„Stalin genau wie Putin“ – Experte skizziert Ablauf für Ukraine-Endgame im Krieg mit Russland

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Josef Stalins Invasion in Finnland 1939 wird zunehmend mit Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine verglichen. © Montage: Imago/dpa/picture-alliance/Itar-Tass/Valery Shalifulin/Pool Sputnik Kremlin/Mikhail Metzel/fn

Helsinki warnt Kiew vor Abkommen, die die Nato-Bestrebungen der Ukraine gefährden könnten. Experten ziehen Parallelen zum Winterkrieg von 1939 unter Stalin.

Kiew/Moskau/Helsinki – Russlands Präsident Wladimir Putin hat mit seinem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 einen internationalen Konflikt ausgelöst. Der Krieg hat nicht nur Millionen von Leben zerstört und die Ukraine in Trümmer gelegt, sondern auch die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen massiv belastet.

Josef Stalins Invasion in Finnland 1939 wird zunehmend mit Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine verglichen. Dabei steht die Frage im Raum, ob das Abkommen, das den Winterkrieg beendete, als Vorlage für eine Lösung des Ukraine-Konflikts dienen könnte. Finnland spricht sich jedoch klar dagegen aus.

Ukraine-Krieg: Helsinki warnt Kiew vor Abkommen, das Nato-Bestrebungen einschränkt

Helsinki warnt Kiew davor, einem Abkommen zuzustimmen, das die Nato-Bestrebungen der Ukraine einschränken könnte. Der 1948 geschlossene Vertrag, der nach dem von Stalin eingeleiteten Krieg verhandelt wurde, sicherte Finnland zwar seine Unabhängigkeit, verpflichtete das Land jedoch zu Neutralität, Entmilitarisierung und einer außenpolitischen Ausrichtung an Moskau. „Die Finnlandisierung ist ein Modell, das in die Tonne gehört“, sagt Sari Arho Havrén, Gastwissenschaftlerin an der Universität Helsinki gegenüber Newsweek. Sie ergänzte, dass ein solches Modell nur Putins Interessen dienen würde.

Finnlands Außenministerin Elina Valtonen betonte, dass Neutralität keine friedliche Lösung sei. „Seien wir ehrlich: Die Ukraine war neutral, bevor sie von Russland angegriffen wurde“, sagte sie im November gegenüber Reuters.

Experte zieht Parallelen zwischen Putins Invasion 2022 und dem Winterkrieg 1939

Im November 1939 greift die Sowjetunion das benachbarte Finnland an und löst damit den sogenannten Winterkrieg aus. Offiziell werden Sicherheitsinteressen Russlands als Grund genannt. Doch in Wirklichkeit strebte Stalin an, das erst wenige Jahrzehnten zuvor unabhängige Finnland wieder unter sowjetischen Einfluss zu bringen.

Wie 1939 gingen auch Putins Invasion 2022 gescheiterte Gespräche voraus. Moskau verfügte in beiden Fällen über eine massive militärische Überlegenheit und erwartete einen schnellen Sieg. „Stalin dachte genau wie Putin, dass der Krieg in wenigen Tagen vorbei sein würde“, sagte Pekka Kallioniemi, Postdoktorand an der Universität Tampere in Finnland gegenüber Newsweek.

Aus dem Newsweek-Bericht geht hervor: „Stalin warf der finnischen Führung vor, faschistisch zu sein. Die Idee hinter der Invasion bestand darin, eine Pufferzone zwischen Deutschland und der UdSSR zu schaffen“, sagte Kallioniemi. Im Jahr 2022 behauptete Putin, die „Entnazifizierung“ der Ukraine und ihre Neutralität rechtfertigten seine groß angelegte Invasion.

Finnland warnt: Ukraine soll keine Kompromisse mit Russland eingehen, die ihre Sicherheit gefährden

Kallioniemi erklärte, dass Stalin den Krieg bis zu seinem Geburtstag am 21. Dezember 1939 beenden wollte, um Finnland als „Geschenk“ zu erhalten. Doch Finnland leistete Widerstand und fügte den sowjetischen Truppen schwere Verluste zu. Trotz Finnlands Widerstand erreichte Stalin einige territoriale Ziele. Auf dieser Erfahrungen stützt die Warnung Helsinkis, die Ukraine sollte keine Kompromisse eingehen, die ihre Souveränität oder Sicherheit gefährden könnten.

Nach dem Winterkrieg 1939 bis 1940: Finnland verliert Gebiete und verpflichtet sich zur Neutralität

Die „Finnlandisierung“ bezeichnet eine Politik einer neutralen Haltung, die Finnland nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Druck der Sowjetunion verfolgte. Nach dem Winterkrieg von 1939 bis 1940, in dem Finnland gegen die Sowjetunion kämpfte, musste das Land sich zu einer neutralen Haltung verpflichten. Das bedeutete, dass Finnland seine Außenpolitik so gestaltete, dass sie die Interessen der Sowjetunion berücksichtigte, um weiteren Konflikten zu entgehen und gleichzeitig seine Unabhängigkeit zu bewahren. Heute wird der Begriff „Finnlandisierung“ oft als Warnung verwendet, besonders im Zusammengang mit dem Ukraine-Krieg.

Angesichts des Ukraine-Kriegs: Finnland tritt Nato bei – Experte warnt vor „Finnlandisierungsdeal“

Nato-Verteidigungsministertreffen in Belgien
Selenskyj hofft auf eine Einladung zum Nato-Beitritt der Ukraine. (Archivbild) © Virginia Mayo/AP/dpa

Im April 2023 trat Finnland der Nato bei, nachdem es viele Jahre neutral gegenüber Russland geblieben war. Arho Havrén äußerte jedoch Bedenken gegenüber sogenannten „Finnlandisierungsdeals“, da diese die Vorstellung verschleierten, dass der Ukraine eine Nato-Mitgliedschaft verweigert werden könne, obwohl das Land in den letzten zwei Jahrzehnten aktiv eine euro-atlantische Integration angestrebt habe.

Konstantin Sonin, Professor an der Harris School of Public Policy der Universität Chicago und überzeugter Putin-Kritiker, betonte gegenüber Newsweek, dass das Problem der Finnlandisierung der Ukraine nicht bei der Ukraine selbst liege, sondern bei Russland. Er erklärte, dass die Finnlandisierung der Ukraine in gewisser Weise bereits zwischen 1991 und 2014 versucht wurde. Bis 2022 habe Russland einen enormen Einfluss auf die Ukraine ausgeübt – möglicherweise sogar mehr als die Sowjetunion auf Finnland. (jal)

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