Drei Tage nur Porridge: Wie sinnvoll ist die Haferkur wirklich?

  1. Startseite
  2. Leben
  3. Genuss

KommentareDrucken

Haferflocken sind gesund, das steht außer Frage. Doch wie sinnvoll ist die sogenannte Haferkur, bei der drei Tage ausschließlich das Getreide auf den Tisch kommt?

Seinen Status als Trend-Getreide hat Hafer vor allem Porridge und Overnight Oats zu verdanken, die für viele Menschen zu einem beliebten Frühstück geworden sind. Auch bei der sogenannten Haferkur steht das heimische Lebensmittel im Fokus: Drei Tage lang kommt nur Haferbrei auf den Tisch. Das soll besonders für Menschen, die an Diabetes leiden, zahlreiche Vorteile bringen. Darüber hinaus könnten die Hafertage sich als Einstieg in eine gesündere Ernährung eignen. Die Studienlage zu der Kur ist jedoch dünn.

Haferflocken sind voller Vitamine und Ballaststoffe

Grundsätzlich strotzt Hafer vor gesundheitsfördernden Eigenschaften. Das Getreide liefert wichtige Mineralstoffe, darunter Zink, Eisen, Magnesium und Vitamine wie B1, B6 und Biotin. Die langkettigen, komplexen Kohlenhydrate im Hafer werden langsam verdaut, wodurch der Blutzuckerspiegel nur mäßig ansteigt. Darüber hinaus enthalten die Flocken vergleichsweise viel pflanzliches Eiweiß, das in Kombination mit den Kohlenhydraten für die sättigende Wirkung des Getreides sorgt, berichtet die Apotheken Umschau.

Um den nussigen Geschmack von Hafer zu betonen, kann man die Flocken vor der Zubereitung in einer Pfanne rösten. © Westend61/Imago

„Hafer enthält sehr viel antioxidative Substanzen, die unseren Körper vor dem Älterwerden schützen, und sekundäre Pflanzenstoffe, die sogar Arterienverkalkung hemmen“, erläutert Dr. Matthias Riedl, Diabetologe, Ernährungsmediziner und Internist, im Hamburger Abendblatt. Was das Getreide zu einer Art Superfood macht, ist der hohe Gehalt an Ballaststoffen (10 Gramm pro 100 Gramm Hafer). Es gilt als erwiesen, dass pflanzliche Ballaststoffe günstig für den Stoffwechsel sind und unter anderem helfen können, Diabetes vorzubeugen. Eine besondere Rolle spielt der lösliche Ballaststoff Beta-Glucan, der nicht nur die Darmflora und die Darmschleimhaut unterstützt, sondern eine senkende Wirkung auf Blutzucker und Cholesterin hat.

Hafer hat positive Wirkung auf Diabetes-Patienten

Das soll vor allem Personen, die an Typ-2-Diabetes leiden, zugutekommen, insbesondere den Patienten, die an einer Insulinresistenz leiden. Betroffene benötigen mehr Insulin, um den Zucker aus dem Blut in Zellen zu befördern. Laut Apotheken Umschau wirkt Insulin wie ein Masthormon, was in vielen Fällen zu Übergewicht führt. Das Ziel von Hafertagen ist es, die Insulinresistenz zu abzuschwächen.

Ursprünge der Haferkur

Die Haferkur war ursprünglich eine Art Notlösung aus der Zeit, in der sich Diabetes nicht mit Medikamenten behandeln ließ, schreibt die Apotheken Umschau. 1902 riet der Mediziner Carl von Noorden aus Bonn zu Haferkuren, um hohe Blutzuckerwerte zu senken. Die Entdeckung der Insulin-Behandlung im Jahr 1921 machte das Behelfsmittel Hafer überflüssig. Die Haferkur geriet daraufhin erst einmal in Vergessenheit.

Wie die Krankenkasse AOK berichtet, haben Forscher herausgefunden, dass Hafer tatsächlich die Insulinwirkung im Körper verbessern kann. Das Getreide kann die Empfindsamkeit der Körperzellen für das Hormon erhöhen, sodass der Zucker wieder besser aufgenommen wird und die Blutzuckerwerte sinken. Weitere Daten belegen, dass die Blutzuckerwerte von Personen mit Typ-2-Diabetes, die regelmäßig Hafer verzehrten, weniger stark ansteigen.

Viel Getreide, wenig Obst und Gemüse – so sieht die Haferkur aus

Laut Apotheken Umschau deuten Studien zudem darauf hin, dass Hafer die Leberfunktion bei einer Fettleber, die bei Typ-2-Diabetes oft vorkommt, positiv beeinflussen kann. „Zusammen mit den anderen Wirkungen des Hafers kann die Verbesserung der Leberfunktion das Abnehmen weiter erleichtern“, sagt Dr. Matthias Riedl. So zahlreich die Forschungen zur Wirkung von Hafer sind, so gering ist die Studienlage, wenn es explizit um die Haferkur geht. Doch wie sieht diese überhaupt aus?

An den Hafertagen werden drei Mahlzeiten gegessen, die aus je 75 Gramm Haferflocken bestehen. Diese sollen mit 300 bis 500 Milliliter Wasser oder fettfreier Brühe aufgekocht werden. Alternativ kann man das Getreide in kaltem Wasser quellen lassen. Vor dem Verzehr sollte man die Flocken mindestens 30 Minuten einweichen lassen. Laut dem Ernährungsratgeber des NDR ist das besser für die Verdauung und die Aufnahme der Mineralstoffe.

Sie möchten keine Rezepte und Küchentricks mehr verpassen?

Hier geht‘s zum Genuss-Newsletter unseres Partners Merkur.de.

Den Haferbrei kann man nach Belieben würzen. Pro Tag sind zudem 100 Gramm kohlenhydratarmes Gemüse (etwa Lauch, Brokkoli, Zucchini in Wasser gekocht oder ohne Öl gebacken) sowie 50 zuckerarmes Obst (etwa Beeren oder Kiwis) erlaubt. Dazu sollte man täglich zwei Liter Wasser oder ungesüßten Tee trinken. Zucker und Fett sind nicht erlaubt. Mit süßem, üppigem Frühstücksporridge hat die Hafer-Kur also wenig zu tun.

Dünne Studienlage zur Haferkur

„Die stoffwechselverbessernde Wirkung der Kur hält etwa sechs Wochen lang an“, sagt Matthias Riedl dem NDR. Man könne die Kur bei Bedarf alle sechs bis acht Wochen wiederholen – oder jede Woche einen einzelnen Hafertag einlegen. Bestätigt wurde dieser Effekt bisher nur durch eine einzelne Studie aus dem Jahr 2008, wie die AOK betont. Bei insgesamt 14 Diabetes-Patienten sank nach zwei Tagen Haferkur der mittlere Blutzuckerspiegel. Auch vier Wochen später war der Wert geringer als vor der Haferkur. Jedoch sind die Daten kritisch zu betrachten, da die Zahl der Teilnehmenden gering war und es keine Kontrollgruppe gab.

Frau hält ein Glas Overnight Oats mit Bananen und Walnüssen in Hand
Ein beliebtes Frühstück, das gerne auch auf Instagram in Szene gesetzt wird: Overnights Oats. © Pond5 Images/Imago

In jedem Fall sollte man – insbesondere wenn man regelmäßig Medikamente einnimmt oder Insulin spritzt – die Haferkur niemals ohne Absprache mit dem Arzt beginnen. „Schon ein Hafertag wirkt intensiv auf die Blutzuckerwerte, sodass in manchen Fällen die Insulinmengen reduziert werden sollten, um Unterzuckerung zu vermeiden“, mahnt Ernährungsmediziner Dr. Winfried Keuthage im Gespräch mit der Apotheken Umschau. Aber auch für gesunde Menschen empfiehlt es sich, eine Haferkur, wie auch anderer Formen des Fastens, zuvor mit einem Arzt abzuklären.

Keine Diät, aber ein Einstieg in eine gesündere Ernährung

Die Hafertage eignen sich zwar nicht als Diät, könnten aber als Einstieg in eine gesündere Ernährungsweise dienen, erklären Winfried Keuthage und Matthias Riedl. Die Kur gebe Faktoren vor, die für einen gesunden Stoffwechsel wertvoll sind, erklärt Letzterer im Gespräch mit der Apotheken Umschau: „Eine feste Struktur aus drei Mahlzeiten, viele Ballaststoffe und viele pflanzliche Stoffe.“ Die Energiezufuhr ist bei den Hafertagen zwar stark reduziert – sie liegt bei etwa 800 bis 1000 Kalorien. Übermäßigen Hunger sollte man aufgrund der sättigenden Wirkung des Getreides nicht verspüren.

Wer sich satt fühlt, isst in der Regel automatisch weniger und greift seltener zu Snacks. Die Haferkur könnte deshalb beim Abnehmen unterstützen. Wer im Anschluss aber nicht dauerhaft die Ernährung umstellt, hat so gut wie keinen Effekt von den kalorienreduzierten Tagen. Nur wer auf lange Sicht die Kalorienzufuhr einschränkt und sich ausgewogen ernährt, kann nachhaltig Gewicht verlieren. Dazu kann Hafer durchaus beitragen. Wegen seiner vielen gesundheitsfördernden Eigenschaften sollte das Getreide ein Bestandteil jeder gesundheitsbewussten Ernährung sein.

Auch interessant

Kommentare