinfrastruktur treffen Russlands Wirtschaft empfindlich.
Doch bei den Attacken im Ukraine-Krieg müssen sich die ukrainischen Kämpfer in der Regel auf Drohnen verlassen. US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt zwar deutlich gemacht, dass Kiew gegen Russland stärker in die Offensive gehen müsse. Wie das Wall Street Journal berichtete, blockiert das US-Pentagon genau dies.
USA blockieren offenbar ukrainische Angriffe mit Raketen
Die US-Zeitung schreibt unter Berufung auf US-Beamte, dass das Pentagon seit Monaten den Einsatz von bestimmten Raketen durch die Ukraine für Angriffe innerhalb Russland blockiert. Ein geheimes Genehmigungsverfahren auf höchster Ebene des Verteidigungsministeriums hindere die Ukraine seit dem späten Frühjahr daran, bestimmte US-amerikanische Raketensysteme, in diesem Fall vorrangig ATACMS, auf Ziele in Russland abzufeuern, sagten Beamte laut WSJ. Damit liegt die Entscheidung letztlich bei Trumps Verteidigungsminister Pete Hegseth. Das WSJ spricht in diesem Zusammenhang von sogenannten Langstreckenraketen, die ATACMS erreichen allerdings nur eine Reichweite von mehreren Hundert Kilometern und sind damit eigentlich Kurzstreckenraketen.
Unterschiede zwischen Kurzstreckenraketen, Mittelstreckenraketen und Langstreckenraketen
Die Einteilung von Raketen erfolgt primär nach ihrer maximalen Reichweite. Je nach Definition haben Kurzstreckenraketen eine Reichweite, die unter 1000 Kilometern liegt. In diese Kategorie gehören unter anderem die amerikanischen ATACMS oder auch russische Iskander-Raketen. Mittelstreckenraketen erreichen 1000 bis 5500 Kilometer. In diese Kategorie fallen etwa Pershing-II oder Hwasong-12. Alles darüber hinaus gilt als Langstreckenraketen – in der Regel Interkontinentalraketen (unter anderem Topol-M oder Minuteman III). Viele dieser Systeme sind durch Rüstungskontrollverträge erfasst, allerdings oft nur bilateral und nicht universell gültig.
Das Prüfverfahren steht damit eigentlich im Widerspruch zu den jüngsten Aussagen des US-Präsidenten. Noch am vergangenen Donnerstag, dem 21. August, hatte Trump in mehreren Social-Media-Beiträgen erklärt, die Ukraine könne Russland nicht besiegen, wenn sie in dem Krieg, der seit der Invasion Moskaus bereits mehr als drei Jahre andauert, nicht „in die Offensive gehen“ könne. „Es ist sehr schwer, wenn nicht unmöglich, einen Krieg zu gewinnen, ohne das einfallende Land anzugreifen“, schrieb er. „Es gibt keine Chance, zu gewinnen!“
Lage im Ukraine-Krieg: Kein Gipfel in Sicht – Debatte um Sicherheitsgarantien
Während die Kämpfe im Ukraine-Krieg weitergehen, wird dreieinhalb Jahre nach Beginn der russischen Invasion weiter über mögliche Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau gesprochen. Trump hatte bereits nach seinem Treffen mit Wladimir Putin in Alaska verkündet, dass er zeitnah weitere Gespräche vorantreiben wolle. Bislang ist allerdings unklar, wann und wo ein Ukraine-Gipfel stattfinden wird. Vor dem Hintergrund möglicher Friedensverhandlungen hofft Selenskyj indes auf Sicherheitsgarantien.
„Derzeit arbeiten die Teams der Ukraine, der Vereinigten Staaten und der europäischen Partner an deren Ausgestaltung. Alle Entwicklungen werden in den kommenden Tagen abgeschlossen sein“, schrieb Selenskyj auf der Plattform X. Seit dem Treffen von Selenskyj und europäischen Spitzenpolitikern mit US-Präsident Donald Trump in Washington am vergangenen Montag wird beraten, wie militärische Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen könnten. Dabei geht es um eine Stärkung der ukrainischen Verteidigungsfähigkeit, aber auch um mögliche Truppen in oder dicht an der Ukraine zur Absicherung. Die Hauptlast würden die europäischen Nato-Mitglieder, darunter Deutschland, tragen.

Russland setzt Offensive im Ukraine-Krieg fort: kein Ende in Sicht
Russland setzt im Ukraine-Krieg aktuell zwar weiter auf einen Vormarsch und treibt mit der jüngsten Offensive die Eroberung von weiteren Ortschaften voran. Dennoch sieht Selenskyj gerade jetzt eine echte Chance, den Konflikt zu beenden. Die Ukraine sei bereit für konstruktive Schritte, die einen echten Frieden näher bringen könnten. Russland zeige jedoch keine Absicht, Frieden zu schließen, und bombardiere weiterhin ukrainische Städte.
„Es bedarf Druck, um ihre Position zu ändern, sowie eines Treffens auf höchster Ebene, um alle Fragen zu erörtern“, sagte Selenskyj weiter. Ob die Ukraine dabei auf militärische Stärke oder internationale Garantien setzen kann, bleibt offen. (fbu/dpa)