Militärexperten kritisieren Baerbocks Ukraine-Vorschlag: „Ist eine Scheindebatte“

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Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock lehnt Nato-Friedenstruppen in der Ukraine nicht ab. Experten bezweifeln die Machbarkeit.

Brüssel – Auf dem Nato-Außenministertreffen in Brüssel rückte ein sensibles Thema in den Fokus. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), hat über die Möglichkeit eines Waffenstillstands im Ukraine-Krieg gesprochen. Neben Sicherheitsgarantien wie einer Nato-Mitgliedschaft stehe auch eine internationale Präsenz zur Absicherung eines Waffenstillstandes im Raum, so Baerbock. Auch eine deutsche Beteiligung schloss die Grünen-Politikerin nicht komplett aus. Militärexperten reagieren auf die Aussagen.

Laut dem Professor für internationale Politik an der Bundeswehr-Uni München, Carlo Masala, müssten für eine solche Friedenstruppe Soldaten „im zweistelligen Tausenderbereich“ entsendet werden. Das läge daran, dass „allein im Osten und Südosten eine 1200 Kilometer lange Frontlinie existiert“. Dabei stünde möglicherweise viel auf dem Spiel, wie Masala gegenüber der Bild erklärte: „Diese Truppe müsste ein Mandat bekommen, im Ernstfall einen umfassenden Krieg gegen Russland zu führen.“

Annalena Baerbock (Bündnis90/Die Grünen), Außenministerin, äußert sich vor einem Nato-Treffen vor Journalisten.
Annalena Baerbock lehnte Nato-Friedenstruppen in der Ukraine nicht ab. © picture alliance/dpa | Ansgar Haase

Nato-Friedenstruppen in der Ukraine bräuchten Ausrüstung – Abhängigkeit von den USA

Dafür müssten die Truppen auch ausreichend ausgerüstet sein. „Wir reden nicht über etwas schwerer bewaffnete Friedenstruppen. Sondern über europäische Bodentruppen, die alles brauchen: gepanzerte Fahrzeuge, Panzer, Artillerie, Luftunterstützung“, so der Professor. Masala zeigte sich skeptisch, ob die EU-Staaten zu diesem Ausmaß der militärischen Präsenz bereit wären und stufte die Idee als „nicht umsetzbar“ ein.

Auch Thomas Jäger, Professor für Außenpolitik an der Universität Köln, zeigte sich laut der Bild skeptisch gegenüber dem Ausmaß der von Baerbock vorgeschlagenen Unterstützung: „Das Problem ist, dass die europäischen Streitkräfte das derzeit nicht können, weder materiell noch personell, noch außerhalb der Nato.“ Jäger verwies dabei auch auf die Stellung der Vereinigten Staaten: „Ohne die USA gibt es keine Abschreckung gegen Russland.“ Er schlussfolgerte: „Insofern ist es eine Scheindebatte, die manchem zur Profilierung dienen mag, aber keine Substanz hat.“

Gegen Spekulationen zum Kriegsende: Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine noch weit entfernt

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entgegnete zu der Idee einer Friedenstruppe laut der AFP, es sei „ganz unangemessen“, darüber zu spekulieren, was nach einem Kriegsende kommen würde. Allerdings verteidigte Scholz auch Baerbock, die lediglich versucht habe, „eine diplomatische Antwort“ zu geben und „weder Ja noch Nein zu sagen“. Dennoch sei das Ziel des SPDlers „Konzepte mit der Ukraine zu entwickeln, wie der Krieg doch irgendwann enden kann“.

Der ehemalige Nato-General Hans-Lothar Domröse warnte gegenüber RBB24 ebenfalls vor Spekulationen. Um Friedenstruppen in Erwägung zu ziehen, müsste erst eine Vereinbarung zwischen der Ukraine und Russland in Sicht sein. „So weit sind wir ja leider noch gar nicht“, so Domröse. Es sei zudem ein UN-Mandat nötig, damit es Nato-Friedenstruppen in der Ukraine geben könne, so der Ex-Nato-General. Über solche Mandate entscheidet der UN-Sicherheitsrat, in dem Russland eine Veto-Funktion hat. (lismah)

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