Aufregung nach Ukraine-Besuch: Merz macht, was Scholz versäumt – „so geht Kanzler“

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Friedrich Merz und Olaf Scholz reisen beide nach Kiew. Ihre Besuche in der Ukraine laufen völlig unterschiedlich. Und auch danach greift Merz durch.

Kiew – Innerhalb weniger Tage verschlägt es gleich zwei deutsche Spitzenpolitiker in das vom Ukraine-Krieg zerrüttete Kiew. Die Vorzeichen deutscher Solidarität mit der Ukraine sind die gleichen. Ansonsten hätten die Besuche von Olaf Scholz und Friedrich Merz in der Hauptstadt des sich im Krieg gegen Wladimir Putins Russland befindenden Landes wohl kaum unterschiedlicher sein können.

Bereits als Scholz am Montag (4. Dezember) überraschend in Kiew aus dem Zug stieg, war die Empörung nicht gerade gering. Sogar ein russisches Medium spekulierte, Scholz habe Merz, dessen Besuch in Kiew schon länger geplant war, lediglich aus Wahlkampfgründen zuvor kommen wollen. Die Union witterte ebenfalls ein Wahlkampf-Manöver, nannte Scholz‘ Vorgehen „schäbig“ und behauptete, der Kanzler gebe „unser Land der Lächerlichkeit preis“.

Wut über Scholz nach Ukraine-Besuch – nur eine Woche später reist Merz nach Kiew

Es sollte nicht der einzige Aufreger-Grund bleiben. Viel mehr schlug Scholz eine Welle der Wut entgegen. Unter anderem auch, weil er in der Ukraine noch im Dezember eine Waffenlieferung im Wert von 650 Millionen Euro ankündigte. Was allerdings wie eine neue Lieferung klang, soll laut anderer Parteien lediglich eine erneute Aufwärmung der beim Besuch von Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj im Oktober in Deutschland versprochenen Hilfen sein. Ein Grünen-Abgeordneter witterte gar eine „Lüge“ von Scholz.

Friedrich Merz und Olaf Scholz reisten beide innerhalb weniger Tage in die Ukraine. © dpa | Michael Kappeler + dpa | Kay Nietfeld

Nun reiste also am Montag, eine Woche nach Scholz, Friedrich Merz gen Kiew. Und schon stand der Besuch unter ganz anderen Vorzeichen. Merz etwa forderte vor Ort erneut, man solle der Ukraine die Taurus-Raketen zur Verfügung stellen. Ein Entgegenkommen, das Präsident Selenskyj, der die Waffe seit Monaten fordert, gefallen dürfte. Scholz lehnte die Lieferung bisher konsequent ab.

Merz und Scholz in der Ukraine: In Kiew hofft man offenbar auf den CDU-Chef als neuen Kanzler

Allgemein erweckte der Besuch von Merz eher den Eindruck, als würde man in der Ukraine durchaus auf den CDU-Chef als neuen Kanzler hoffen. Selenskyj soll Merz etwa lange und offen von seinem Gipfeltreffen mit Emmanuel Macron und Bald-US-Präsident Donald Trump in Paris berichtet haben. Ein großer Gipfel, bei dem Scholz bekanntlich nicht eingeladen war. „Wir zählen auf stärkere, entschlossenere Taten Deutschlands, von Ihnen persönlich“, sagte Selenskyj bei seinem Treffen mit Merz. „Wir verlassen uns sehr darauf“, betonte er weiter.

Aber auch nach Merz‘ Ukraine-Besuch gibt es erneut Aufregung – und wieder geht es auch um Olaf Scholz. Denn direkt nach seiner Kiew-Reise begab sich Merz weiter nach Polen, traf dort noch den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Dort setzte Merz sich für eine Ukraine-Kontaktgruppe ein und verlange von Olaf Scholz, sich rasch für seinen Vorschlag einzusetzen. Auch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron wolle er darüber informieren.

Aufregung um Ukraine-Reisen: Danach macht Merz, was Scholz versäumte

Der Stopp in Polen ist ein wenig Usus bei Spitzenpolitikern, die Reisen in die Ukraine unternehmen. Schließlich finden die meisten Reisen ins Kriegsland via Zug aus Polen statt. Auf der Rückreise bietet sich ein politischer Austausch in Polen an. Auch US-Präsident Joe Biden ging bei seinem Besuch in Kiew so vor. Wichtig sind die Beziehungen allemal, ist Polen doch zu einem wichtigen Verteilerpunkt westlicher Länder, etwa auch was Waffenlieferungen in die Ukraine angeht geworden.

Und Scholz? Der glänzte vor allem durch Abwesenheit, legte auf seinem Rückweg aus der Ukraine vergangene Woche keinen Stopp im Nachbarland Polen ein. Merz hingegen schon. Und das probiert die CDU natürlich auch medienwirksam zu verbreiten. Generalsekretär Paul Ziemiak etwa betonte via X (vormals Twitter) zu einem Foto von Merz und Tusk: „Wer in die Ukraine reist, muss auch mit unserem engen Verbündeten Polen und Donald Tusk sprechen“. Er dankte Merz, „dass du so klar den gemeinsamen europäischen Weg gehst“ und schrieb provokant dazu: „So geht Kanzler“. Wohl eine Anspielung auf Scholz, der eben nicht in Polen stoppte.

Merz macht nach Ukraine-Besuch Halt in Polen – und landet Volltreffer im Wahlkampf

Natürlich ist das auch Wahlkampf, der allerdings Wirkung hinterlässt. Wohl auch bei den Partnern im Ausland. Denn Merz inszeniert sich weiter, erhöht den Druck auf Scholz, der seitdem mit Tusk seit Dezember 2023 wieder ein deutschland- und europafreundlicher Präsident in Polen im Amt ist, keine großen Anstalten zur Verbesserung der Beziehungen machte. Merz legt da nun direkt vor. Und nicht nur da.

Denn der Unions-Kanzlerkandidat drängte nach seinem Besuch in Polen Scholz nicht nur seinen Vorschlag zur Ukraine-Kontaktgruppe weiter auf. Auch kündigte Merz an, diesen eben auch in einem Gespräch mit Emmanuel Macron anzubringen. Und Macron hatte eben kürzlich Selenskyj und Trump an seinem Tisch versammelt. Scholz, der sich immer als größter europäischer Unterstützer der Ukraine rühmt, war allerdings beim Gipfel nicht dabei. Nun wird Merz beim französischen Präsidenten proaktiv. (han)

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