Freibad-Irrsinn in Deutschland: Einlass-Stopps, Prügeleien – Wetter-„Keule“ verspricht nächstes Chaos

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Bei Hitze kommen Deutschlands Freibäder an die Belastungsgrenze. Warum ausgerechnet gutes Wetter zu teils heftigen Problemen führt, ist wissenschaftlich belegt.

Hamburg – 80.000 Besucher und mindestens 80 Rettungseinsätze in nur 48 Stunden. Das ist die deutliche Bilanz des Bäderlands Hamburgs vom ersten Hitzewochenende im Juli (1. und 2. Juli). Der Grund: Bei strahlendem Wetter platzen die Schwimm- und Freibäder aus allen Nähten.

Einlass-Stopps und massenhaft Einsätze: Hamburger Schwimmbäder bei Hitze-Wochenende am Limit

„Wir haben an den beiden Tagen zusammen 80 bis 100 Einsätze gezählt, bei denen unsere Rettungsschwimmer ins Wasser springen und Badegäste aus dem Becken holen mussten. So viele Einsätze haben wir sonst in zwei bis drei Wochen zusammen“, sagt Bäderland-Sprecher Michael Dietel dem Hamburger Abendblatt.

Der Freibad-Ansturm am Hitzewochenende von Anfang Juli war demnach so enorm, dass einige Hallenbäder vorübergehend Einlass-Stopps verhängt hatten. 11.000 Menschen strömten laut Dietel allein ins Kaifu-Bad in Eimsbüttel im Hamburger Westen. Das Bäderland reagiert und öffnete zwei Freibäder außerplanmäßig. Über Social Media informierte das Bäderland und versuchte alles, den Andrang irgendwie zu verteilen. Auch die Münchner Freibäder reagierten mit Personal-Rochaden.

Freibad-Eskalationen bei Sommer-Wetter: „Gereizheit typisch“ – heftiger Vorfall in Baden-Württemberg

Und nicht nur die schiere Zahl der Schwimmbad-Gänger sorgt an Wochenenden mit sommerlichem Wetter für Probleme. „Die hohen Temperaturen führen bei vielen dazu, dass die Konzentration und das Bewusstsein für Gefahren sinken. Auch eine verlangsamte Reaktionsgeschwindigkeit und Gereiztheit sind typisch“, sagt Dietel dem Hamburger Abendblatt. Außerdem sei bei jungen Männern ein erhöhter Alkoholkonsum zu beobachten.

Wozu das führen kann, zeigt ein Vorfall aus dem Schwimmbad von Satteldorf in Baden-Württemberg: Erboste Freibad-Besucher stürmten den Kiosk und drangen in die Küche. Mitarbeiter mussten sich aus Angst einschließen. Bürgermeister Thomas Haas besorgte in der Folge Stacheldraht, der an den Zäunen angebracht wurde und für die Wochenenden soll das Freibad einen Sicherheitsdienst engagieren.

Hitze begünstigt Freibad-Prügeleien: „Hohe Temperaturen verstärken Aggression“ – Wetter-Effekt belegt

In Hamburg blieben derlei Situationen diesen Juli zwar bislang aus, aber dass die Lage bei Hitze öfter eskaliert, ist kein Zufall. Studien zeigen, dass bei starker Hitze die Hemmungen schmelzen und durchschnittlich mehr Verbrechen begangen werden. „Hohe Temperaturen verstärken Aggression, indem sie direkt Feindseligkeitsgefühle und indirekt aggressive Gedanken verstärken“, heißt es in einer Veröffentlichung des US-Psychologen Craig A. Anderson.

Sommer, Sonne, kühles Nass: Ein Freibad-Besuch am Wochenende könnte so schön sein, kämen da nicht oft die Hormone dazwischen.
Sommer, Sonne, kühles Nass: Ein Freibad-Besuch am Wochenende könnte so schön sein, kämen da nicht oft die Hormone dazwischen. © Christoph Reichwein/picture alliance/dpa

„Ja, in der Tat“, Hitze mache Menschen aggressiv, sagt Psychologie-Professor Hanns-Christian Gunga von der Berliner Charité bei Deutschlandfunk Nova. Temperaturen von über 30 Grad seien für den durchschnittlichen Mitteleuropäer zu hoch, ab dann gerät der Körper unter Stress und schüttet das Hormon Vasopressin aus. „Und man weiß, dass dieses Hormon deutlich die Aggression von Personen erhöht“, sagt Gunga. Diesen Zusammenhang belegte auch eine Studie des US-Psychologen Craig Ferris. Darin heißt es: „Es gibt überzeugende Belege bei mehreren Säugetierarten, einschließlich des Menschen, dass Vasopressin Aggression verstärkt.“

Nächstes Problem-Wochenende mit Hitze-Wetter kommt auf Deutschlands Freibäder zu

Hitze macht aggressiv. Eine bittere Wahrheit, dass ausgerechnet das beste Freibad-Wetter letztendlich problematisch zu sein scheint. Und Deutschlands Bademeister müssen sich schon wieder wappnen. Ab dem 18. Juli kommt erneut eine „regelrechte Hitzekeule“ auf Deutschland zu, berichtet Wetterexperte Dominik für IPPEN.MEDIA. Ein Hochdruckgebiet bringt Temperaturen von bis zu 34 Grad nach Bayern und Baden-Württemberg – und damit womöglich das nächste Irrsinns-Wochenende in die Freibäder. (moe)

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