Flüchtlingsheim in Krün: Bürgermeister wirbt um Verständnis
In spätestens fünf Monaten ist Krün um 50 ausländische Einwohner reicher. Bürgermeister Thomas Schwarzenberger begründet den Bau der Flüchtlingsunterkunft.
Krün – Die Flüchtlingskrise macht selbst vor einer Tourismus-Destination nicht Stopp. Mehr noch: Das Thema hält die Region zwischen Staffelsee und Karwendel regelrecht in Atem. Vielleicht ist darin das vergleichsweise große Interesse an der Bürgerversammlung in Krün begründet. Knapp 100 von 1968 Gemeindebürgern fanden sich am Donnerstagabend im Kurhaus-Festsaal.
„Da ist ja mehr los wie in Garmisch-Partenkirchen“, wunderte sich Landrat Anton Speer (Freie Wähler), der unmittelbar zuvor im Olympiaort (27 000 Einwohner) ebenfalls bei einer Bürgerversammlung vor einer Geisterkulisse im Kongresszentrum gesprochen hatte – auch zum latenten Zustrom von Migranten, der Kommunen deutschlandweit an ihre Grenzen bringt.
In Krün ist dieses brisante Thema aktueller denn je, laufen doch momentan die Vorbereitungen für ein Container-Dorf im Gewerbegebiet, das im April/Mai 2024 auf rund 1200 Quadratmetern maximal 50 Asylsuchenden eine laut Bürgermeister Thomas Schwarzenberger (CSU) „ menschenwürdige Unterbringung“ garantieren soll.
Im Kurhaus versuchte der Rathauschef, den Zuhörern die einstimmige Gemeinderatsentscheidung vom März 2023 nachvollziehbar zu machen. „Bei jeder Bürgermeister-Dienstbesprechung hören wir die dringende Bitte, Unterkünfte bereitzustellen.“ Doch nicht nur das: „Wir hören auch die Aufrufe nach Solidarität derjenigen Bürgermeisterkollegen, die das Soll übererfüllen.“
Eine Zuteilung an die Gemeinden kann nicht mehr ausgeschlossen werden.
Was in Krün definitiv nicht der Fall ist: Von insgesamt 2575 Schutzsuchenden wohnen bislang lediglich sieben auf Krüner Gemeindegebiet – verhältnismäßig wenige also. „Aber die Luft wird dünner, die brauchbaren Angebote werden immer weniger“, erläuterte Schwarzenberger. Schlimmer noch: „Eine Zuteilung an die Gemeinden kann nicht mehr ausgeschlossen werden.“ An dieser Stelle würdigte der Rathauschef das Krisenmanagement von Anton Speer. „Der Landrat hat Flüchtlinge nicht bestellt, hat sich die Aufgabe nicht gewünscht.“ Oftmals müssen schlicht Anordnungen der übergeordneten und ebenfalls überstrapazierten Bezirksregierung vollzogen werden. Im Landratsamt versucht man das im partnerschaftlichen Dialog mit den jeweiligen Orten. „Wir rufen jeden an“, versicherte Landrat Speer. „Der Austausch mit den Gemeinden ist wichtig.“
Vor diesem Hintergrund kam es im Frühjahr zu der Vereinbarung zwischen Krün und dem Landkreis. Im Grunde hätte das Projekt schon im Sommer über die Bühne gehen sollen. Doch das Ganze verzögerte sich wegen des lieben Geldes. Erst jetzt signalisierte die Regierung von Oberbayern, die Kosten für das geplante Container-Dorf zu übernehmen. Die Situierung erscheint den Rathaus-Verantwortlichen günstig – Bushaltestelle, Apotheke, Arzt, Schule, Kindergarten sowie Lebensmittelgeschäfte sind fußläufig erreichbar. Alternativen wie Kurhaus, Feuerwehrhaus oder Vereinsheim hatte der Gemeinderat kategorisch ausgeschlossen.
In spätestens fünf Monaten wird das Dorf um 50 Einwohner wachsen. Nicht alle Krüner werden die Neubürger mit offenen armen empfangen, dessen ist sich der Rathauschef bewusst. Daher kündigt er vor Eröffnung der Flüchtlingsunterkunft eine Info-Veranstaltung unter anderem mit Vertretern von Polizei und Landratsamt an.
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