Die Magie von San Siro: Ein grauer Betonklotz, den jeder Fußballfan verehrt

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imago/Sven Simon Lothar Matthäus betritt für Inter den Rasen des San Siro
Donnerstag, 20.03.2025, 15:58

Deutschland gegen Italien, ein Fußball-Klassiker. Und dann auch noch im Mailänder San Siro. Mehr Nostalgie geht nicht, dieser Magie kann sich kein Fan entziehen.

Fragen Sie jeden Fußball-Fan, welches Stadion auf der Welt er einmal besuchen möchte, der Name „San Siro“ fällt ziemlich schnell. Die Anziehungskraft des Mailänder Tempels ist unvergleichlich.

Wer die Stufen aus der Metro-Station im Ortsteil San Siro erklimmt, der wird gleich von diesem italienischen Koloss angezogen. Scheinbar mitten im Nichts erstreckt sich das Stadio Giuseppe Meazza, wie es heute offiziell heißt. Die Heimat von Inter und AC Milan, der Sehnsuchtsort aller Fans. La Scala del calcio (zu deutsch: Das Opernhaus des Fußballs).

Die ikonischen runden, säulenartigen Treppengänge am Äußeren, die eher an römische Türme erinnern; die roten Stahlträger auf dem Dach, diese Massivität. Wirklich schön ist der fast hundert Jahre alte graue Koloss eigentlich nicht. Ein krasser Kontrast zum Duomi di Milano oder dem Castello Sforzesco oder die vielen Basiliken, die das Mailänder Stadtbild prägen.

San Siro: Nostalgie-Ort für deutschen Fußball

Und dennoch ist das San Siro Kultstätte und Touristenmagnet – und für deutsche Fans ein Ort voller Nostalgie. Hier legte die deutsche Nationalmannschaft mit den Vorrundenspielen den Grundstein für den WM-Sieg 1990. „Das waren natürlich wunderbare Spiele“, erinnerte sich DFB-Sportdirektor Rudi Völler als einer der damaligen Hauptdarsteller. Der FC Bayern München gewann auf jenem Rasen 2001 das Champions-League-Finale gegen den FC Valencia, Schalke 1997 den Uefa-Cup.

Jürgen Klinsmann jubelt 1990 im San Siro
Jürgen Klinsmann jubelt 1990 im San Siro
Mannschaftsaufstellung vor dem Champions League-Finale zwischen Bayern und Valencia; die Fans sind sich sicher: Heute is
imago images/Contrast Der FC Bayern gewinnt 2001 das Champions-League-Finale gegen Valencia in Mailand
 

Große Momente wurden hier geschaffen, große Schlachten wurden hier geschlagen. Besonders viele Legenden ranken sich um das Mailänder Derby. I Rossoneri contro I Nerazzurri, die Rot-Schwarzen gegen die Schwarz-Blauen. 2003 kam es in der Königsklasse zum direkten Duell. Nach einem 1:1 im Hinspiel gab es ein 0:0 im Rückspiel. Milan war aufgrund der Auswärtstorregel weiter. Diese Ironie. 

Nagelsmann warnt vor Nostalgie-Falle

Nun freut sich die deutsche Nationalelf auf das prestigeträchtige Duell mit dem Erzrivalen Italien – und das auf dem heiligen Rasen von Giuseppe Meazza. „Im San Siro spielen zu dürfen, ist für mich unglaublich. Ich freue mich sehr auf das Spiel“, sagte ein glücklicher Antonio Rüdiger, der schon so einige große Arenen auf der Welt bespielen durfte, vor der Partie am Donnerstag.  

Julian Nagelsmann warnte zwar vor einer Nostalgie-Falle, konnte sich der Magie des Stadions und des Duells mit der Squadra Azzurra aber auch nicht ganz entziehen. Der Bundestrainer hoffe, „dass wir eigene Geschichten schreiben und weniger davon zehren, dass es in der Vergangenheit schon große Duelle gab.“

Giuseppe Meazza stadium (also known as San Siro) is seen prior to the Serie A football match between FC Internazionale a
imago images/Nicolo Campo Das Stadio Giuseppe Meazza, oder auch San Siro genannt, in Mailand
 

Große Duelle mit Italien gab es auch fern des San Siros. Das sogenannte „Jahrhundertspiel“ im WM-Halbfinale 1970 (3:4 n.V.), die WM-Finalniederlage 1982 (1:3), das verhinderte Happy End des Sommermärchens im WM-Halbfinale 2006 (0:2) im aktuellen Rückspiel-Ort Dortmund. Vielleicht lassen auch diese schmerzhaften Niederlagen unsere italienische Sehnsucht ins Unendliche steigen. 

San Siro im schlechten Zustand - bekommt Mailand ein neues Stadion?

Und vielleicht wird es das letzte Duell der beiden vierfachen Weltmeister in diesem altehrwürdigen Fußballtempel.

Das Stadion ist in einem schlechten Zustand. Besonders im Inneren sieht man dem Koloss sein Alter an, es scheint aus einer anderen Zeit gefallen. Beinfreiheit ist abseits der Logen-Plätze ein Fremdwort, man sitzt vielmehr nahezu Huckepack bei seinem Vordersitzer.

Aufgrund des schlechten Zustandes entzog die Uefa Mailand sogar das Champions-League-Finale 2027. Zuletzt mussten aus Sicherheitsgründen Teile einer Tribüne gesperrt werden. 

Inter und AC planten bereits einen Neubau, doch 2023 kam die Denkmalschutz-Behörde der Region Lombardei dazwischen und ernannte das Stadion zum architektonischen Kulturerbe. Es muss stehen bleiben.

Nun wollen die Vereine ein neues Stadion auf dem Parkplatz des alten errichten. San Siro würde laut einem Bericht von „Corriere della Sera“ als Museum oder Gedenkstätte in Teilen erhalten bleiben. Parkflächen sollen unterirdisch angelegt werden, oberirdisch entstehen Grünflächen. Das Grau verschwindet. 

Noch ist es da und es zieht einen in den Bann. Dieser grauer Betonklotz, ein magischer Ort.

dom