Bedrohen Mondlandungen das Wassereis auf dem Mond? Neue Studie schürt Befürchtungen
Die Erforschung des Mond-Eises steht vor einer Herausforderung. Zukünftige Mondlandungen könnten die Ergebnisse erheblich beeinträchtigen.
Columbia – Auf dem Mond gibt es Wasser in Form von Eis – sowohl in einer extrem dünnen Schicht in schattigen Gebieten auf der Oberfläche, als auch in tiefen, dunklen Kratern, den sogenannten „Kältefallen“. Das Wasser ist einer von mehreren Gründen, warum der Mond erneut im Fokus der Raumfahrt steht. Während in den vergangenen Jahren nur unbemannte Missionen zum Erdtrabanten aufgebrochen sind, sollen in den kommenden Jahren auch wieder Menschen zum Mond fliegen. Entsprechende Programme der USA und Chinas sind in Arbeit.
Die nächsten Menschen auf dem Mond sollen unter anderem das Wassereis vor Ort untersuchen und mehr über seine Herkunft herausfinden. Doch könnte eine Mondlandung selbst diesen Plan gefährden? Schließlich landet ein großes Raumschiff, ein sogenanntes „Human Landing System“ (HLS) auf dem Erdtrabanten und stößt dabei Abgasfahnen aus. Mit dieser Frage hat sich ein Forschungsteam um William Farrell vom Space Science Institute in Maryland beschäftigt. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Planetary Science Journal veröffentlicht.
Mondlandung des „Starship“ könnte Wasser auf dem Mond kontaminieren
Schätzungen zufolge hat das „LAMP“-Instrument der Nasa-Sonde „Lunar Reconnaissance Orbiter“ zwischen zwei und 60 Tonnen Oberflächenwasser am Südpol des Mondes nachgewiesen. Das könnte durch die Abgasfahnen des „Starships“ beeinträchtigt werden, warnt eine neue Studie. Das „Starship“ ist ein in der Entwicklung befindliches Raumschiff des privaten US-Raumfahrtunternehmens SpaceX von Elon Musk. Die neue Studie zeigt, dass solche Landesysteme bei der Landung auf dem Mond durch ihre Abgasfahnen Wasser von der Erde mitbringen könnten – und zwar in Mengen, die die Wissenschaft beeinflussen könnten.
„Wir stellen fest, dass die Raumschiff-Landefahne in einigen Fällen das Potenzial hat, mehr als 10 Tonnen Wasser in die dauerhaft abgeschatteten Regionen zu bringen“, so das Forschungsteam über das „Starship“. Dies würde einen „erheblichen Anteil“ der vorhandenen Oberflächenwassermasse auf dem Mond ausmachen – möglicherweise sogar mehr als 20 Prozent. Die Forscher warnen: „Dieser anthropogene Beitrag könnte sich mit dem natürlich vorkommenden Eisregolith an der Oberfläche überlagern und vermischen.“
Erforschung des Mond-Eises könnte verhindert werden
Das könnte die wichtige Untersuchung des Mond-Eises erschweren. Schließlich ist noch nicht genau bekannt, woher das Wasser stammt und wie es auf den Mond gelangt ist. „Mit einem großen Lander, der zehn Tonnen Wasser zu den Kältefallen bringt, könnten die Forscher die Möglichkeit verlieren, die Quelle dieses Oberflächeneises eindeutig zu bestimmen“, erläutert Farrell gegenüber space.com. „Die Chance ist dann vertan.“
Aber wie könnte man das verhindern – oder zumindest genauer bestimmen, welche Auswirkungen eine Mondlandung auf das Wassereis auf dem Mond hat? Das Forschungsteam hat eine Idee: „Wir schlagen vor, dass bestehende und künftige Orbital- und Landemittel genutzt werden, um die Auswirkungen von Polarlandefahrzeugen auf die Kältefallen innerhalb der dauerhaft verschatteten Regionen zu untersuchen“, heißt es in der Studie.
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Raumsonden könnten betroffene Mond-Regionen vor der Landung untersuchen
Zum Beispiel könnten Raumsonden wie LRO die betroffenen Regionen am Südpol vor und nach der ersten geplanten „Starship“-Landung untersuchen. Aus diesen Daten könnten die Auswirkungen der Mondlandung auf das natürliche Eisregolith auf dem Mond ermittelt werden. Ein von der Nasa geplanter Mond-Rover namens „VIPER“ könnte zudem noch vor der ersten Landung des „Starships“ das Wasser auf dem Mond untersuchen und auch die Auswirkungen einer Landung beobachten. „VIPER“ soll frühestens im November 2024 zum Mond starten.
Das Forschungsteam hat auch die insgesamt sechs „Apollo“-Landungen auf dem Mond untersucht und keine großen Auswirkungen auf das Mond-Eis festgestellt. Alle Landungen zusammen hätten „nicht mehr als 0,36 Tonnen Wasser“ zum Wassereis auf dem Mond beigetragen, so das Forschungsteam. (tab)