Neuwahlen in Frankreich: Pokerspieler Macron erinnert an Schröder

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Macron zeigt nach der Europawahl einen gefährlichen Wagemut, kommentiert „Münchner Merkur“-Redakteur Rimpel. © Hannah McKay/AFP/Klaus Haag/Montage:IPPEN.MEDIA

Frankreichs Präsident Macron hat schon das viel größere Spiel im Auge. Sein Blatt ist allerdings schwach. Ein Kommentar von Klaus Rimpel.

München – Emmanuel Macron geht auf volles Risiko. Dass er nun nach einer vernichtenden Niederlage Neuwahlen ausruft, erinnert fast an den Mut der Verzweiflung, mit dem Gerhard Schröder 2005 nach der SPD-Klatsche in NRW die Vertrauensfrage stellte. Macron sei erinnert: Schröder verlor die Bundestagswahl.

Wenn nicht ein politisches Wunder geschieht, droht nun auch Macrons Lager eine Niederlage gegen Marine Le Pens Rassemblement National (RN). Das bedeutet für den Präsidenten, dass er bis zum Ende seiner Amtszeit 2027 mit einer Partei in einer Cohabitation zusammenarbeiten müsste, die für alles steht, was er bekämpft: Europafeindlichkeit, Abschottung, Fremdenfeindlichkeit.

Macron pokert bei Neuwahlen-Schritt mit schwachem Blatt

Macrons Schritt zeigt einmal mehr, dass sein Politik-Stil das exakte Gegenmodell zum vorsichtigen Tasten eines Olaf Scholz ist. Der Franzose spielt wie ein Pokerspieler auf alles oder nichts. Sein Blatt ist dabei schwach: Macron spekuliert zum einen auf eine weit höhere Wahlbeteiligung als am Sonntag bei der Europawahl. Und darauf, dass die Franzosen nichts mehr hassen als Langweiler, sie also seinen überraschenden Schritt an der Wahlurne belohnen könnten.

Macron hat bei diesem Poker schon das nächste, viel größere Spiel im Auge: die Präsidentschaftswahl, bei der er selbst nicht mehr antreten darf. Mehr Macht für Le Pen in der Nationalversammlung heißt auch mehr Verantwortung – und mögliche Entzauberung der Rechten.

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