Strategien gegen Internetabhängigkeit - Experte verrät: Ich war selbst mediensüchtig – so habe ich den Ausstieg geschafft
SCAVIS-Studie: Wirksamkeit des Stepped Care Ansatzes
Heute gibt es immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse, die belegen, wie entscheidend frühzeitige und individuell angepasste Hilfen sind. Eine dieser Studien ist die SCAVIS-Studie, bei der ein mehrstufiges Versorgungssystem (Stepped Care Ansatz) für Menschen mit internetbezogenen Störungen untersucht wurde. Dieser Ansatz sieht unterschiedliche Intensitäten der Hilfe vor, je nach Schweregrad des Problems:
- App-basierte Intervention für leichtere Fälle
- Telefonische Kurzinterventionen nach dem Prinzip des Motivational Interviewing
- Verhaltenstherapeutische Onlinetherapie für ausgeprägtere Störungen
Die Studie konnte zeigen, dass Teilnehmende, die diese abgestuften Hilfen erhielten, deutlich seltener weitere Abhängigkeitskriterien entwickelten als jene in der Kontrollgruppe. Außerdem gingen Alltagsbeeinträchtigungen und Online-Zeit in der Interventionsgruppe signifikant stärker zurück. Das heißt konkret: Frühes und bedarfsgerechtes Eingreifen kann Internetnutzungsstörungen effektiv reduzieren und Betroffenen einen gesünderen Umgang mit digitalen Medien ermöglichen.
Warum Prävention schon in der Grundschule beginnt
Mein eigenes Beispiel zeigt, dass der Übergang von normaler Nutzung in eine problematische Abhängigkeit oft unscheinbar verläuft. Genau deshalb braucht es Aufklärungssysteme, bevor Kinder und Jugendliche überhaupt in die Gefahrenzone geraten. In unseren Schulprojekten erleben wir immer häufiger Grundschulkinder, die bereits Spiele wie GTA oder Fortnite spielen – Titel, die eigentlich erst ab einem deutlich höheren Alter freigegeben sein sollten. Hier liegt das Problem: Wenn sich riskante Nutzungsmuster erst einmal etabliert haben, wird es später umso schwieriger, sie aufzubrechen.
- Frühzeitige Sensibilisierung: Kinder in jungen Jahren lernen schnell und nehmen viele Eindrücke ungefiltert auf. Daher ist es umso wichtiger, ihnen schon früh beizubringen, was ein gesunder Medienkonsum ist.
- Eltern als Vorbilder: Auch Eltern sollten kritisch reflektieren, wie sie selbst digitale Medien nutzen. Kinder und Jugendliche orientieren sich stark an ihrem Umfeld.
- Schulen und Lehrkräfte: Eine gemeinsame Strategie in Bildungseinrichtungen kann helfen, Kinder früh zu stärken. Digitale Kompetenz heißt nicht nur, Tools zu beherrschen, sondern auch, Grenzen setzen zu können.
Der Einfluss mangelhafter Aufklärung
Viele Jugendliche – und auch Erwachsene – wissen gar nicht, welche Mechanismen hinter beliebten Games oder Social-Media-Plattformen stecken. „Freemium“-Modelle, ständige Updates und neue Features sind so konzipiert, dass sie unser Belohnungssystem immer wieder kitzeln und uns an den Bildschirm fesseln. Ohne ein Bewusstsein für diese Tricks geraten vor allem Heranwachsende schnell in eine Sogwirkung, der sie nur schwer entkommen können.
Einladung zur Elternsprechstunde
Weil mir das Thema so am Herzen liegt, biete ich eine Elternsprechstunde an. Dort erhalten Sie erste Hilfen, konkrete Tipps und individuelle Strategien, um Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu einem gesunden Medienkonsum zu begleiten. Informationen und Termine finden Sie unter: Elternsprechstunde.
Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche das Beste aus der digitalen Welt herausholen – ohne sich darin zu verlieren. Mein eigener Weg aus der Mediensucht mag holprig gewesen sein, aber ich hoffe, dass er anderen zeigt: Es gibt immer einen Ausweg. Und mit den richtigen Präventionsmaßnahmen und Angeboten muss es gar nicht erst so weit kommen.