Nach Unterwasserattacken in der Ostsee: Marinebündnis soll Pipelines schützen

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Der Angriff auf die Nord-Stream-Erdgaspiplines hat 2022 eine neue Gefahrenlage aufgezeigt. Nach weiteren Attacken wollen sich europäische Länder nun schützen.

Hanko – Die Angriffe auf die Nord-Stream-Pipelines im September 2022 haben gezeigt, dass es sich auch bei Unterwasserleitungen um sensible und verwundbare Infrastruktur handelt. Mit gezielten Attacken können sie mindestens beschädigt, wenn nicht dauerhaft unbrauchbar gemacht werden. Deswegen gilt dem Schutz vergleichbarer Versorgungssysteme nun eine erhöhte Priorität. Wie Politico online berichtet, sollen sich britische und finnische Truppen verstärkt um die Sicherung kümmern.

Newnew Polar Bear hilft nicht bei Aufklärung der Attacke

Die erhöhte Alarmbereitschaft ist erforderlich, nachdem im vergangenen Oktober eine Erdgaspipeline beschädigt wurde. Ein unter der Flagge Hongkongs fahrendes Containerschiff hatte die zwischen Estland und Finnland verlaufende Leitung Balticconnector auf dem Weg nach Russland mit seinem Schleppanker aufgerissen. Ob es sich dabei um einen gezielten Angriff handelt, den das Schiff Newnew Polar Bear ausgeführt hat, ist bis heute unklar.

Das Containerschiff Newnew Polar Bear hat die Pipeline Balticconnector mit seinem Anker beschädigt.
Das Containerschiff Newnew Polar Bear hat die Pipeline Balticconnector mit seinem Anker beschädigt. © IMAGO/Heikki Saukkomaa

Behörden aus Finnland und Estland haben den Vorfall untersucht. Im Zuge ihrer Ermittlungen haben sie versucht, Kontakt zur Besatzung aufzunehmen. Doch das schlug fehl. Der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur erklärte Politico im November: „Im Grunde genommen hat der Kapitän den Hörer nicht abgenommen.“

Zehn Länder bilden Allianz gegen Unterwasserattacken

Bei ihren Untersuchungen konnten die Behörden keine Anzeichen dafür feststellen, dass das Schiff im Auftrag der russischen oder chinesischen Regierung gezielt tätig war. Das war bei den Bombenangriffen auf die Erdgaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 anders: Hier steht zwar auch noch die fest, wer die Täter waren. Doch klar ist, dass die Attacken kein Versehen waren, sondern eine bewusste Sabotage.

Zehn Länder der Joint Expeditionary Force wollen nun mehrere Schiffe in der Ostsee stationieren, mit deren Hilfe die kritische Unterwasserinfrastruktur geschützt werden soll. Zu der Allianz gehören neben Großbritannien auch die skandinavischen Länder Dänemark, Norwegen, Finnland, Island und Schweden sowie Estland, Lettland, Litauen und die Niederlande.

Nato gründet Einheit zum Schutz vor Unterwasserangriffen

„Wir müssen dies als Test verstehen. Denn es hat gezeigt, wie es technisch möglich ist, ein kritisches und ziemlich schweres Stück Unterwasserinfrastruktur abzureißen“, sagt Jukka Savolainen. Er ist Spezialist am Europäischen Kompetenzzentrum für die Bekämpfung Hybrider Bedrohungen in Helsinki. „Irgendwann in einer Krise könnte ein Gegner versuchen, diese Infrastruktur auf vielfältige Weise zu beschädigen und dazu könnten folgende Techniken gehören: ein Handelsschiff und sein Anker.“

Die Nato hat im vergangenen Jahr eine eigene Zelle zum Schutz von Unterwasserinfrastruktur eingerichtet. Generalleutnant a.D. Hans-Werner Wiermann leitet die Einheit. Auf der Website des Bundesverteidigungsministeriums beschreibt er die Rolle wie folgt: „Wir führen die Gesprächsfäden zusammen. Dazu reden wir vorwiegend mit Regierungen und Militärs aus Nato-Staaten und mit Vertretern der Industrie. Unsere Botschaft lautet: Die Nato kann dabei helfen, diese Unterwasserinfrastrukturen effektiv zu schützen.“

Netzwerk soll gegen hybride Kriegsformen helfen

Die Vernetzung soll unter anderem ermöglichen, dass Daten zu bevorstehenden Angriffen, die ein Akteur gesammelt hat, auch anderen Verbündeten zugänglich gemacht werden sollen, um Gefahren frühzeitig zu erkennen.

Dabei geht es insbesondere um sogenannte hybride Kriegsformen. Sie sind keine formalen Kriegsangriffe, sondern Maßnahmen, die gezielt der Sabotage oder Desinformation dienen.

Das Containerschiff Newnew Polar Bear wurde im vergangenen Oktober nicht als Gefahr ausgemacht, da die Geschwindigkeit und das Verhalten nicht außergewöhnlich erschienen. Der Einsatz moderner Technologie könnte dazu beitragen, in solchen Fällen die Täter früher ausfindig zu machen und die Informationen zur Gefahrenlage innerhalb des Netzwerks bereitzustellen.

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