Geplanter Besuch von AfD-Chefin Weidel bei Schlossfestspielen endet für Hausherrin in Blamage
Vicky Leandros erteilt Alice Weidel bei ihrem Auftritt am Montag Konzertverbot. Gloria von Thurn und Taxis musste nachgeben.
Regensburg – Am Sonntag gegen 22.30 Uhr traf AfD-Chefin Alice Weidel mit zwei Begleitfahrzeugen in Regensburg ein und bezog ein Zimmer im Schloss St. Emmeram. Nach dem holprigen ARD-Sommerinterview in Berlin ging es direkt dorthin. Das Zimmer, so heißt es aus dem Umfeld des Fürstenhauses, war mindestens bis zum Auftritt von Gianna Nannini am Mittwoch reserviert. So schildern es Insider.
Schlossfestspiele: Gloria von Thurn und Taxis lud Weidel als Ehrengast ein
Am Montagabend sollte Weidel als Ehrengast von Gloria von Thurn und Taxis beim Konzert von Vicky Leandros in der ersten Reihe sitzen. Nach der Einladung des Rechtsextremisten Maximilian Krah wäre dies ein weiterer Schritt in der Provokationsstrategie der Regensburger Adligen, die bei den Schlossfestspielen alljährlich ihren Kulturkampf von rechts inszeniert. Doch auch dieser Abend verlief anders als geplant – und endete in einer Blamage für die Gastgeberin.
Am Vormittag berichtete die Mittelbayerische Zeitung, dass Weidel beim Konzert anwesend sein würde. Die Polizei bestätigte, sie bereite sich auf den Besuch und mögliche Proteste vor, wurde jedoch später zurückhaltender.
Die Bombe platzt: Alice Weidel erhält Konzertverbot
„Ich kann und darf Ihnen weder etwas zum Aufenthaltsort von Frau Weidel sagen noch dazu, ob sie an der Veranstaltung teilnimmt“, erklärte ein Polizeisprecher am Nachmittag. Gleichzeitig mobilisierte die „Initiative gegen Rechts“ eine Demonstration gegen Weidels geplanten Auftritt.
Kurz nach 18 Uhr, zweieinhalb Stunden vor Konzertbeginn, platzte die Bombe: Die Bild und später die Abendzeitung meldeten, dass Vicky Leandros sich gegen Weidels Anwesenheit stellte. „Alice Weidel ist bei meinem Konzert nicht willkommen“, zitierte die Abendzeitung die 72-Jährige. Leandros hatte erst am Vorabend von Weidels Einladung erfahren und dem Veranstalter sowie der Gastgeberin ein Ultimatum gestellt. Sie wolle nicht, dass ihr Konzert politisch instrumentalisiert werde.
AfD-Abgeordnete beschimpft Vicky Leandros
„Ich stehe für Vielfalt, Toleranz, Menschenwürde, Menschenrechte und Internationalität“, erklärte Leandros. „Ich bin mit fünf Jahren aus Athen nach Deutschland gekommen und wurde mit offenen Armen aufgenommen. So lebe ich auch. Ich habe Respekt vor jedem Menschen und lasse ihn so leben, wie es ihn glücklich macht.“
Gloria von Thurn und Taxis lenkte ein und zog die Einladung zurück – trotz des Protests der AfD-Abgeordneten Carina Schießl. Diese beschimpfte Leandros in der Mittelbayerischen Zeitung als „abgehalftertes, verglühendes Schlagersternchen“.
Vor dem Schloss: 900 Menschen demonstrieren gegen Rechtsaußen
Am Emmeramsplatz versammelten sich derweil rund 900 Menschen, um gegen die Einladung Weidels und die Normalisierung rechtsextremer Positionen bei den Schlossfestspielen zu demonstrieren. Angemeldet waren lediglich 50. Dr. Gabriele Griese-Heindl vom Bündnis für Toleranz und Menschenrechte kritisierte die Schlossfestspiele scharf: Sie seien ein „Pflasterstein auf dem Weg in den Abgrund“.
Auch CSU-Oberbürgermeisterkandidatin Astrid Freudenstein, Landrätin Tanja Schweiger (Freie Wähler) und CSU-Bundestagsabgeordneter Peter Aumer gerieten in die Kritik, weil sie sich bei den Festspielen hatten ablichten lassen. „Schämt euch“, riefen die Demonstranten immer wieder.
Fragwürdiger Veranstalter und Gloria sollen beim Jedermann mitspielen
Bemerkenswert war auch der Auftritt des Regensburger CSU-Chefs Michael Lehner mit Veranstalter Peter Kittel, der auf seiner Webseite regelmäßig mit rechtsradikalen und rassistischen Texten auffällt, aber auch mit schlichten Unflätigkeiten. Zuletzt hatte er auf dem von ihm betriebenen Veranstaltungsgelände ein rechtslibertäres Festival zu Gast. Trotz vorheriger Spannungen scheinen Wahlkampf und die Rückbesinnung auf eine „konservative Gesellschaft“ solche Differenzen zu überbrücken.
Ironisch: Bei der geplanten Jedermann-Aufführung am 26. Juli sollen sowohl Gloria von Thurn und Taxis als auch Kittel auf der Bühne stehen. Was wohl Hugo von Hofmannsthal dazu gesagt hätte?
Gloria von Thurn und Taxis: Immer wieder Gastgeberin für rechte Veranstaltungen
Die Verbindungen rund um das Schloss wirken fragwürdig. Gloria von Thurn und Taxis verfolgt längst eine klare Agenda: Sie lud mehrfach zu Treffen der äußersten Rechten ein oder stellte Räume dafür zur Verfügung. Auch am Schlosspark formierten sich am Montagabend Demonstranten mit Transparenten. Die Polizei versuchte vergeblich, Lautsprecher aus Bäumen zu entfernen, die schrille Pfeifgeräusche abspielten.
Alice Weidel konnte das Geschehen allenfalls vom Fenster aus verfolgen. Laut einem Bericht der Mittelbayerischen Zeitung war sie nicht nur beim Konzert, sondern auch beim traditionellen Festessen der Fürstin unerwünscht.
Quellen: Weidel soll noch länger bleiben
Ob Weidel bis zum Auftritt von Gianna Nannini im Schloss bleibt, bleibt unklar. Die Redaktion erfuhr aus dem Umfeld des Fürstenhauses, dass dies ursprünglich geplant war. Es bleibt abzuwarten, ob sie doch noch in der ersten Reihe landet – und wie Veranstalter, Gastronomie und Künstler auf die Einladung der AfD-Chefin reagieren.
Der Verfassungsschutz hat die Einstufung der Partei als rechtsextremistisch jedenfalls nie zurückgenommen, sondern lediglich ruhend gestellt.