Forschungsteam findet lange gesuchtes schwarzes Loch in der Milchstraße

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Wissenschaftler haben ein mittelgroßes schwarzes Loch in der Milchstraße entdeckt. Die Entdeckung liefert neue Einblicke in die Entwicklung von Galaxien.

Heidelberg – Ein Forschungsteam um Maximilian Häberle vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg ist ein wichtiger Fund gelungen: Inmitten der Milchstraße hat die Forschungsgruppe ein schwarzes Loch mit mindestens 8200 Sonnenmassen gefunden. Damit unterscheidet sich die Neuentdeckung deutlich von den anderen Arten schwarzer Löcher, die bereits lange bekannt sind – es ist das lange gesuchte fehlende „Bindeglied“ zwischen den kleinen stellaren schwarzen Löchern und gigantischen supermassereichen schwarzen Löchern.

Diese beiden Objekttypen sind bereits recht gut erforscht, beide wurden auch in der Milchstraße gefunden: Im Zentrum unserer Galaxie existiert das supermassereiche schwarze Loch Sagittarius A* mit etwa vier Millionen Sonnenmassen. Weiter draußen gibt es unter anderem das stellare schwarze Loch Gaia BH3, das mit nur 33 Sonnenmassen dagegen ein Winzling ist.

Fehlendes „Bindeglied“: Mittelgroßes schwarzes Loch in der Milchstraße entdeckt

Die Wissenschaft war sich schon lange sicher, dass es zwischen diesen beiden extremen Typen von schwarzen Löchern noch eine mittlere Kategorie geben muss. Doch bisher konnte kein solches Objekt nachgewiesen werden. Nun ist es dem Forschungsteam um Häberle gelungen, die Ergebnisse wurden im Fachjournal Nature veröffentlicht.

Die verschiedenen Typen von schwarzen Löchern

Ein stellares schwarzes Loch entsteht, wenn ein Stern kollabiert: Er stößt seine äußeren Hüllen in einer Supernova ab, der Kern fällt in sich zusammen und wird zu einem extrem kompakten schwarzen Loch. Stellare schwarze Löcher haben Massen von einigen wenigen bis hin zu mehreren zehn Sonnenmassen. Diese schwarzen Löcher sind relativ gut erforscht.

Supermassereiche schwarze Löcher befinden sich im Zentrum der meisten Galaxien – auch im Zentrum der Milchstraße befindet sich ein supermassereiches schwarzes Loch (Sagittarius A*). Wie diese schwarzen Löcher entstehen, ist bisher unklar. Ein supermassereiches schwarzes Loch kann hunderttausend Sonnenmassen und bis zu zehn Milliarden Sonnenmassen haben. Auch sie sind relativ gut erforscht.

Mittelschwere schwarze Löcher wurden von der Forschung bisher als weitere Gruppe vermutet. Sie sollen eine Masse von mehreren hundert bis einigen tausend Sonnenmassen besitzen – genau wie das schwarze Loch im Zentrum von Omega Centauri. Wie genau die mittelschweren schwarzen Löcher entstehen, ist bisher noch unklar – schließlich wurde das erste gerade erst nachgewiesen. Die Forschung geht aber davon aus, dass sie wachsen, indem sie sich kleinere Galaxien einverleiben oder mit größeren Galaxien verschmelzen.

Das neu entdeckte schwarze Loch befindet sich im Zentrum des Sternhaufens Omega Centauri, einer Ansammlung von etwa zehn Millionen Sternen, die auf der südlichen Halbkugel als Fleck am Nachthimmel sichtbar sind. Das Zentrum dieses Sternhaufens ist so dicht, dass es unmöglich ist, einzelne Sterne zu unterscheiden. Schon lange vermuteten Astronomen, dass Omega Centauri ein schwarzes Loch in seinem Zentrum beherbergt, doch bisher konnte dies nicht bewiesen werden.

Analyse von „Hubble“-Archivbildern enttarnt das schwarze Loch

Häberle und sein Team konnten durch die Analyse von Archivbildern des „Hubble“-Weltraumteleskops einen umfangreichen Katalog für die Bewegung der Sterne in Omega Centauri erstellen. „Die Suche nach schnellen Sternen und die Dokumentation ihrer Bewegung war die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen“, so Häberle in einer Mitteilung. Am Ende der Suche fanden sie jedoch sieben Sterne, die sich auffällig schnell im Zentrum von Omega Centauri bewegen.

Ein undatiertes Bild aus Aufnahmen des Weltraumteleskops „Hubble“, die im Zeitraum 2002 bis 2023 aufgenommen wurden, zeigt den Kugelsternhaufen Omega Centauri. Das markierte Feld zeigt an, wo sich ein schwarze Loch wahrscheinlich befinden soll. (Archivbild)
Ein undatiertes Bild aus Aufnahmen des Weltraumteleskops „Hubble“, die im Zeitraum 2002 bis 2023 aufgenommen wurden, zeigt den Kugelsternhaufen Omega Centauri. Das markierte Feld zeigt an, wo sich ein schwarze Loch wahrscheinlich befinden soll. (Archivbild) © dpa/ESA/Hubble & NASA, M. Häberle (MPIA)

Diese sieben Hochgeschwindigkeitssterne ermöglichten es dem Forschungsteam, nachzuweisen, dass sich im Zentrum von Omega Centauri tatsächlich ein schwarzes Loch befindet. Aus der Bewegung der sieben Sterne schloss das Team, dass dieses mindestens eine Masse von 8200 Sonnen haben muss. Nadine Neumayer, eine Mitautorin der Studie, betont: „Bei früheren Studien der Zentralregionen von Omega Centauri konnte man jeweils kritisch nachfragen: Wo sind denn die Hochgeschwindigkeitssterne? Jetzt haben wir die Antwort, und die Bestätigung, dass Omega Centauri tatsächlich ein mittelgroßes schwarzes Loch enthält.“

Omega Centauri und sein schwarzes Loch sind eine Momentaufnahme der Galaxien-Evolution

Neumayer fügte hinzu: „Mit einer Entfernung von etwa 18.000 Lichtjahren ist dies das nächstgelegene bekannte Beispiel für ein massereiches schwarzes Loch.“ Zum Vergleich: Das supermassereiche schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße ist etwa 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Häberle und sein Team planen, das Zentrum von Omega Centauri in der Zukunft noch genauer zu untersuchen. Dabei soll das „James Webb“-Weltraumteleskop helfen, für das das Forschungsteam bereits Beobachtungszeit erhalten hat.

Ein Aufnahme des Weltraumteleskops „Hubble“ vom Kugelsternhaufen Omega Centauri. Das Feld markiert die Region, in der sich das schwarze Loch befinden soll. (Archivbild)
Ein Aufnahme des Weltraumteleskops „Hubble“ vom Kugelsternhaufen Omega Centauri. Das Feld markiert die Region, in der sich das schwarze Loch befinden soll. (Archivbild) © dpa/ESA/Hubble & NASA, M. Häberle (MPIA)

Bei einer Sache ist sich das Forschungsteam bereits recht sicher: Der Sternhaufen Omega Centauri war einst eine kleine, separate Galaxie mit einem mittelschweren schwarzen Loch in ihrem Zentrum. Als Omega Centauri von der Milchstraße verschluckt wurde, endete die Entwicklung der Galaxie und des schwarzen Lochs abrupt. Deshalb ist Omega Centauri für die Forschung besonders interessant: Der Sternhaufen bildet eine Art Momentaufnahme der Galaxien-Evolution.

Nachdem die Milchstraße die kleine Galaxie geschluckt hatte, wuchs weder die Galaxie noch das schwarze Loch weiter – es blieb genau so erhalten, wie es vor der Verschmelzung existierte. Damit kann die Forschung erstmals das lange gesuchte „Bindeglied“ schwarzer Löcher untersuchen – und das ganz in der „Nähe“, in unserer Galaxie. (tab)

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