Syrer in Deutschland: Viele Bürgergeldempfänger – oder unverzichtbar für den Arbeitsmarkt?

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Rund eine Million Syrer lebt in Deutschland. Erste Politiker rufen nach Rückführung, andere verweisen auf tausende syrische Ärzte im Land. Alle Zahlen und regionalen Unterschiede:

Berlin – Mit dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien entbrannte schnell eine Debatte um die in Deutschland lebenden Syrerinnen und Syrer. Knapp eine Million Menschen mit syrischer Staatsangehörigkeit lebt in Deutschland. Ein genauerer Blick auf die Zahlen gibt interessante Erkenntnisse: Viele sind auf Grundsicherung angewiesen, doch der Anteil unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt außerdem, dass die Zahl der arbeitenden Syrerinnen und Syrer rasant ansteigt – gerade im Gesundheitsbereich sind sie wohl unverzichtbar für Deutschland.

Syrer in Deutschland: Weniger als 40 Prozent arbeiten

Die meisten Menschen aus Syrien sind seit 2015 nach Deutschland gekommen. Die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) und des Statistischen Bundesamts beziehen aber auch Syrer ein, die schon länger in Deutschland leben. Unter allen Syrerinnen und Syrern in Deutschland lag die Beschäftigungsquote im November 2024 laut BA bei 39,8 Prozent. Auffällig dabei: Männer arbeiten mit 51,9 deutlich häufiger als Frauen mit nur 18,9 Prozent. In Hamburg arbeiten mit über 46 Prozent anteilig die meisten Menschen. Bayern (42,8) und Hessen (40,2) liegen im vorderen Mittelfeld. Am niedrigsten ist die Quote mit 35 Prozent in Brandenburg.

Wie stark die Beschäftigungsquote wächst, zeigt der Zeitstrahl. Im November 2024 lag sie bei 39,8 Prozent, im November 2020 noch bei 33,8 Prozent. 2018 lag der Anteil bei 28,2 Prozent und im November 2015 bei lediglich 8,9 Prozent.

Die meisten Syrer in Deutschland beziehen Grundsicherung

Laut BA sind 222.620 Menschen aus Syrien in Deutschland sozialversicherungspflichtig (heißt: Minijobber nicht eingerechnet) beschäftigt. Zum Vergleich: rund 350.000 Menschen sind erwerbsfähige Leistungsberechtigte, also arbeitsfähig. Fast alle arbeitenden Syrerinnen und Syrer sind zwischen 25 und 55 Jahre alt. Beim Blick auf die Ausbildung ergibt sich ein gemischtes Bild. 44 Prozent arbeiten ohne Berufsabschluss, 19 Prozent verfügen über einen Berufsabschluss. 12 weitere Prozent sind Akademikerinnen und Akademiker. Bei einem Viertel der Menschen macht die Arbeitsagentur keine Angaben zum Abschluss.

Noch größer als bei der Arbeit sind die regionalen Unterschiede bei der Quote an SGB II-Empfängern, also den Menschen, die auf Grundsicherung wie etwa das Bürgergeld angewiesen sind. Von allen Syrerinnen und Syrern (dazu zählen auch Kinder) lag der Anteil im August 2024 bei 54,9 Prozent. Frauen sind etwas öfter darauf angewiesen als Männer.

Ganz vorne liegen hier die Stadtstaaten: In Bremen sind zwei Drittel der Syrerinnen und Syrer SGB II-Empfänger, in Hamburg 64,3 und in Berlin 63,1 Prozent. Mit 45,2 und 44,2 Prozent ist die Quote in Bayern und Thüringen am geringsten. Auch hier ist ein deutlicher Wandel im Laufe der Jahre zu erkennen. Im August 2022 lag die SGB II-Quote noch bei 72,9 Prozent, 2018 sogar bei 83 Prozent.

Tausende Syrer als Ärzte in Deutschland

Anlass zu kontroversen Debatten um die in Deutschland lebenden Syrerinnen und Syrer war unter anderem CDU-Politiker Jens Spahn, der kurze Zeit nach dem Sturz des syrischen Diktators Assad eine zeitnahe Heimkehr der Menschen vorschlug. Das sorgte nicht nur bei der politischen Linken für Empörung. Besonders im ohnehin kriselnden deutschen Gesundheitsbereich sind syrische Angestellte eine wichtige Säule. Mit über 5700 Ärztinnen und Ärzten bilden syrische Staatsangehörige laut Bundesärztekammer die größte Gruppe ausländischer Medizinerinnen und Mediziner. Diese zu verlieren, würde besonders an deutschen Krankenhäusern, die schon jetzt mit Personalmangel zu kämpfen haben, wohl nicht spurlos vorbeigehen.

Tausende Syrerinnen und Syrer feierten in Deutschland den Sturz des Assad-Regimes in ihrer Heimat.
Tausende Syrerinnen und Syrer feierten in Deutschland den Sturz des Assad-Regimes in ihrer Heimat. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Neben Zahlen zu Arbeit und Grundsicherung sind auch die der Einbürgerungen einen Blick wert. So gab das Statistische Bundesamt an, dass 2023 rund 75.000 Syrerinnen und Syrer eingebürgert wurden. 2022 waren es 48.000, 2021 19.000 und 2020 rund 7.000.

Auch interessant

Kommentare