Aussöhnung mit Kurden: 69 Nobelpreisträger fordern Freilassung von Kurdenführer Abdullah Öcalan
Rund 70 Nobelpreisträger fordern die Freilassung von Abdullah Öcalan, der seit über drei Jahren in Isolationshaft ist. Besonders für eine Aussöhnung sei das wichtig.
Ankara – Die Türkei ist weiterhin von einer Aussöhnung mit den Kurden weit entfernt. Immer wieder werden kurdische Politiker und Bürgermeister inhaftiert und ihres Amtes enthoben. Zuletzt wurde der gewählte Bürgermeister von Hakkari, Mehmet Siddik Akis (Dem Parti), durch einen Zwangsverwalter ausgetauscht und anschließend festgenommen. Dutzenden weiteren, Bürgermeistern der pro-kurdischen Dem Parti droht dasselbe Schicksal. Gleichzeitig beschießt die türkische Luftwaffe immer wieder Stellungen in Nordostsyrien und im Norden des Irak. Ein Ende der Angriffe ist nicht in Sicht.
Zudem sitzt seit 1999 der Anführer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, auf der türkischen Insel Imrali hinter Gittern. Seit März 2021 ist der Chef der auch von der EU und den USA als Terrororganisation designierten PKK in Isolationshaft. Auch gibt es keinerlei Verhandlungen mehr mit Öcalan über eine Aussöhnung mit den Kurden.
Nobelpreisträger fordern von Türkei Friedensverhandlungen mit Öcalan
In einem gemeinsamen Brief an mehrere Organisationen des Europarates sowie an den UN-Menschenrechtskomitee und einem weiteren Brief an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan fordern deswegen 69 Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger die Beendigung der Isolation und die endgültige Freilassung des kurdischen Führers sowie die Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen zwischen Öcalan und der türkischen Regierung.
Konkret richtet die Wissenschaftler ihren Appell an das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen, das Ministerkomitee des Europarates, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT). Sie fordern diese Institutionen auf, ihre Aufgaben wahrzunehmen und die Abschaffung der Folter sowie den Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten.

Isolationshaft als Folter und Hindernis für Frieden in der Region
Kritiker sehen in der Isolation von Öcalan Folter. „Das Antifolterkommittee des Europarates definiert Isolation als Folter, ebenso die Vereinten Nationen. Seit seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung in die Türkei 1999 befindet sich Abdullah Öcalan in Isolationshaft. Diese wird zunehmend intensiviert. Seit über 3 Jahren besteht nun keinerlei Kontakt zu ihm. Diese Folter ist inakzeptabel, ebenso die Untätigkeit des CPT. In der von Kriegen und Krisen gezeichneten Region des Mittleren Ostens bedarf es dringend eines Dialogs zwischen dem türkischen Staat und der PKK zur Lösung der kurdischen Frage, dem gordischen Knoten der Region“, sagt Dersim Dagdeviren, Vorstandsmitglied der EU Turkey Civic Commission (EUTCC), im Gespräch mit Fr.de von IPPEN.MEDIA.
Öcalan sei schließlich eine Schlüsselfigur, die er zuvor bewiesen habe. „Mit seiner Haltung und Roadmap bei den Gesprächen 2013-2015 hat er wichtige Etappen für eine politische Lösung dargelegt. Die Isolation muss daher umgehend aufgehoben werden. Die Wiederaufnahme von Gesprächen und seine Freilassung sind unabdingbar. Es bedarf dafür internationalem Druck“, sagt Dagdeviren weiter.
Ankara benutzt Öcalan als Druckmittel gegen die PKK
Ähnlich sieht es der im deutschen Exil lebende kurdisch-alevitische Journalist und Schriftsteller Aziz Tunc und fordert die Freilassung von Öcalan. „Unabhängig von internationalem Recht ist eine solche Isolationshaft auch nach türkischem Recht nicht möglich. Seit über drei Jahren wurden die Rechte von Öcalan weggenommen. Die türkische Regierung versucht hier durch die Isolationshaft von Öcalan Zugeständnisse von der PKK zu erpressen“, so Tunc im Gespräch mit unserer Redaktion.
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Initiiert wurde der Brief von der US-amerikanischen Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams, die 1997 für ihren Einsatz gegen Landminen ausgezeichnet wurde. Im Gespräch ebenfalls mit unserer Redaktion erzählt uns Williams, warum Öcalans Freiheit sowohl für die Türkei als auch die Kurden so wichtig ist. „Die kurdische Frage kann nur gelöst werden, wenn Öcalan frei ist und er mit der türkischen Regierung verhandeln kann. So bleibt die kurdische Frage ungelöst und das tut weder der Türkei gut, noch den Kurden. Eine Aussöhnung ist sehr wichtig.“ (erpe)