Weniger netto vom brutto: Krankenkassenbeiträge gehen 2025 durch die Decke
Die Krankenkassenbeiträge werden im kommenden Jahr aller Voraussicht nach deutlich steigen. Die Kassen erwarten einen Anstieg des Zusatzbeitrags, den Haushalte deutlich zu spüren bekommen.
Berlin – Haushalte in Deutschland müssen sich auf deutliche steigenden Sozialausgaben in den kommenden Jahren einstellen. So steigen die Beiträge, die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen jeden Monat zahlen müssen, in fast allen Bereichen an: Die Rentenbeiträge werden voraussichtlich ab 2026 zu steigen beginnen, wie die Ampel-Regierung mit dem Rentenpaket II beschlossen hat. Und auch bei der Krankenversicherung stehen Beitragssteigerungen aufgrund der Klinik-Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an. Wie das Handelsblatt nun berichtet, erwarten die Krankenkassen eine Erhöhung des Zusatzbeitrags von derzeit 1,7 auf 2,45 Prozent ab 2025.
Tabelle zeigt: So viel weniger bleibt in der Tasche durch höhere Krankenkassenbeiträge
Erst vor wenigen Wochen hatte bereits der Chef der Krankenkasse DAK-Gesundheit, Andreas Storm, vor einer deutlichen Erhöhung der Beiträge gewarnt. „Wir müssen bei der Krankenversicherung zum Jahresanfang 2025 mit einem Beitragsanstieg von 0,5 Prozentpunkten rechnen und bei der Pflegeversicherung von 0,2 Punkten“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland noch Ende März. In beiden Sozialversicherungen gebe es eine „stärkere Ausgabendynamik“ als bisher erwartet.
In der Krankenversicherung werde bis zum Ende des Jahres ein Defizit von bis zu 2,5 Milliarden Euro auflaufen. „Das ist eine sehr vorsichtige Schätzung“, fügte der Chef der drittgrößten gesetzlichen Krankenkasse hinzu. Auch die Pflegeversicherung werde anders als von Lauterbach zugesagt nicht mit den Beitragseinnahmen auskommen, sondern im Minus landen. „Die Krankenkassen fahren auf der Felge“, betonte Storm. Eigentlich versuchten Regierungen immer, die Beiträge in einem Wahljahr stabil zu halten. Aber diesmal laufe es „auf saftige Erhöhungen“ der Sozialabgaben hinaus.
Diesen Berechnungen stimmt nun auch der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK), der im Handelsblatt von einem Anstieg des Zusatzbeitrags auf 2,45 Prozent plus X ausgeht. Die Bild-Zeitung hat berechnet, wie viel Geld Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen damit jeden Monat weniger in der Tasche haben dürften, wenn die Beiträge tatsächlich in diesem Maße ansteigen. Entscheiden können das die Krankenversicherungen selbst, wie sehr sie den Zusatzbeitrag hochschrauben:
Bruttolohn | Kassenbeitrag im Schnitt aktuell | Kassenbeitrag im Schnitt neu |
---|---|---|
1500 Euro | 122,25 Euro | 127,88 Euro |
2000 Euro | 163 Euro | 238,50 Euro |
2500 Euro | 203,75 Euro | 213,13 Euro |
3000 Euro | 244,50 Euro | 255,75 Euro |
3500 Euro | 285,25 Euro | 298,38 Euro |
4000 Euro | 326 Euro | 341 Euro |
4500 Euro | 366,75 Euro | 383,63 Euro |
5000 Euro | 407,50 Euro | 426,25 Euro |
Reform von Lauterbach wird von Versicherten bezahlt
Grund für die Steigerungen sind die Reformen des Gesundheitsministers, deren Kosten zur Hälfte von den Krankenkassen und damit den Versicherten zur Last gelegt werden.
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Die Krankenhausreform zielt darauf ab, die Vergütung bei Kliniken anzupassen und so ein Kliniksterben zu verhindern. Zudem soll ein sogenannter „Transformationsfonds“ eingerichtet werden, aus dem Kliniken Mittel bekommen können, wenn sie Investitionen tätigen müssen, dafür aber nicht genug Geld haben. Das Geld kann beantragt werden zum Beispiel, um telemedizinische Angebote auszubauen oder zum Aufbau von neuen Zentren zur Behandlung von „seltenen, komplexen oder schwerwiegenden Erkrankungen“, wie es im Entwurf heißt. Dieser Transformationsfonds soll bis 2035 mit 50 Milliarden Euro gefüllt werden. Die Hälfte davon tragen die Länder, die andere Hälfte soll aus den Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung gestellt werden.

Und genau da ist der Haken: Um die 25 Milliarden Euro für den Fonds aufzutreiben (jedes Jahr 2,5 Milliarden Euro bis 2035), werden die Krankenkassen ziemlich wahrscheinlich die Kassenbeiträge erhöhen. „Damit würden die Versicherten erneut Opfer einer verfassungswidrigen Zweckentfremdung von Beitragsmitteln zur Finanzierung originärer Staatsaufgaben. Die Sozialkassen sollen Betriebskosten finanzieren und nicht die Defizite von Infrastrukturreformen ausgleichen. Spätestens die Gerichte müssen dies stoppen“, mahnt Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des Dachverbands der Betrieblichen Krankenkassen (BKK), in einer Stellungnahme vor einigen Wochen schon. „Ist der Ruf erst ruiniert, regierts sichs völlig ungeniert“, so Knieps weiter zum Vorgaben des Ministers.
„Umverteilung von unten nach oben“: Beamte und Privatversicherte zahlen nicht
„Das ist eine klassische Umverteilung von unten nach oben. Die Privatversicherten und die Beamten überhaupt nicht heranzuziehen ist völlig inakzeptabel“, sagte Andreas Storm der Augsburger Allgemeinen im März. Er erwarte deshalb auch, dass der Plan vor einem Gericht nicht standhalten werde. „Wir halten das geplante Vorgehen des Bundes auch verfassungsrechtlich für nicht haltbar, den Großteil der Finanzierung auf die Krankenkassen abzuwälzen, weil die gesetzliche Krankenversicherung nur für die Bereitstellung der laufenden Kosten zuständig ist.“
Die Krankenhausreform soll nach dem Willen der Regierung noch in diesem Jahr beschlossen werden.
Mit Material von dpa