Hersteller des schnellsten E-Bikes der Welt insolvent: Chef gibt emotionales Statement ab

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Dem Unternehmen eRockit fehlt kurzfristig eine halbe Million Euro, um weiterzumachen. Der Hersteller des schnellsten E-Bikes der Welt musste nun trotz Promi-Unterstützung Insolvenz anmelden.

Berlin – Das Unternehmen eRockit steckt in einer existenziellen Krise. In einem emotionalen Statement ruft der Geschäftsführer potenzielle Investoren auf, die kurzfristige Finanzierungslücke von einer halben Million Euro zu schließen, um den Betrieb fortsetzen zu können. „Das darf jetzt nicht zu Ende sein“.

Mit diesem Fahrrad kann man auf der Autobahn fahren: Insolvenz beim schnellsten E-Bike der Welt

Das E-Bike vom 2013 gegründeten Unternehmen eRockit mit Produktionsstandort in Brandenburg kann bis zu 100 km/h erreichen und ist damit das weltweit schnellste für den Straßenverkehr zugelassene E-Bike. Sein Hybrid-Antrieb vervielfacht die Muskelkraft des Fahrers. Es kann bei einer Akku-Kapazität von 7,5 kWh eine Strecke von bis zu 130 Kilometern zurücklegen und stößt dabei kein CO₂ aus. Im Straßenverkehr ist es als Leichtkraftrad zugelassen. Damit ist es wohl das einzige Fahrzeug, mit dem man legal pedalierend über eine Autobahn und Schnellstraße fahren darf. Laut Medienberichten liegt der Kaufpreis eines solchen E-Bikes bei rund 12.000 Euro.

Das Unternehmen fiel in der Vergangenheit auch durch seine prominente Unterstützung auf: Business-Angels sind etwa Ex-Fußballnationalspieler Max Kruse oder der YouTube-Star Aaron Troscke. In einer Presseaussendung zum Investment lobte Kruse das Unternehmen: „Das Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Fahrdynamik habe ich noch nie so eindrucksvoll gespürt wie beim eRockit“. Weitere rund 400 Teilhaber sind laut Website außerdem an eRockit über die Aktiengesellschaft beteiligt. Die eRockit AG hält 100 Prozent der Anteile an der eROCKIT Systems GmbH in Hennigsdorf bei Berlin, wird jedoch nicht an der Börse gehandelt.

Nun hat der Elektro-Bike-Hersteller eRockit Systems GmbH die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. „Die eRockit AG, die Muttergesellschaft der eRockit systems GmbH, ist von der Insolvenz nicht betroffen“, wird eRockit Geschäftsführer Andreas Zurwehme von BikeundBusiness zitiert. Er strebe ein Planverfahren an, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Die Gründe der Insolvenz sollen in der anhaltenden öffentliche Diskussion über die Elektromobilität in Deutschland liegen, die Anleger und potenziellen Investoren stark verunsichert hat.

„Der Fisch stinkt vom Kopf“: Geschäftsführer schreibt emotionales Statement nach Insolvenz von eRockit

In einem emotionalen Post auf der Karriereplattform LinkedIn meldet sich Zurwehme zu Wort. „No No No das darf jetzt nicht zu Ende sein“, schreibt der Geschäftsführer. Er selbst sei für die Schieflage verantwortlich: „Der Fisch stinkt vom Kopf, ICH habe es versaut, die schlechte Investmentlage zu lange unterschätzt, mein Versagen“. Und er zieht ein Resümee über die letzten sechs Jahre. „6 Jahre Blut und Schweiß – kein einziger Fehltag – 6-Tage-Woche normal – Urlaub nur an Weihnachten – 25.000 Euro Entnahme Jahresbrutto. Alles das nenne ich Unternehmer sein“, schreibt er. Und setzt wehmütig fort: „Aber mein Team, die vielen Partner, Lieferanten, Freunde und alle finanziellen Unterstützer verdienen den Fortbestand der Firma“.

Kurzfristig trennen das Unternehmen 500.000 Euro, um weiterzumachen, so Zurwehme, mittelfristig seien fünf Millionen Euro nötig, um eRockit zu einer Firma mit Weltmarktpotenzial zu machen. Seit 2018 seien bereits 4,5 Millionen Euro in die Entwicklung geflossen und hätten gezeigt, was möglich ist auf dem Markt – „ohne Banken, ohne VC, nicht einmal Kontokorrent“. Am Ende der Nachricht schreibt er: „Ob mit mir oder ohne mich, eRockit kann erfolgreich werden und hätte es verdient. Die Zeit ist knapp, jetzt wird Investment gebraucht“ – und hat damit noch Hoffnung, die Firma aus der Krise zu heben. Für die ehrlichen Worte erntet der Geschäftsführer viel Lob in den Kommentaren.

Insolvente Firma blickt auf eine durchwachsene Unternehmensgeschichte zurück

Es ist nicht die erste Insolvenz des E-Startups, denn schon im Jahr 2014 musste der damalige Gründer und Geschäftsführer Stefan Gulas Insolvenz anmelden, berichtete das Portal Gründerszene damals. Die Zukunft war wegen Streitigkeiten unter den Gesellschaften ungewiss. Doch dann übernahm Andreas Zurwehme den Großteil der Insolvenzmasse und startete mit dem Unternehmen neu durch.

„Ich hatte die Chance, alle Rechte an dem Konzept von eROCKIT zu kaufen, ich habe mit zwei Partnern gesprochen und die Firma gegründet“, meinte Zurwehme damals in einem Interview mit Startbase. „Was wir ansprechen, ist das Bedürfnis nach einem Fahrzeug, das Spaß macht und eine Bereicherung und kein Opfer ist und euch emissionsfrei ohne allzu große Stauverzögerung durch unsere überfüllte Verkehrsumgebung bringt“.

Die Insolvenz von eRockit reiht sich in eine immer länger werdende Liste von E-Mobilitäts-Start-ups, die in den vergangenen Jahren in die Insolvenz geschlittert sind. Erst vor kurzem musste der renommierte Fahrradproduzent Simplon Insolvenz anmelden – die Krise spiegelt den harten Konkurrenzkampf und hohen Preisdruck innerhalb der Fahrradbranche wider. Auch der nordrhein-westfälische E-Bike Hersteller Llobe ist in Schieflage geraten – davon sind auch Aldi und Lidl betroffen.

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