Früher gängig, heute selten: Oberbayerin (66) hat einen ganz besonderen Beruf

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Die Kürschnerin in ihrem Stand: Helga Vogel präsentiert Fuchsmützen. Die werden zwar heutzutage kaum mehr getragen, dienen aber sehr gut als „Eyecatcher“, wie Vogel sagt. © Hans-Helmut Herold

Regelmäßige Besucher des Historischen Markts kennen sie: Kürschnerin Helga Vogel. Seit Jahrzehnten ist die 66-Jährige die Fachfrau für Pelzwaren im Schongauer Land. Doch ihr Handwerk gerät immer mehr in Vergessenheit.

Schongau – „Was ist eine Kürschnerin?“ Diese Frage stellte sich die junge Helga Vogel, als sie diesen Beruf nach dem Schulabschluss vom Arbeitsamt vorgeschlagen bekam. Ihre Mutter wusste es: Eine Kürschnerin ist eine Handwerkerin, die Pelzwaren herstellt.

Ein Büro-Job wäre nix für mich.

Vogel hatte ursprünglich geplant, eine Büroausbildung zu machen – doch daraus wurde nichts, es gab nur Absagen. Also entschied sich die junge Frau für die Kürschner-Ausbildung beim „Meerstein“ in Peiting. Und hat es keinen Tag bereut. „Heute bin ich dankbar für die Absagen. Denn ein Büro-Job wäre nix für mich.“

Helga Vogel ist die „letzte Kürschnerin“ in der Region

Nach der Meisterschule wagte Helga Vogel im Oktober 1984 den Schritt in die Selbständigkeit. An der Dießener Straße in Schongau hat die 66-Jährige ihre Werkstatt.

In mehr als 40 Jahren hat sich viel verändert – gerade in Vogels Berufsfeld. Während der Kürschner früher ein gängiger Beruf war, ist er heute eine Seltenheit. In der Region wird Vogel gerne als „letzte Kürschnerin“ bezeichnet. „Die anderen, die ich kenne, sind mittlerweile alle in Rente.“ Nachwuchs gibt’s kaum.

Das liegt sicherlich auch daran, dass die Nachfrage nach Pelzwaren deutlich zurückgegangen ist. Während in den 80er Jahren beinahe jede modebewusste Dame Echtpelz-Kleidungsstücke in ihrem Schrank hatte, ist das heutzutage eher die Ausnahme. Kleidung von der Stange ist mittlerweile die Norm – „und billig muss es sein“, bedauert Vogel. Die handgefertigten Stücke von der Kürschnerin aus Fuchs-, Nerz- oder Persianerfell erfüllen diese Kriterien freilich nicht. Unter 1000 Euro gibt‘s keinen Pelzmantel á la Vogel.

Stimmen der Pelz-Kritiker wurden über die Jahre lauter

Doch nicht nur die Mode ist heutzutage anders – auch die Mentalität. Die Stimmen der Pelz-Kritiker wurden über die Jahre lauter. Was auch viele, die dem Pelz grundsätzlich nicht abgeneigt wären, abschreckt. „Die Leute wollen nicht angesprochen werden“, so die Kürschnerin. Und entscheiden sich deshalb für Kleidungsstücke, mit denen man nicht auffällt oder aneckt. Dazu gehört der Pelz definitiv nicht.

Am gefragtesten sind deshalb mittlerweile nicht mehr Jacken, Mützen, Capes oder Mäntel aus Pelz, sondern Sachen für daheim: Decken und Kissen. Meist näht Helga Vogel dafür alte Kleidungsstücke um. Anders als früher arbeitet die 66-Jährige heutzutage nur noch auf Bestellung.

Seit 15 Jahren ein Teil des Historischen Markts

Seit mittlerweile 15 Jahren ist Vogel mit ihrem Kürschner-Stand ein fester Bestandteil des Historischen Marktes in Schongau. Bei den Mittelalter-Fans kommen Vogels Stücke häufig gut an – klar, so ein Fuchsschwanz macht die altertümlichen Outfits gleich noch spezieller. Um große Gewinne geht es Vogel mit ihrem Standl nicht: „Wenn ich am Ende bei Null rauskomme, hab‘ ich schon gewonnen.“

Ans Aufhören denkt Helga Vogel übrigens noch lange nicht. Dafür macht der Kürschnerin ihr Handwerk einfach viel zu viel Freude.

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