„Es ist beschämend“: Vater warnt vor Situation in deutschen Kitas

  1. Startseite
  2. Deutschland

Kommentare

Eine aktuelle Analyse zeigt, wie viele Kita-Plätze für Kinder unter drei Jahren fehlen. Der Vater eines Kitakindes glaubt, dass sich die Situation in den kommenden Monaten zuspitzt.

In Deutschland fehlen 306.000 Kitaplätze für unter Dreijährige. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW). Damit können 13,6 Prozent der Kinder in diesem Alter nicht in die Kita, obwohl die Eltern Bedarf haben. Die Lücke ist zwar im Vergleich zum Vorjahr um 38.200 Plätze zurückgegangen, aber es gibt keinen Grund zur Entwarnung.

Der Ausbau von Betreuungsplätzen in Deutschland schreite „derzeit kaum voran“, heißt es in der Studie und die Betreuungswünsche der Eltern werden „voraussichtlich weiter zunehmen“. Einer, der die Probleme von Kitaeltern täglich spürt, ist Alex Liefermann. Er fühlt sich als Vater von zwei Kindern, davon ein Sohn im Kitaalter, „hilflos und allein gelassen“, sagt er BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA.

Kind in der Kita
In NRW (18,6 Prozent) und Bremen (23,9 Prozent) ist die Kitalücke laut einer Analyse des IWs am größten. © Imago/Dreamstime

Kita-Platz-Mangel ist in Westdeutschland gravierender als in Ostdeutschland

Die errechnete Betreuungslücke basiert laut der IW-Studie auf einer repräsentativen Eltern-Befragung des Bundesfamilienministeriums. Dabei seien 8.754 Elternteile zu ihrem Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren befragt worden. Auf das aktuelle Jahr hochgerechnet, geht das IW davon aus, dass 1,14 Millionen Betreuungsplätze gebraucht werden. Von diesen seien etwas mehr als 848.000 aktuell belegt.

Dabei gibt es beim Betreuungsangebot innerhalb Deutschlands große Unterschiede: Während 2024 der Berechnung zufolge in Westdeutschland 277.900 Plätze für unter Dreijährige fehlen, sind es in Ostdeutschland lediglich 28.200. Ähnliches zeigte der „Nationale Bildungsbericht“ im Hinblick auf den Personalbedarf in der frühen Bildung.

Demnach ist dieser durch Neuzugänge aus Ausbildung in Ostdeutschland inzwischen „weitgehend gedeckt“. Doch die Situation in Westdeutschland sei nach wie vor kritisch: Hier prognostiziert der Bericht noch bis zum Jahr 2035 eine Personallücke.

Vater setzt sich für Verbesserung der Kita-Situation in Deutschland ein

Liefermann kämpft seit zwei Jahren für eine Verbesserung der Situation, organisiert Demos in Nordrhein-Westfalen und konfrontiert Politikerinnen. Er berichtet von fehlenden Fachkräften, fehlenden Plätzen und Kitaschließungen wegen Personalmangel – „es ist beschämend“, sagt er. Seine Frau habe ihre Arbeitszeit von 25 auf 15 Stunden die Woche reduziert, damit sie die Betreuung des Sohns auch weiterhin sicherstellen könnten.

Er selbst, freiberuflich in der Medienbranche tätig, habe schon Aufträge absagen müssen, weil seine Kita auf Notbetreuung umstellte. Das belaste die Familie auch finanziell. „Die Schlinge zieht sich immer enger zu. Ich weiß nicht, wo das noch hinführt. Erzieher und Erzieherinnen warnen schon seit Jahren, aber es passiert nichts. Jetzt im Winter, wo die Krankheitswellen wieder losgehen, wird es wieder schlimm werden“, sagt Liefermann.

Erzieherin stellt Forderungen, die gegen Kita-Notstand helfen könnten

Hannah*, eine ausgebildete Kindheitspädagogin, ist seit etwa zehn Jahren als Erzieherin tätig und weiß, was den Job als Erzieherin in einer Kita „trübt“ und was sich ändern müsste. Sie fordert zum Beispiel mehr Gehaltsstufen. „Ich finde, dass das Gehalt reicht“, sagt die Erzieherin BuzzFeed News Deutschland. Das sei aber natürlich eine sehr individuelle Wahrnehmung. Was „deprimierend“ sei, ist, dass es sich nicht wirklich ändern werde, fügt sie hinzu.

Mitte Oktober verabschiedete der Bundestag ein neues Gesetz für bessere Kitas. Es sieht vor, dass die Länder auch in den kommenden beiden Jahren jeweils rund zwei Milliarden Euro vom Bund zur Verbesserung des Betreuungsangebots an Kitas erhalten sollen. Der Fokus soll dabei auf mehr Stellen für Erzieherinnen und Erzieher liegen, vor allem im Westen Deutschlands. Das neue Gesetz soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.

*Hannah ist ein Pseudonym. Ihr voller Name ist der BuzzFeed News Deutschland-Redaktion bekannt.

Auch interessant

Kommentare