Umstrittenes Rätsel gelöst - Sagenumwobenes Reitervolk: Genanalyse enthüllt die wahre Herkunft der Hunnen

Eine aktuelle Genanalyse wirft ein völlig neues Licht auf das Rätsel um die Herkunft der Hunnen. Wie ein Team um Walter Pohl, Koordinator des Großprojekts „HistoGenes“, in der Fachzeitschrift „PNAS“ darlegt, brach diese Bevölkerungsgruppe in den 370er Jahren gewissermaßen in die europäische Geschichte ein.

Fakten über die Hunnen?

  • Hunnen ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe der zentralasiatischen Reitervölker mit nomadischer, später halbnomadischer Lebensweise
  • Ausgehend von dem Gebiet nördlich des Schwarzen Meeres fielen sie ab 375/76 mit unbekannter Reiterkampftechnik in Europa ein.
  • In Europa setzten die Hunnen große Bevölkerungsgruppen wie die Goten und Alanen massiv unter Druck.
  • Die europäischen Stämme wichen aufgrund des Überfalls der Hunnen in Richtung Weströmisches Reich aus und trugen dort zum Ende dessen bei.
  • Die Hunnen gründeten ein großes Reich in Europa, das um das Jahr 450 unter dem sagenumwobenen König Attila in Osteuropa eine dominierende Stelle einnahm.

Die genetische Herkunft der Hunnen ist umstritten

Ziel des „HistoGenes“-Projektes ist es, auf Basis umfassender archäologischer, historischer und Analysen von alter DNA historische Abläufe und die Lebensverhältnisse zwischen 400 und 900 unserer Zeitrechnung in Ostmitteleuropa neu zu bewerten. 

Das Auftreten der Hunnen wird schon seit dem 18. Jahrhundert von der Wissenschaft mit dem Erbe des Xiongnu-Reiches in Verbindung gebracht. Eine Bevölkerungsgruppe, die in der mongolischen Steppe und weiten Teilen Innerasiens zwischen dem 2. Jahrhundert vor und dem 1. Jahrhundert nach Christus existierte.

In den folgenden rund drei Jahrhunderten hätten die Nachfolger der Xiongnu demnach den weiten Weg Richtung Europa angetreten, wo sie dann als „Hunnen“ auftraten, so die Theorie. 

Team analysiert 370 Genome von Menschen aus der damaligen Zeit

Das Team um Studien-Erstautor Guido Alberto Gnecchi-Ruscone vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig analysierte insgesamt 370 Genome von Menschen aus der damaligen Zeit. Sie suchten nach Spuren für eine Abstammung von Europas Hunnen weit im Osten. Das Erbgut von 35 Menschen, großteils aus dem heutigen Ungarn, wurde im Rahmen der Arbeit zum ersten Mal untersucht.

Dabei zeigte sich, dass die ethnische Zusammensetzung der Hunnen divers war. Ihre Herkunft lässt sich nicht nur auf das Xiongnu-Reich in der Mongolei zurückführen. Es gab auch Einflüsse aus verschiedenen Teilen Europas, aber auch aus dem Kaukasus oder der zentralasiatischen Steppe.

Allerdings fanden sich bei einigen Individuen Erbgutspuren, die tatsächlich von Nordost- über Zentralasien bis ins Karpatenbecken reichten. Manche der europäischen Hunnen stammten also tatsächlich weitläufig von dort. Der nordost- und zentralasiatische Einfluss auf die Gesamtbevölkerung war insgesamt allerdings eher gering.

DNA-Analysen widerlegen Vermutungen über Opfer von Pompeji

DNA-Analysen bringen immer wieder neue Informationen ans Licht. So wurden bereits wichtige Details über die Identität der Opfer des Vesuvausbruchs enthüllt. Dabei zeigen laut der Fachzeitschrift „Current Biology“ Genomtests an den Skelettresten, dass die lang gehegten Vermutungen über die Toten oft nicht stimmen. Unter anderem stellte sich heraus, dass eine Erwachsenen und ein Kind, die als Mutter und Kind galten, genetisch nicht miteinander verwandt waren.