Merz bei Trump: Schon nach Sekunden droht dem Kanzler der erste Macht-Trick
Friedrich Merz trifft US-Präsident Trump im Weißen Haus. Für den Kanzler könnte der Besuch zum Drahtseilakt werden. Schon beim Handshake ist Vorsicht geboten.
Washington, D.C. – Es ist soweit: Am Donnerstag wird Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erstmals mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus zusammen kommen. Angesetzt ist das Treffen der beiden Staatschefs für 11 Uhr US-amerikanischer Ortszeit, durch die sechsstündige Zeitverschiebung kann es in Deutschland ab 17 Uhr (Ortszeit) verfolgt werden. Erwartet wird die erste Begegnung Merz’ und Trumps im Oval Office mit Spannung. Immer noch frisch dürften vielen die Bilder des Besuchs von Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus Ende Februar in Erinnerung sein, bei dem es zu einem Eklat kam. Derartiges gilt es für Merz nun unbedingt zu vermeiden. Aber wie?
Köpersprache und Tonfall werden bei Merz’ Empfang im Weißen Haus entscheidend sein
Am frühen Donnerstagmorgen um 0.51 Uhr (US-Ortszeit) traf Bundeskanzler Merz mit dem Luftwaffen-Airbus Konrad Adenauer in Washington, D.C. ein. Als gutes Omen für das Treffen mit Trump könnte die Einladung des Republikaners verstanden werden, Merz im Blair House unterzubringen, dem Gästehaus des Präsidenten, das direkt neben dem Weißen Haus liegt. Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wurde diese Ehre bei seinem Besuch im Oval Office 2022 nicht zuteil.
Dennoch wird Merz bestens wissen, nicht blindlings auf die Gunst des Republikaners zu vertrauen. Denn neben Themen wie dem Ukraine-Krieg und dem Konflikt in Gaza, Trumps aggressiver Zollpolitik und der Rolle der USA in der Nato, wird die Begegnung der beiden Staatschefs zentrale Akzente des amerikanisch-deutschen Verhältnisses setzten und die Weichen für die nächsten Jahre stellen. Philip Luck vom Zentrum für Strategische und Internationale Studien (CSIS) in Washington geht jedoch davon aus, dass Merz’ Begegnung mit Trump nicht viel Bewegung ins Thema Ukraine-Krieg bringen wird, wie er der Tagesschau verriet.
Messbar dürfte der Erfolg oder Misserfolg des Treffens an Körpersprache und Tonfall der beiden sein, da sind sich viele Experten einig. Auch dürfte es Merz darum gehen, jegliche Art von Eskalation zu vermeiden, denn Trumps Treffen mit Selenskyj wirft seine Schatten noch immer voraus. „Grundsätzlich besteht diese Gefahr bei jedem Besuch im Oval Office“, mahnt Luck gegenüber der Tagesschau. Für das Trump-Treffen halten Regierungssprecher Stefan Kornelius und Mariam Lau (Autorin des Buchs „Merz: Auf der Suche nach der verlorenen Mitte“) den Kanzler zwar für „gut vorbereitet“, doch im Endeffekt bleibt Merz’ anstehender Besuch im Oval Office ein Drahtseilakt, bei dem es auf öffentlichkeitswirksame Details ankommen dürfte. Orientiert haben dürfte sich Merz daher mitunter auch an den vorigen Besuchen anderer Staatschefs bei Trump.
Merz ist offenbar gut auf Trump-Treffen vorbereitet – doch schon beim Handschlag ist Vorsicht geboten
Dass Trump viel Fokus auf Selbstinszenierung legt, ist ebenso bekannt wie die Tatsache, dass der Republikaner Zusammenkünfte mit anderen Regierungschefs im Weißen Haus gerne als Show für seine Wähler – und nicht selten auch als Machtspiel – inszeniert. Entscheidend kann dabei schon der erste Eindruck sein, wie Trumps Begegnung mit Selenskyj zeigte: Wie so häufig wählte der ukrainische Präsident bei seinem Besuch im Oval Office aus Solidarität zu den Streitkräften seines Landes ein wenig „offizielles“ Outfit – er erschien in dunklem Pullover mit ukrainischem Emblem und Cargohose. Trump missbilligte das und verhöhnte Selenskyj bereits, als der unmittelbar vor dem Treffen am Weißen Haus eintraf: „Er hat sich heute richtig schick gemacht“, höhnte Trump damals.
Dass Merz in Anzug und Krawatte im Oval Office erscheint, dürfte wohl unzweifelhaft klar sein. Doch daneben gibt es im Detail weit mehr Aspekte, die das Treffen auf einen positiven Weg bringen könnten, oder sich umgekehrt als Fettnäpfchen für den Kanzler herausstellen könnten. So schon der Handschlag der Staatschefs, der üblicherweise ganz am Anfang eines jeden Treffens eines US-Präsidenten mit einem ausländischen Regierungschef steht. Traditionell liefen die Besuche ausländischer Staats- und Regierungschefs in Washington immer nach einem ähnlichen Muster ab, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland hinweist: Zunächst der Handshake, gefolgt von einem kurzen Fototermin vor dem Kamin im Oval Office, anschließend die Gespräche hinter verschlossenen Türen. Und zum Abschluss eine gemeinsame Pressekonferenz im East Room oder im Rose Garden.
Doch der Republikaner änderte diese Abfolge ganz nach seinem Gusto: Nun ist die Begrüßung im Oval Office der zentrale Pressetermin, der eine Dreiviertelstunde oder länger dauert und per Videostream in die Welt ausgesendet wird. Dabei hofiert Trump sein Gegenüber, oder er stichelt und beleidigt – in jedem Fall besitzt der Republikaner dabei die Gesprächshoheit und mit Abstand die meisten Redeanteile. Vorsicht ist für Bundeskanzler Merz jedoch schon beim Handshake mit Trump geboten.
Trump stilisiert den Handschlag im Weißen Haus fast zu einer Bewährungsprobe für sein Gegenüber
Bereits beim Handschlag pflegt Trump nämlich ganz eigene Marotten: „Grab and yank“ nennen die US-Amerikaner Trumps Handschüttel-Stil, der darin besteht, die Hand seines Gegenübers fest zu drücken, an ihr zu ziehen und sie lange nicht loszulassen. Was vielen getrost irritierend vorkommen mag, könnte gar als erste Bewährungsprobe ausländischer Regierungschefs beim Besuch im Weißen Haus verstanden werden.
Oder als generelles Symbol der Zu- oder Abneigung, wie auch Angela Merkel 2017 bei ihrem Empfang im Oval Office feststellen musste: Trump reichte Merkel damals nicht die Hand – ob er ihre Bitte danach überhörte oder einfach ignorierte, bleibt bis heute offen. Ganz anders handhabte es Trump im selben Jahr mit dem damaligen japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe: Ganze 19 Sekunden lang schüttelte, drückte und zerrte der Republikaner damals an der Hand des sichtlich irritierten Abes, bevor er sie los ließ.
Deutlich leichter schien es Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch im Weißen Haus im Februar (24. Februar) gefallen sein, Trumps Händeschütteln zu erwidern: Beherzt griff der französische Staatschef nach der Hand des Republikaners und ließ sich davon nicht aus der Fassung bringen. Nun ist Bundeskanzler Merz bei seinem ersten Treffen mit Trump gefragt, in passender Weise auf die kapriziösen Handschlag-Eigenarten des Republikaners zu reagieren. (fh)