Aufschieberei ist oft ein Dopamin-Problem – was Sie dagegen tun können

Unangenehme Aufgaben schieben viele Menschen gern auf. Doch egal, in welche Ecke das unliebsame Unterfangen gedanklich gedrängt wird – unterschwellig ist es immer präsent, triezt einen und raubt Energie. 

"Chronische Prokrastination", schrieb die Harvard-Psychologin Lorwen C. Nagle kürzlich auf der Plattform X, ist das "gefährlichste, auf seltsame Weise glorifizierteste und dennoch am meisten übersehene Problem auf der Welt".

Ohne Dopamin fühlen wir uns nicht motiviert

Dabei handle es sich nicht um Faulheit oder Schwäche, sondern schlicht um ein Dopamin-Problem. Das ständige Aufschieben von Aufgaben, das häufig mit Stress und Vermeidungszyklen einhergeht, sorgt dafür, dass die Dopamin-Level täglich erschöpft werden.

Und ohne genügend Dopamin könne man sich schlicht nicht motiviert fühlen, egal, wie sehr man es wolle, schreibt Nagle und verweist auf US-Neurowissenschaftler Andrew Huberman. 

Er vergleicht Dopamin mit Wasser in einem Wellenbad: Ohne Wasser können keine Wellen entstehen, ähnlich wie eine niedrige Dopamin-Menge keine Motivations-Hochs produzieren kann.

Doch niedrige Dopamin-Level seien keine Einbahnstraßen. Bestimmte Übungen und biologische Interventionen können die Dopamin-Produktion wieder ankurbeln, indem sie das neuronale Belohnungssystem von Neuem auffüllen.

Wie das geht, das erklärt Huberman in seinem 7-Schritte-Protokoll.

1. Sonnenstrahlen einfangen

Die richtige Menge an Sonneneinstrahlung, insbesondere morgens zwischen sieben und neun Uhr, kann dabei helfen, den zirkadianen Rhythmus zurückzusetzen. Das Sonnenlicht verbessert die Stimmung und steigert die Energie, außerdem stimuliert ein 5- bis 20-minütiger Spaziergang zwischen in natürlichem Licht die Ausschüttung von Serotonin und reguliert die Melatonin-Produktion – selbst an bewölkten Tagen.

Nebenbei fördert ein kleiner Rundgang auch die Schlafqualität und formt den Körper. 

Ein Extra-Tipp von Huberman: Beim Spaziergehen keine Sonnenbrille tragen, um natürliche Sonneneinstrahlung zu ermöglichen.

2. Schlaf optimieren

Schlaf ist unverhandelbar für das Stress-Management und das allgemeine Wohlbefinden. "Jede Nacht genug zu schlafen, füllt Ihre Dopamin-Reserven wieder auf", betont Huberman. Schlafen wir häufig schlecht, leiden in der Folge das hormonelle Gleichgewicht sowie die kognitive Funktion darunter, auch der Stress nimmt zu. 

Um die Schlafqualität zu verbessern, empfiehlt der Neurowissenschaftler:

  • Die Lichteinstrahlung am Abend zu minimieren, um die Melatonin-Produktion aufrechtzuerhalten
  • In einem dunklen, kühlen (ca. 20 Grad Celsius) Zimmer zu schlafen
  • Sich an feste Schlaf- und Wachzeiten zu halten

Optimierter Schlaf kann schließlich die Erholung, Konzentration und emotionale Belastbarkeit verbessern.

3. Kalt duschen

Eine kalte Dusche oder auch das Eisbaden früh am Morgen können Dopamin freisetzen und die Catecholamin- sowie Cortisol-Level erhöhen, sagt Hubermann. Das ist insbesondere morgens von Vorteil, um mit Schwung in den Tag zu starten. Er rät allerdings davon ab, nach dem Kraft- oder Hypertrophie-Training ins kalte Nass zu springen. Außerdem gilt es beim Eisbaden einige Dinge zu beachten, um die eigene Gesundheit nicht zu gefährden.

4. Mit der Atmung und dem "psychologischen Seufzer" arbeiten 

Stress stört oft die Atmung und erhöht den CO2-Gehalt im Blut, was das Gefühl von Unruhe verstärken kann. "Der psychologische Seufzer – zweimal einatmen, dann einmal lange ausatmen – bringt das Nervensystem schnell wieder ins Gleichgewicht und reduziert Stress", sagt Huberman. So funktioniert der Seufzer:

  1. Atmen Sie tief ein.
  2. Atmen Sie noch einmal kurz ein, ohne auszuatmen.
  3. Atmen Sie langsam vollständig aus.

Der Neurowissenschaftler rät, den Seufzer bis zu dreimal zu wiederholen, um "vollständige Entspannung" zu fühlen.

5. Regelmäßig bewegen

Mindestens fünf Tage die Woche, wenn nicht sogar jeden Tag – regelmäßiges Training ist nach Hubermans Angaben essentiell. "Wie wir wissen, erhöht das die Basismenge an Dopamin und erhält dieses erhöhte Level“, sagt er. "Es geht nicht nur um die Euphorie, die Sie während oder nach dem Training verspüren, sondern auch um die Basismenge an Dopamin, die durch regelmäßige Bewegung erreicht wird."

Er empfiehlt einen Mix aus Kardio- und Widerstandstraining, um Stress zu lindern und die geistige Klarheit zu fördern. Dabei muss es gar kein schweißtreibendes Jogging sein. Zügiges Spazierengehen, Fahrradfahren in einem moderaten Tempo und leichtes Laufen sind bereits völlig ausreichend – Hauptsache, 60 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz werden beim Training erreicht. 

Das entspricht einem Training in Kardio-Zone 2 – laut Huberman ein wichtiger Grundpfeiler für die körperliche und geistige Gesundheit.

6. Saunieren

Die Wärmeeinwirkung bei Sauna-Sitzungen kann die Produktion von Dopamin sowie Endorphinen erhöhen und somit die Stress-Resilienz, die kardiovaskuläre Gesundheit, die Schmerztoleranz fördern und die Stimmung aufhellen. 

Regelmäßige Saunagänge können darüber hinaus die mentale Klarheit und die körperliche Erholung signifikant verbessern, betont Huberman. Er empfiehlt ein bis drei Saunagänge bei 70 bis 90 Grad in der Woche, die jeweils zehn bis 20 Minuten dauern.

7. Tief erholen

Huberman nennt diesen Punkt "Non-Sleep Deep Rest" (NSDR) – also tiefe Erholung, die kein Schlaf ist. Diese Methode kombiniert Meditation und leichten Mittagsschlaf, um das Nervensystem zu beruhigen, den Fokus zu schärfen und Stress zu reduzieren. Wie der Neurowissenschaftler erklärt, ist dies eine sehr effektive Maßnahme für Menschen, die viel zu tun haben und schnell Erholung brauchen. 

So funktioniert "Non-Sleep Deep Rest":

  1. Legen Sie sich in einen dunklen, ruhigen Raum.
  2. Wenden Sie angeleitete Atemtechniken oder Meditationen an.
  3. Beziehen Sie beruhigende Elemente wie Decken mit Gewicht oder ätherische Öle mit ein.

Diese Erholungsprozedur sollte zwischen zehn und 20 Minuten dauern. 

Wie Harvard-Psychologin Nagle ergänzt, ist diese Technik eine "Auffüll-Station für den Dopamin-Speicher". Zehn Minuten NSDR können die Dopamin-Spiegel um bis zu 65 Prozent erhöhen.