Frühstart-Rente: Wie das neue Altersvorsorge-Modell für Kinder funktioniert

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Die Bundesregierung plant ab 2026 die Frühstart-Rente für jedes Kind ab sechs Jahren. Das Geld fließt in ein Altersvorsorgedepot. Experten rechnen mit attraktiven Renditen.

Berlin – Die geplante Frühstart-Rente ist Teil der Rentenreform von Union und SPD. Laut dem Handelsblatt sollen Kinder, die in Deutschland eine Schule besuchen, zwischen dem sechsten und 18. Lebensjahr jeden Monat zehn Euro vom Bund zum Investieren bekommen. Die bis zum 18. Geburtstag angesparte Summe kann danach bis zum Renteneintritt durch eigene Einzahlungen erhöht werden. Die Erträge dieser Investitionen sollen dann bis zum Renteneintritt steuerfrei sein.

Die Finanzierung der Frühstart-Rente ist nach Expertenmeinung verkraftbar. Laut dem Handelsblatt wurden 2024 in Deutschland rund 677.000 Kinder geboren, im Schnitt der vergangenen 18 Jahre waren es etwa 730.000 Kinder. Pro Jahrgang müsste der Bund für die Frühstart-Rente etwa 87,6 Millionen Euro aufwenden. Da zwölf Jahrgänge parallel gefördert werden, muss der Bund jedes Jahr etwa eine Milliarde Euro aufwenden. Martin Werding, Rentenexperte von der Uni Bochum und Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, hält die Ausgaben für verkraftbar. „Da kommt es auf eine Milliarde mehr oder weniger auch nicht an“, sagte Werding dem Handelsblatt. Zum Vergleich: Für die Mütterrente zahlte der Bund laut Zahlen des Deutschen Bundestags allein im vergangenen Jahr etwa 18 Milliarden Euro.

Frühstart-Rente im Rechenbeispiel: Das Rendite-Potenzial der zehn Euro monatlich

Marcel Reyers vom Bundesvorstand der Finanzplanervereinigung FPSB hat die Auswirkungen der zehn Euro pro Monat berechnet. Er geht bei seiner Rechnung von einer Rendite von im Schnitt sieben Prozent aus, berichtet das Handelsblatt. Nach seinen Berechnungen hat ein Kind, das ab seinem sechsten Geburtstag jeden Monat zehn Euro bekommt und entsprechend anlegt, mit 18 Jahren rund 2250 Euro zur Verfügung. Angenommen, die 2250 Euro bleiben zwischen dem 18. und dem 67. Geburtstag des Kindes zu den gleichen Konditionen ohne weiteres Zutun investiert, stehen unterm Strich gut 68.700 Euro bei Renteneintritt. Würde ein Kind bereits ab Geburt die Frühstart-Rente bekommen haben, könnte es mit 67 sogar über mehr als 131.000 Euro verfügen.

Die Bundesregierung plant ab 2026 die Frühstart-Rente für jedes Kind ab sechs Jahren. © Montage/Imago/allOver-MEV/CHROMORANGE

Karl Matthäus Schmidt, Gründer des Robo-Advisors Quirion der Quirin Privatbank, kann mit dem sechsten Geburtstag als Startpunkt wenig anfangen. „Warum fließen die zehn Euro nicht bereits ab der Geburt?“, fragte Schmidt im Handelsblatt. „Jeder Euro, den wir heute für Rentner von 2080 und später anlegen, wird sich zigfach rentieren“, sagte der Banker und fünffache Vater.
Schmidt wirbt dafür, dass Eltern den Bundeszuschuss aufstocken. Wenn Eltern 40 Euro dazugeben, kommen zwischen dem sechsten und 18. Lebensjahr rund 11.250 Euro zusammen. Lässt man dieses Vermögen zwischen dem 18. und dem 67. Geburtstag ohne weiteres Zutun zu den gleichen Konditionen weiterwachsen, stehen unterm Strich nach Steuern rund 265.500 Euro bei Renteneintritt.

Private Altersvorsorge als Pseudo-Rente: Praktische Umsetzung noch ungeklärt

Philipp Vorndran, Anlagestratege beim Vermögensverwalter Flossbach von Storch, ist, ähnlich wie Reyers und Schmidt, für einen Kostendeckel. Die Produkte, in die mit dem Kapital der Frühstart-Rente investiert wird, sollten höchstens ein bis 1,25 Prozent pro Jahr inklusive Ordergebühren kosten. „Aktien sind gerade für junge Menschen beim Sparen für die Rente ein Muss“, sagte Finanzplaner Reyers dem Handelsblatt. Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des Fondsverbands BVI, bestätigt: „Mit Investmentfonds kann jedermann risikogestreut für die Altersvorsorge sparen und von den Chancen der Kapitalmärkte profitieren.“ Nach seiner Erfahrung haben Sparpläne mit weltweit investierenden Aktienfonds über 30 Jahre nie einen Verlust gemacht.

Viele Details der Frühstart-Rente sind noch offen. Laut Tagesschau ist unklar, wer das Depot verwaltet und in welche Anlageklassen investiert wird. Auch die Frage, ob die zehn Euro von den Eltern steuerfrei aufgestockt werden können, ist noch nicht geklärt.
Timo Halbe, Geldanlage-Experte bei Finanztip, rät vor allem auf die entstehenden Kosten bei den unterschiedlichen Anbietern zu achten, sobald die Details geklärt sind. „Welche Kosten entstehen für die Depotführung oder bei der Ausführung des Sparplanes?“, so Halbe gegenüber der Tagesschau.

Ursprünglich war ein Start zum 1. Januar 2026 geplant. Die Frühstart-Rente ist Teil des zweiten Pakets der Rentenreform, das nach der Sommerpause verabschiedet werden soll. Im Herbst soll das genaue Konzept im Kabinett vorgelegt, beschlossen und auf den parlamentarischen Weg gebracht werden. Christoph Stibbe von der Sparkasse Koblenz beobachtet bereits jetzt ein Umdenken bei der Kundschaft. „Die Renten- und Pensionssysteme haben ein grundlegendes Finanzierungsproblem – und das seit Jahrzehnten. Die Bürger haben das längst verstanden und handeln“, so Stibbe gegenüber der Tagesschau. (ls)

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